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Geschrieben von Vanessa9889 am 12.02.2022, 11:19 Uhr

Hilfe! Ich weiß nicht wie ich mit meiner Tochter umgehen soll

Hey, ich benötige eure Hilfe, weil ich selbst nicht mehr weiß, was richtig und falsch ist..


Meine Tochter 6 ist ein extrem aufgewecktes Kind.
Sie lacht, tanzt und redet sehr viel. Sie geht offen auf die Leute zu und zeigt keine Schüchternheit oder Angst. Alles soweit ganz schön, jedoch hat sie ihre Gefühle null Komma null im Griff.
Ich weiß leider auch nicht wie ich ihr das beibringen oder sie dabei unterstützen kann.
Bsp: ich lege ihr früh morgens die Klamotten raus, sie weigert sich die anzuziehen weil sie lieber die Hose mit den 50 Löchern anziehen will. Ich erkläre ihr das es draußen sehr kalt ist und die Hose kaputt ist und eigentlich in den Müll muss.
Sie schmeißt sich mit voller Wucht auf den Boden und fängt an zu schreien und zu weinen in einer Lautstärke die wirklich jede Clubnacht in den Schatten stellt.
Ich lasse sie kurz in Ruhe in der Hoffnung sie beruhigt sich.
In der Zeit zieht sie sich einfach die dreckige kaputte Hose an.
Ich erkläre ihr das sie die Hose wieder ausziehen muss weil sie die wirklich nicht tragen kann draußen, zuhause ja, draußen nein.
Sie weigert sich wieder. Ich zeige ‚Autorität‘ und ziehe ihr vorsichtig ohne was zu sagen die Hose aus. In dem Moment tritt und schlägt sie mich.
Ich weiß in dem Moment nicht was ich tun soll und ignoriere es.
Darauf ist sie wirklich den halben Tag sauer auf mich nur wegen einer Hose.

Manchmal wenn sie ihre Schuhe nicht anbekommt flippt sie so aus und schmeißt die Schuhe durch die Gegend.
Ich versuche ruhig zu bleiben und sage ihr das sie es nochmal versuchen soll. Manchmal klappen die Dinge ja nicht gleich beim ersten Mal. Das interessiert sie aber nicht und sie schreit mich aus tiefster Seele an.
Sie reagiert bei allem vollkommen über und ist SEHR Temperamentvoll.

Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll, hat jemand einen Tipp wie ich ihr erklären kann ihre Gefühle in den Griff zu bekommen?

 
6 Antworten:

Re: Hilfe! Ich weiß nicht wie ich mit meiner Tochter umgehen soll

Antwort von Ivdazo am 12.02.2022, 11:37 Uhr

Klingt sehr nach meiner Tochter. Wenn man ihr versucht, fremden Willen aufzuzwingen, dann regt sie sich auch furchtbar auf. Evtl. kannst du sie sich die Klamotten selber aussuchen lassen, wenn sie schon diese eine Hose nicht anziehen soll.
Wart ihr in der Zwischenzeit zusammen im Geschäft, wo sie sich neue Hosen ausgesucht hat, die sie anziehen mag und darf?

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Re: Hilfe! Ich weiß nicht wie ich mit meiner Tochter umgehen soll

Antwort von sunnydani am 12.02.2022, 11:47 Uhr

Ich habe sehr früh die Gefühle meiner Kinder benannt. Ich habe in diesen Momenten zu ihnen gesagt: "Jetzt bist du aber wütend. Ich verstehe, dass du lieber die kaputte Hose hättest, weil das deine Lieblingshose ist, aber das geht für die Schule nicht. Am Nachmittag zu Hause darfst du sie anziehen, jetzt nehmen wir eine andere."
Sie darf ja wütend sein, aber sie muss lernen, wie sie damit umgeht.
Jedes Gefühl hat seine Berechtigung und wenn man dem Kind zeigt, dass es auch wütend sein darf, fühlt es sich auch mehr angenommen damit.
Ich habe auch gesagt, dass die Kinder in ein Wutkissen oder einen Boxsack schlagen dürfen oder fest auf den Boden stampfen, wenn sie etwas ärgert und sie ganz wütend sind. Oder sie sollen mal ganz schnell eine Runde ums Haus laufen oder ganz laut schreien.
Sie müssen merken, dass sie wütend sein dürfen, aber dass sie in ihrer Wut niemanden verletzen und nichts zerstören dürfen.

Und je öfter ich die Gefühle für meine Kinder benannt habe, desto mehr haben sie sich verstanden gefühlt und im Laufe der Zeit konnte mein Großer selber sagen, jetzt bin ich aber wütend, anstatt dass er ausgeflippt ist.
Das hat aber schon gedauert. Ich habe bereits im Kleinkindalter damit angefangen und mit etwa 4 - 5 Jahren hat er sich wirklich verbal schon auch sehr gut ausdrücken und seine Gefühle benennen können bzw. oft auch schon den Grund sagen können, warum ihn etwas so wütend macht. Ich habe dann auch oft gefragt, was er denn meint, was wir da jetzt machen könnten. Somit hat er selbst nachgedacht und nach anderen Lösungen oder Kompromissen gesucht und war der Wut nicht mehr hilflos ausgesetzt, sondern in der Rolle, dass er aktiv zu Lösungsmöglichkeiten beitragen konnte.
Und er war auch immer ein Kind mit einer extrem niedrigen Frustrationstoleranz und heute mit 8 Jahren fällt es ihm manchmal noch immer schwer nicht auszuflippen. Aber ich erinnere ihn dann wieder und wenn er mal auszuckt, dann ist es immer nur mehr ganz kurz, bis er sich wieder unter Kontrolle hat bzw. wissen wir beide, wie wir am besten damit umgehen können.

Dann würde ich auch abends zusammen mit dem Kind entscheiden, welche Kleidung am nächsten Tag angezogen wird. Mit 6 Jahren können sie das doch schon gut entscheiden. Dann erspart ihr euch die Diskussion am Morgen.
Du kannst ihr ja sagen, was es sein muss, also jetzt im Winter eben z.B. lange Hose, langes Shirt und Pulli und das Kind darf wählen welche Farbe.
Das wird dann auch angezogen und am nächsten Tag gibt es kein Umentscheiden mehr. Da würde ich dann auch konsequent bleiben.

Wenn sie etwas nicht schafft, kannst du sie ja fragen, ob sie deine Hilfe möchte. Natürlich wird sie sich die Schuhe selber anziehen können, aber manchmal haben es auch die Großen noch gerne, wenn sie ein wenig umsorgt werden. Und ich helfe dann auch dem Großen manchmal noch bei irgendwas, obwohl ich weiß, er kann es selbst. Aber er fühlt sich dadurch betüddelt und geliebt und mir tut es nicht weh, denn er ist grundsätzlich ja ein sehr selbstständiges Kind.

Ansonsten auch hier wieder Verständnis zeigen und sagen, dass du siehst, dass sie wütend ist und dass es sie ärgert, wenn sie das nicht schafft, aber dass sie es noch einmal probieren soll und wenn sie es nicht schafft, dich um Hilfe fragen soll.

Selber versuchen Ruhe zu bewahren, auch wenn das Kind einen gerade nervt. Aber das Problem ist, es schaukelt sich so extrem hoch, wenn man selber auch genervt und gereizt reagiert und herum brüllt. Wenn es gar nicht geht, weggehen, sie mal kurz lassen und wenn der Wutanfall vorbei ist, noch mal besprechen. Im Wutanfall selbst sind die Kinder meist eh nicht zugänglich, aber hinterher kann man die Situation ja noch einmal durchbesprechen und überlegen, was man fürs nächste Mal anders machen könnte.

Vielleicht braucht sie in dem Moment auch was Bestimmtes. Mein Großer hat mir mal gesagt, dass er ab einem bestimmten Moment nicht mehr anders kann und es würde ihm helfen, wenn ich dann gar nichts zu ihm sage, sondern ihn nur ganz fest drücke. Ich fand das bemerkenswert, dass er das selbst gespürt hat und gemerkt hat, was er braucht und sich auch mitteilen konnte. Denn das ist nicht einfach, das können viele Erwachsene noch nicht. Und ich hab dann in der nächsten Situation genau das gemacht. Ich war still und hab ihn fest gedrückt. Er fand viel schneller aus der Wut heraus und es hat uns beiden geholfen. Danach konnten wir auch gut darüber sprechen.

Versuch deine Tochter zu verstehen, auf sie einzugehen und gemeinsam mit ihr Lösungen zu finden. Denn sie selber wird es auch nicht lustig finden, wenn sie so ausflippt und wäre selbst sicher auch froh, wenn ihr es schafft etwas zu finden, das ihr hilft, dass es nicht so eskaliert. Man darf den Kindern das ruhig zutrauen, sie verstehen mehr, als man denkt und können selbst auch wirklich oft Hilfreiches dazu beitragen, wenn sie sich verstanden fühlen.

Alles Gute!

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Re: War das schon immer so oder erst jetzt?

Antwort von cube am 13.02.2022, 13:29 Uhr

Und wenn es schon früher so war oder bereits seit längerer Zeit - wie seid ihr damit umgegangen?
Tatsächlich finde ich, sie verhält sich wie ein Kind der "Trotz"-Phase (nach deiner Beschreibung).
Daher die Frage, wie ihr bisher mit solchen Dingen umgegangen seid.
Evt. zu viel Entgegenkommen gezeigt, so dass sie gar nicht gelernt hat, dass sie nicht immer ihren Willen durchsetzen kann bzw. keine Frustrationstoleranz entwickelt hat?

Unabhängig davon: schlagen, treten etc geht gar nicht. Das würde ich auch ganz klar sagen und mit Ansage dann auch aus dem Raum gehen.
Dinge, die sie gar nicht erst anziehen soll, würde ich eh aus dem Schrank entfernen - dann ist dieser Kampfschauplatz schon mal nicht mehr existent ;-)

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Re: Hilfe! Ich weiß nicht wie ich mit meiner Tochter umgehen soll

Antwort von Jorinde17 am 13.02.2022, 14:45 Uhr

Sehr gut geschrieben! Ich schließe mich sunnydani absolut an. Mit dem Benennen von Gefühlen habe ich bei meinen Kindern auch sehr, sehr gute Erfahrungen gemacht.

Ergänzen möchte ich noch, dass Deine Tochter im Moment noch ein Problem mit der sog. Impulskontrolle hat. Dieses Problem kann das Kind mithilfe von tollen Erklärungen der Erwachsenen nicht lösen. Es ist wichtig, das zu wissen, sonst quatscht man das Kind mit seinen Erklärungen voll, ohne dass dies die geringste Wirkung hätte.

Kinder mit zu geringer Frustrationstoleranz brauchen wenige, aber klare Ansagen. Alles sollte eher knapp gehalten werden. Ermahnungen, Erläuterungen und Predigten helfen nichts. Auch nicht die Aufforderung, sich doch mal besser zu benehmen. Was diesen Kindern hilft, ist eine Ansprache auf Augenhöhe (zum Kind herunterhocken) und die Berührung mit den Händen (Hand auf die Schulter legen, wenn man etwas sagt, dass das Kind hören und wahrnehmen soll).

Wenn das Kind schreit und sich auf den Boden wirft, darf man dieses Verhalten „mitfühlend ignorieren“. Also selbst möglichst gar nicht reagieren. Nicht trösten, nicht quatschen, nicht erklären, es nicht auffordern aufzustehen. Man darf mitfühlend schauen (denn das Kind leidet in diesem Moment wirklich unter seinen negativen Gefühlen), muss aber nichts machen. Nicht sprechen, nicht anfassen, nicht trösten, nichts. Denn wenn man auf dieses Verhalten einsteigt, verstärkt man es ungewollt, weil das Kind damit Aufmerksamkeit erregen kann.

Man muss auch sagen: Bis zum Schuleintritt sollte ein Kind eine halbwegs funktionierende Impulskontrolle haben. Es bekommt sonst große Probleme mit der Lehrkraft, aber auch mit den Mitschülern. Falls sich das Verhalten Deiner Tochter in den nächsten Monaten nicht entwickelt und verbessert, oder sie bereits Schulkind ist und aneckt, würde ich mit dem Kinderarzt über Ergotherapie sprechen. hier werden auch Skills wie Impulskontrolle, Frust-Bewältigung und soziale Fähigkeiten in kleinem Kreis geübt, das ist sehr hilfreich.

LG

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Re: Hilfe! Ich weiß nicht wie ich mit meiner Tochter umgehen soll

Antwort von kea2 am 15.02.2022, 10:23 Uhr

Macht Deine Tochter in der Schule oder im Kindergarten auch solche Sachen?
Mit 6 finde ich das in dem Ausmaß schon nicht mehr ganz normal.
Das gehört eigentlich in die Trotzphase.

Falls nein, kann sie sich offenbar beherrschen, hält es zu Hause aber weniger für nötig. ;-)
Die Kinder wissen dann, dass sie von ihren Eltern geliebt werden, auch wenn sie sich daneben benehmen und reißen sich zu Hause nicht so zusammen, wie anderswo.
Das ist zwar anstrengend für Eltern, aber die bessere Variante.

Wenn sie sich im Kindergarten oder in der Schule genauso benimmt, solltet Ihr überlegen, ob Ihr nicht ein paar Stunden bei einem Therapeuten nehmt, der mit ihr an ihrer Frustrationstoleranz arbeitet. (Falls es Euch zu Hause zu viel wird, könnt Ihr das natürlich auch machen.)
Häufig kracht es sonst früher oder später an der Grundschule. Dann kommt von dort Druck, dass Eure Tochter gefälligst so schnell, wie möglich, normal zu funktionieren hat.
Bei Mitschülern machen sich solche Kinder auch nicht beliebt.

Kleidung, die die Kinder nicht mehr oder nur zu bestimmten Gelegenheiten anziehen sollen, würde ich wegpacken. Was nicht da ist, kann keine Trotzreaktion hervor rufen.

Unser Sohn (12) hat ebenfalls eine sehr niedrige Frustrationstoleranz.
Da reagiere ich je nach Situation unterschiedlich.
Manchmal lasse ich ihn toben und gehe oder warte eine Weile. Manchmal warte ich bis er Luft holt, um dann zu erklären, warum das jetzt kein Drama ist. (Das sind dann Dinge, die er falsch verstanden oder übersehen hat.) Manchmal werde ich energisch.

Im Grundschulalter hat er mich zwei- oder dreimal getreten oder geschlagen. Da bin ich richtig böse geworden und habe ihn mir gepackt und ihm erklärt, dass das so NICHT läuft. Am effektivsten ist es, wenn man den Kindern dabei in die Augen guckt.
Allerdings kann ich es verstehen, wenn die Kinder mit 6 anfangen, zu treten oder zu schlagen, wenn man sie ohne Erlaubnis anfasst oder ihnen die Hose auszieht. Das finde ich schon irgendwo übergriffig.
Ich glaube, in diesem Fall hätte ich ihn mit der löchrigen Hose gehen lassen und die Hose abends weggeworfen.

Dass unser Sohn seine Gefühle ruhig benennt oder reflektiert, wenn er gerade hochgefahren ist, kann man übrigens vergessen.
Man kann nachher mit ihm darüber sprechen. Manchmal bringt das was, manchmal nicht.

Was funktioniert, ist, wenn man in einer ruhigen Minute mit ihm bespricht, was er tun kann, wenn er merkt, dass er gleich ausflippt.
Es gibt z.B. die Strategie, alle Muskeln anzuspannen und die Fäuste zu ballen und dann ganz bewusst auszuatmen und den Druck rauszulassen.
Für den Schulhof in der Grundschule hatten wir besprochen, dass er die Situation mit den anderen Kindern verlässt und etwas tritt, das nicht kaputt geht, wenn es ihm zu viel wird.

Von unserem Therapeuten hatten wir das Spiel "Spitz, pass auf!" empfohlen bekommen, weil die Kinder damit lernen können, sich zu beherrschen.
Allgemein finde ich, dass man mit Brettspielen Frustrationstoleranz üben kann, weil die meisten Kinder, die da Defizite haben, nicht verlieren können.

Wir haben das Problem mittlerweile nur noch zu Hause bzw. im engen familiären Umfeld und wenn er mit seinen Freunden zockt.
Ich denke, der Rest kommt, wenn er älter wird.

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Re: War das schon immer so oder erst jetzt?

Antwort von naromy am 10.04.2022, 21:27 Uhr

Kurze Erläuterung zum sonst wertvollen Text: rausgehen weil Kind haut ist destruktiv und fürs Kind nachhaltig ungesund. Mit Ignoranz bestrafen ist psychische Gewalt.
Du kannst die Hand von dir abhalten, ohne die festhalten zu müssen. Auch das ist ein Unterschied! Du hast Grenzen, zeige sie aber bitte nicht die Macht, dass du stärker bist. Das feuert solche Situationen nur an. Kennt dich eigentlich auch jeder selbst, in gewissen Gefühls-Situationen auch nur berührt zu werden kann ein furchtbares Gefühl sein.
Alles Gute!

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