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Ärger und Stress nach der Elternzeit - kleiner Erfahrungsbericht

Thema: Ärger und Stress nach der Elternzeit - kleiner Erfahrungsbericht

Hallo zusammen, ich arbeite in einem mittelständischen Unternehmen in kommunaler Hand, bei uns arbeiten ca. 600 Mitarbeiter. Ich bin seit 12 Jahren in diesem Betrieb angestellt, habe in diesen 12 Jahren allein 5mal eine Beförderung außerhalb der regulären Tariferhöhungen bekommen, zuletzt war ich als Teamleiter und stv. Abteilungsleiter beschäftigt. Ja, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich gut Karriere gemacht habe. Natürlich bedeutete das auch immer viel Arbeit, aber es wurde stets fair darauf geachtet, dass besonders Überstunden in Geld oder Freizeit abgegolten wird. In der Regel sogar so, wie ich es als AN wollte. Natürlich habe ich auch öfters von unterwegs oder von zuhause gearbeitet. Gehört halt auch dazu. Aber auch hier: Fair die Stunden dokumentiert und ganz normal zum Stundenkonto hinzugefügt. Dann habe ich Elternzeit fristgerecht beantragt. Für 2 Monate (13-14), damit meine Frau wieder in ihren Beruf findet. Der Chef war verärgert, hat mich aber gehen lassen. Widerwillig allerdings! Gerade zu meiner Elternzeit wurde ein wichtiges Projekt aufgenommen, für dessen Erfolg gleich 2 Zusatzkräfte aus anderen Abteilungen hinzugezogen werden mussten. Ich wurde vor meiner Elternzeit zuerst gebeten, dann sogar genötigt mir das mit der Elternzeit nochmals zu überlegen. Das wichtige Projekt halt. Die Argumentation, dass ich ja auch für das Kind da sein will, ja sogar da sein muss, wurde nicht akzeptiert. Sollte mir halt was überlegen. Zum Schluss hab ich auf meinem Recht bestanden, die Elternzeit nehmen zu können, ich wusste mir nicht anders zu helfen. Nun bin ich zurück aus der Elternzeit. Meinen Teamleiterposten gibt es nicht mehr, einfach aus der Organisation gekürzt. Nun soll ich als normales Mitglied in einem Team arbeiten, welches ich vorher im Vertretungsfall mit angeleitet hatte. Unter einem Kollegen, der mir organisatorisch früher einmal unterstellt war. Mein neuer "Teamleiter" ist unglücklich über diese Situation, weiß er doch, dass ich fachlich besser bewandert bin und die größere Erfahrung habe. Auch verdiene ich noch immer mehr Geld, wie er es tut. Aber man sagt halt zu mir, dass keine andere Stelle frei wäre. Ich könnte ja gehen, wenn ich wollte. Tja, so kann es gehen. Ich habe versucht, das stoisch auszusitzen. Ans Geld können sie mir im Moment noch nicht, die Eingruppierung ist Teil des Arbeitsvertrages und eine Änderungskündigung macht der BR bei uns nicht mit. Was nun aber folgt, wird biestig. So "sickerte" jetzt durch, dass unser Chef die Personalabteilung angewiesen hat Dinge zu suchen, die man mir arbeitsrechtlich vorwerfen kann. Also Kontrolle der Telefongespräche, Emails und Internet. Bekommen sie auch nicht durch, auch hier ist der BR dagegen. Aber es reicht ja auch schon, mich als Mitarbeiter damit zu denunzieren und allen zu zeigen, dass ich "unerwünscht" bin. Und das zeigt nun erstmals Wirkung! Personen, mit denen ich zu tun habe, nutzen zunehmnd meine Schwäche und meinen Titel als "Freiwild", beginnen sich auf mich einzuschießen. Rückhalt von der Führungsetage, die ich früher bedingungslos als Teamleiter hatte (und die man auch braucht!) ist weggefallen. Sogar bei unsachlichen Dingen bekommen Kollegen recht, wenn sie in Sitzungen, Meetings oder per email nur auf mich draufgehauen haben. Natürlich denkt man inzwischen darüber nach selber zu kündigen. Aber andererseits hat man sich auch im privaten Umfeld etwas aufgebaut. Wir haben Freunde, der kleine (15 Monate) hat seine Familie rundherum und wir sind sozial engagiert. Das möchten wir nicht aufgeben! Müssten wir aber, da ich in einer Branche arbeite, die deutschlandweit nur wenige Arbeitgeber hat. Ein Umzug wäre somit unausweichlich. Ich könnte sicherlich auch in einer anderen Branche quer einsteigen, dann aber hätten wir sicherlich große finanzielle Einbußen. Wie gesagt, ich war jahrelang oben auf bei uns und hab gute Sprünge gemacht. Das zahlt kein anderer Arbeitgeber, wenn er nicht aus der gleichen Branche kommt, dafür sind wir einfach zu speziell. Tja, ich wollte mir das nur mal von der Seele schreiben. Vielleicht geht es ja auch anderen so oder möchten einfach mal lesen, wie es Vätern in Führungspositionen mit der Forderung nach mehr Familie und weniger Arbeit so ergeht. Fast schon könnte man sagen "Selbst schuld!" So ist es in unserer Gesellschaft doch so, dass man schon in der Uni auf Leistungsgesellschaft getrimmt wird. 40, 50 oder 60 Stunden? Egal! Hauptsache Dienstwagen, I- Phone und Laptop für zuhause. Überstunden leisten wir gerne, wenn der Chef am Abend durch die Büros geht und anerkennt, wer sich für die Firma noch aufopfert. Und dann kommt plötzlich einer, der will da aussteigen! Möchte doch allen Ernstes abends um 7 zuhause sein, damit er seine Tochter ins Bett bringen kann! Das passt nicht in die Leistungsgesellschaft, der muss weg. Genau so läuft es leider.

von Damokles am 18.03.2013, 21:55



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Mann, wehr Dich! Habt ihr in euren Betrieb eine Gleichstellungsbeauftragte? Wie sieht es mit dem Betriebsrat aus? Was willst Du? Und kann es Dein Betrieb sich überhaupt leisten, eine solche Fachkraft zu vergrellen? Das was, Du schreibst, ist mir auch passiert. ich habe auch Überstunden gerissen, war immer da, habe mir den A.... aufgerissen. dann bekam ich zwei Kinder, meine Stelle war weg (von einem nicht schwangerwerdenden Mann besetzt, der noch nicht einmal die passende Ausbildung hatte) und ich sollte in einen minderen Job natürlich auch deutlich weniger Geld verdienen... Wir sind uns also gar nicht unähnlich ;-) Ich habe diesen Job aufgegeben und eine glückliche Fügung (oder war es doch mein Können???) gab mir eine neue gute Chance. Jetzt stehe ich wesentlich besser da. Schließt sich eine Tür, dann öffnet sich irgendwo eine andere ;-) Was denkt deine Frau? Wo möchtest Du stehen? Kurz vorm Burn Out oder glücklich? Ich selbst würde jedoch nicht ohne ein "Statement" mich mobben oder rausdrängen lassen. Ich würde mich wehren, so lange ich es kann. Bist Du gewerkschaftlich eingebunden? Grüße und viel Kraft

Mitglied inaktiv - 18.03.2013, 22:20



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Du kannst nicht umziehen, deine Familie ist dir wichtig, anderer Job ist schwer zu finden, Position ist unerträglich derzeit. ich würde versuchen, auf 60% zu reduzieren und die Situation asuzuhalten. Mit 60% bist du aus dem Schussfeld aller und du kannst dich deiner Familie widmen. LG

Mitglied inaktiv - 19.03.2013, 09:08



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Hi, mach dich mal beim Betriebsrat schlau - im öD ist es in den meisten Tarifverträgen so, dass genau die Stelle bei Eltern- oder Pflegezeit bis zu max. 1 Jahr erhalten werden muss - also genau die Stelle. So lange verzichtet also der AG auf sein Direktionsrecht, erst danach kommt die Zuweisung einer anderen Stelle bei gleicher Eingruppierung in Frage. Gruß, Speedy

von speedy am 19.03.2013, 09:51



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Hallo, herzlich willkommen in der Realität - so geht es berufstätigen Müttern in Führungspositionen schon immer. Mein Tipp: Du kannst gegen deinen Cheft nicht gewinnen. Klar kannst du bleiben und wirst das auch vor dem Arbeitsgericht durchbekommen, aber das Arbeitsklima wird für dich unangenehm bis unerträglich bleiben. Frei nach dem Motto "Was sich nicht biegt wird gebrochen"! Mein Tipp: Offenes Gespräch ggf. auch mit dem BR und dann eine ordentliche Abfindung und einen akzeptablen Aufhebungsvertrag (lange Freistellung etc.) aushandeln. Tut mir leid für Dich, aber so lange Personalentscheidungen mehrheitlich von Männern getroffen werden wir solche Situationen ertragen müssen. Wenn du das nächste Mal selbst in Führungsverantwortung bist kannst du es ja besser machen und bewußt Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Geschlechter fördern. Alles Gute!

von zschnecke am 19.03.2013, 10:30



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Tja da bleibt nur eins, Bewerbungen schreiben. Du hast keine Chance ohne sehr viel Stress dort zu bleiben. Du bist im Recht! Leider ist zwischen Recht haben und Recht bekommen ein großer Unterschied. Ich kann nur sagen, die Firma ist doof, wenn sie Dich geht läßt, aber solang es Chefs gibt, die lieber gute Leute wegen Prinzipienreiterei rausekeln, muss man leider die Konsequenzen ziehen und sagen: dann macht halt euern Sch... alleine.

von Nicol am 19.03.2013, 11:44



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hm, so bitter das in Deinem Einzelfall läuft, aber ich glaube, das ist die Realität für sehr viele Frauen. Den ultimativen Tipp habe ich jetzt auch nicht für Dich, aber so, wie Du die Situation schilderst, würde ich möglichst rasch versuchen, meinen Abstand zu diesem Idioten von Chef zu maximieren. Vielleicht gibt es ja innerhalb Deines Unternehmens eine alternative Einsatzmöglichkeit für Dich, so dass Ihr nicht umziehen müsstet. Ich habe das in solchen Fällen - und es gab mehrere bisher in meinem Berufsleben - eigentlich immer gemacht, mein Netzwerk im Unternehmen genutzt und einfach einen Schritt zur Seite gemacht, andere Abteilung, verständnisvollerer Chef und dem alten Chef dann eine lange Nase gedreht. Das kann dann inhaltlich auch ruhig mal ein Schritt zurück sein, Qualität setzt sich auf Dauer immer durch. Hauptsache, es verschwinden erst einmal die "bad vibrations" aus Deinem beruflichen Umfeld Und den Kollegen würde ich durchaus durch die Blume mal zu verstehen geben, dass Ihr Verhalten nicht gerade dazu angetan ist, sie in einer ähnlichen Situation zu unterstützen. Ulrike

von u_hoernchen am 21.03.2013, 08:34