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Et und das Glück der Anderen

Thema: Et und das Glück der Anderen

Ich hatte Ende März, 1 Tag vor dem 2. Geburtstag meiner Tochter, eine Fehlgeburt aufgrund aufsteigender Bakterien. Es war die Hölle. Bis heute kann ich mit meinen Schuldgefühlen nicht umgehen. Die 100 Gespräche mit verschiedenen Ärzten konnten sie zwar abmildern, aber sie kommen immer wieder hoch. Am Samstag wäre der eigentliche ET gewesen und am Freitag hatte ich eine richtige Heulattacke. Ich könnte jetzt meinen Sohn im Arm halten. Und meine Tochter wäre so eine gute große Schwester. Jetzt hab ich schon länger gewusst, dass meine Nachbarin schwanger ist. Da ich keinen Kontakt zu ihr habe, sondern sie nur grüße, wenn wir uns sehen, dachte ich mir nur vom Bauch her, dass sie ihr Kind um meinen ET erwarten würde. Das Schicksal wollte es natürlich so, dass ihr Junge 2 Tage nach meinem ET kommt. Jetzt muss ich jedes Mal, wenn ich raus gehe einen Storch vor ihrer Türe sehen, wo ich gerade auch einen haben sollte. Wahrscheinlich heisst ihr Kind dann auch noch genau so wie unseres. Ich frage mich echt, was ich verbrochen habe, dass ich soviel Pech habe. Klar habe ich eine super liebe Tochter, aber für sie musste ich auch ewig kämpfen u hätte sie dann auch fast verloren. Mein Freund sagt nur ich soll ihr doch das Glück gönnen. Ich gönne es ihr ja, aber hätte sie nicht ein paar Monate vorher oder nachher dran sein können, dass ich durch ihren Storch nicht immer an meinen Verlust erinnert werden muss? Wie seid ihr mit so einer Situation umgegangen? Ich hoffe ihr versteht, was ich meine.

von Julieju am 10.10.2022, 22:19



Antwort auf Beitrag von Julieju

Ja, es ist total gemein und unfair. Deine Gefühle sind verständlich. Sie tun dir aber nicht gut, vor allem nicht auf Dauer. Was mir geholfen hat: Gespräche mit einer Psychotherapeutin und eine neue, zum Glück erfolgreiche Schwangerschaft. Das Thema hat mich noch lange begleitet, ich war froh, als das Thema Familienplanung abgeschlossen war und ich wusste, dass ich diese Angst nie mehr haben muss. Fühl dich gedrückt! Alles, alles Gute für die Zukunft!

von ml1820 am 11.10.2022, 06:40



Antwort auf Beitrag von Julieju

Es tut mir schrecklich leid, dass du dein Kind verloren hast. Ich verstehe auch deine Gedanken, aber oftmals hilft es, wenn man es schafft, den Blickwinkel zu ändern. Ob andere Leute Kinder haben oder nicht und auch zu welchem Zeitpunkt, beeinflusst deine Geschichte nicht. Dein Kind musste gehen, egal ob andere Menschen Kinder haben oder nicht, Glück oder Pech haben. Ich habe zwei Sternenkinder und zwei lebende Kinder. Und bei meinem ersten Sohn, den ich in der 18. SSW still zur Welt gebracht habe, war auch meine Nachbarin zeitgleich schwanger. Natürlich hat man diese Gedanken, die einen traurig machen und fragt sich, warum darf mein Kind nicht bei mir sein, aber man muss da lernen drüber zu stehen, denn sonst macht einen das ständig fertig. Ich habe dennoch mit ihr gesprochen, habe ihr Kind gehalten und gleichzeitig um meines geweint und es hat mir auch gut getan, auch wenn es schwer war. Aber es ist leichter das alles zuzulassen, als ständig alles vor einem auszusperren und man kann sich schließlich nicht vor allem isolieren und verstecken. Ich hatte das Glück, dass meine Nachbarin auch damit umgehen konnte und sie mich verstanden hat, dass wir darüber gesprochen haben und wir beide wussten, mit der Situation umzugehen. Zudem wird es immer Menschen geben, die ein schlimmeres Schicksal haben, als man selbst. Vergleiche bringen da nichts. Du hast schon eine Tochter. Es gibt Menschen, die vielleicht noch kinderlos sind und schon mehrere Fehlgeburten hinter sich haben. Aber jeder muss mit seinem Schicksal lernen zu leben und Vergleiche, wer es besser oder schlechter hat, helfen einem da nicht dabei. Es hilft auch nicht, wenn man selbst denkt, dass man unglaubliches Pech hatte, sondern es hilft, wenn man lernt, einen Weg zu finden, damit umzugehen und dennoch gut in die Zukunft zu schauen. Natürlich darf man schlechte Momente haben und man soll seine Gefühle ja auch zulassen und annehmen, aber man darf in keine Negativspirale rutschen. Ich hatte keine einzige komplikationslose Schwangerschaft und in meiner letzten Zwillingsschwangerschaft kamen meine Kinder 3,5 Monate zu früh zur Welt und einer der beiden musste nach 6 Wochen Kampf um sein Leben wieder gehen. Der andere hat noch lange weitergekämpft, war 16 Wochen auf der Neo-Intensivstation, hatte viele Rückschläge, aber er ist bei mir geblieben und hat es geschafft. Manchmal bin ich auch wehmütig darüber, wenn ich andere Mamas sehe, die Bilderbuchschwangerschaften haben und habe das Gefühl, dass mir doch so vieles geraubt wurde, was eigentlich "normal" ist, wenn man schwanger ist. Aber es ist nun mal mein Schicksal und meine Geschichte und es hilft mir nicht, wenn ich mich fertig mache deshalb. Ich habe gemerkt, dass es mir viel besser geht, wenn ich die positiven Dinge sehe, das, was ich habe. Ich habe zwei Kinder, die bei mir sind und für die ich unglaublich dankbar bin. Und auch wenn meine zwei Sternenkinder fehlen und ich immer an sie denke, sie ein Teil unserer Familie sind, so kann ich trotzdem annehmen, dass es nun mal so ist, wie es ist. Es kommen Momente, in denen ich traurig bin und bei meinem ersten Sohn hatte ich auch sehr lange mit der Warum-Frage zu kämpfen, aber es gibt leider keine Antwort darauf und es hilft mir nicht, wenn ich anderen Menschen ihr Glück nicht gönne. Denn keiner kann was dafür, dass mir das passiert ist. Und jeder hat sein Päckchen zu tragen, von dem man oft auch nicht weiß. Irgendwann bekommst du vielleicht ein Folgekind und für eine außenstehende Mama, die ihr Kind gerade verloren hat, sieht es so aus, als ob bei dir alles paletti ist, weil sie nicht weiß, dass du ein Baby gehen lassen musstet und genau so schwere Zeiten hinter dir hast. Versuch dich auf dich zu konzentrieren! Mach etwas, das dir hilft! Akzeptiere deine Gefühle, aber versuch dich auf das Gute, das es dennoch gibt, zu konzentrieren! Vielleicht hilft dir auch eine Therapie bei einer Pschologin, um alles aufzuarbeiten, was passiert ist. Mir hat es geholfen, wenn ich mit meiner Familie oder meinen Freundinnen reden konnte, wenn mir danach war, oder wenn sie mit mir zusammen geschwiegen haben. Ich habe auch viele Briefe an meine Kinder geschrieben, habe ein Erinnerungsalbum für sie gestaltet, wir haben Fotos und eine Erinnerungsecke in unserem Haus stehen, sie sind ein Teil unserer Familie. Ich habe Luftballons mit meinen Briefen in den Himmel geschickt und irgendwann konnte ich sagen, dass es für mich in Ordnung war, meine Kinder loszulassen. Ich habe mir vorgestellt, dass meine Kinder nicht wollen, dass ich sie zwanghaft festhalte und nicht loslassen kann, dass sie sich für mich wünschen, dass es mir gut geht und ich nicht täglich traurig bin oder verbittert werde. Und so konnte ich sie irgendwann auch vom Gefühl her gehen lassen und trotzdem in meinem Herzen behalten und an sie denken. Und das hat mir unglaublich geholfen. Denn so sehr ich sie liebe und vermisse, weiß ich, ich habe sie für immer in meinem Herzen und es darf ihnen gut gehen, dort, wo sie jetzt sind, auch wenn ich nicht bei ihnen bin. Ich wünsche dir alles erdenklich Gute und viel Kraft für die Zukunft!

von sunnydani am 15.10.2022, 13:02



Antwort auf Beitrag von sunnydani

Sunnydani: Du bist eine bewundernswerte Frau und Mutter!

von 3wildehühner am 25.10.2022, 00:22



Antwort auf Beitrag von 3wildehühner

Vielen lieben Dank für deine Worte! Alles Liebe!

von sunnydani am 25.10.2022, 15:02



Antwort auf Beitrag von Julieju

Guten Morgen, wie SunnyDani schon gesagt hat, die Freude der anderen sollte deinen Kummer weder schmälern noch befeuern. Ich hatte eine Fehlgeburt ( nach über einen Jahr Kinderwunsch ) und danach einen Bub. Danach wieder eine Fehlgeburt und 2 weitere erfolgreiche Schwangerschaften. Die Angst wird man nie wieder richtig los, sie beginnt mit dem positiven Test und begleitet Dich das Leben lang. Ich habe mich damit arrangiert und mein Schicksal komplett abgetrennt von anderen Schwangerschaften/Geburten etc. gesehen. Im Durchschnitt gehen 1/3 bis 1/4 aller Schwangerschaften in den ersten 3 Monaten zugrunde, Du hattest halt Pech, deine Nachbarin Glück. Nächste SS werden die Würfel neu geworfen. Dein Körper kann gebären, halte Dich daran fest, dann klappt es bestimmt auch wieder, Kopf hoch. Klar, andere würden sagen *sei froh Du hast doch schon ein Kind*, das hilft in der Regel aber 0, jeder muss sein eigenes Päckchen tragen. Ich war auch beim Psychotherapeuten etc., aber am besten hat mir immer ein Folgewunder geholfen . Vor Sunnydani und wie sie ihr Schicksal stemmt ist da der beste Beweis, vor ihr ( und ihrer Energie anderen immer wieder Mut zu machen) ziehe ich sowieso den Hut Alles Liebe Daniela

von Cydney1 am 31.10.2022, 07:31



Antwort auf Beitrag von Cydney1

Liebe Daniela! Vielen, vielen lieben Dank für deine ausgesprochen netten Worte, die an mich gerichtet sind! Ich hoffe, ich schaffe es, dass ich anderen Mut mache bzw. ihnen ein kleines bisschen helfen kann. Mir hat das damals sehr geholfen, wenn ich solche Beiträge gelesen habe und deshalb kann ich die Energie dafür jetzt aufbringen und anderen hoffentlich ebenso ein wenig helfen, wenngleich sich eh jeder selbst am meisten helfen muss. Aber manchmal hilft ja ein kleiner Stupser oder ein paar nette Worte, dass man sich besser fühlt oder es schafft, eine Idee zu bekommen, wie man einen Weg finden könnte doch mit so einer schlimmen Situation gut umzugehen. Ich wünsche dir alles Liebe! Dani

von sunnydani am 02.11.2022, 12:22