Rund um die Erziehung

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Geschrieben von MamaFlix am 21.07.2007, 8:10 Uhr

Wie ist das mit dem Nichterziehen

Hallo,

ich weiß es gibt hier viele Beiträge zu dem Thema. Daher fast unmöglich zu durchzuarbeiten.

Da ich das Thema jedoch interessant finde würde es mich interessieren was es damit auf sich hat. Die Kids dürfen alles ?? Und dann ? Es gibt ja auch Situationen da müssen sich Kinder "benehmen" bzw. anderen gegenüber angemessen verhalten ?

Was bedeutet also Nichterziehen genau und wie ist es in der Praxis durchsetzbar?

Ihr könnt mir auch gerne einen Link zu einem Beitrag hier im Forum geben, wo das einfach nur mal kurz erklärt wird, damit ich weiß wie das geht.

Danke und vg

MF

 
11 Antworten:

ich weiß nicht mal was das überhaupt sein soll *dummbin*!!! - ot.rebeca

Antwort von Becky75 am 21.07.2007, 18:28 Uhr

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Nichterziehung (Antwort von solelo)

Antwort von olefine am 21.07.2007, 21:27 Uhr

http://www.rund-ums-baby.de/erziehung_elternforum/mebboard.php3?step=2&range=20&action=showMessage&message_id=12676&forum=209

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Was ist Nichterziehung?

Antwort von solelo am 21.07.2007, 22:29 Uhr

Hallo ihr beiden,

das ist immer so schwer, sich da kurz zu fassen. Ich habe im Suchlauf die vielen bereits gegebenen Definitionen nicht finden können. Daher kann ich nur eine längere Zusammenfassung bieten.

Zunächst gehen NE von einem Menschenbild aus, das besagt, das Kinder entweder "gut" oder "neutral", auf jeden Fall nicht schon von vorne herein "schlecht" sind, sodass sie Erziehung benötigen würden. Vielmehr gehen wir davon aus, dass sie mit einer Art natürlicher "Folge-" bzw. "Kooperationsbereitschaft" zur Welt kommen: Kinder WOLLEN sich in die Gesellschaft integrieren. Das erkennt man z.B. an ihrer Neugier, am uns Nachmachen. Daher ist schon Mal Erziehung überflüssig, wenn nicht sogar schädlich.

Aber Achtung! Hier wird der Begriff "Erziehung" etwas enger gefasst als üblich. Das ist so, weil bisher keinem ein griffigeres Wort dafür eingefallen ist, was wir "nicht" machen wollen (bei NICHTerziehung).

++++
Unter "Erziehung" werden hier planmäßige (absichtliche) und zielgerichtete Tätigkeiten zur *Formung* von (meist jungen) Menschen verstanden.

Erziehung findet nicht "ganz natürlich" bei jeder Kommunikation, bei jeder Beeinflussung, statt, sondern nur, wenn sich einer über den anderen erhebt und meint, ihn zu einem Ziel (hiner)ziehen zu dürfen oder zu müssen.

Erziehende Menschen versuchen ihre Vorstellung darüber durchzusetzen, wie eine zu erziehende Person sein soll. Erziehung hat den Anspruch, Menschen zu ändern. Eigenschaften des Zöglings, die die Erziehenden als "negativ" ansehen, versuchen sie zu unterdrücken, während sie "positive" Eigenschaften verstärken wollen.
++++

Dafür werden gewisse Erziehungsmethoden eingesetzt, die wir allesamt ablehnen: Stiller Stuhl, Strafen generell, Belohnungen, Lob (Achtung hier ist nicht von Herzen gemeinte Mitfreude oder Freude über ein Ergebnis/Erfolg gemeint, sondern lediglich manipulativer Lob mit Erziehungsabsicht), Liebesentzug, Gewalt, Klapsen, auf die Finger hauen, Schimpfen (Achtung hier ist nicht einfach sauer sein gemeint, sondern zielgerichtetes Schimpfen zur Formung des Kindes, eventuell ohne überhaupt sauer zu sein, sondern z.B. um dem Kind einen Schock zu versetzen/ihm irgendwas klar zu machen ("wenn ich X tue, schimpft mama, daher lasse ich es" wäre das Ziel z.B.))

Ausdrücklich wird unter Erziehung z.B. nicht verstanden: die Pflege eines Babys/Kindes, der Einfluss der Gesellschaft auf das Kind, der unbewusste Einfluss der Eltern auf das Kind etc.

Dies ist jetzt Mal unabhängig von gängigen oder deiner Defintion von Erziehung – es ist lediglich die Definition, die wir hier brauchen, um über das Thema reden zu können, weil man es schwer anders benennen kann. Du kannst also gerne deine Defintion weiter behalten und wir wissen, dass andere Defintionen dieses Wortes im Umlauf sind :-)

Nicherzieher (NE) meinen, Erziehung wie oben beschrieben ist aufgrund der Folgebereitschaft und Neugier des Kindes überflüssig und für die ***BEziehung*** zwischen Eltern und Kind schädlich. Die Kinder können sehr häufig noch gar nicht die Zusammenhänge erfassen und verstehen, warum sie überhaupt bestraft oder belohnt werden. Dies ist manchmal sogar Teil der Konditionierung, bzw. des Trainings: Die Eltern sind sich häufig dessen bewusst, sie warten dann eben, bis der Wiederholungseffekt eintritt und die Kinder merken: "Aha, wenn ich X tue, passiert Y". Darauf basieren viele Ratschläge und Tipps, und Maßnahmen.

Ich selbst möchte nicht anhand einer "Maßnahme" behandelt werden. Ich möchte, dass man mit mir eine BEziehung aufbaut und nicht irgendeine "Methode" an mir anwendet. NE versteht sich auch nicht als Methode, sondern eher als Lebensphilosophie, die eben von einem anderen Menschenbild ausgeht. Ich glaube, niemand, auch Kinder nicht, möchte mittels einer "Methode" behandelt werden. Wir alle wollen einfach nur leben und Beziehungen haben, glücklich sein.

Wir halten Erziehung für realitätsfern, vor allem dann, wenn Belohnungen und Bestrafungen und sonstige Erziehungsmethoden völlig aus dem Kontext entrissen werden. Nichterziehern ist lieber, dass die Kinder die wahren Zusammenhänge verstehen und ihre eigenen Erfahrungen machen, sofern dies möglich ist. Wir gehen davon aus, dass das Kind sozial IST und sich einfügen WILL, vor allem dann, wenn es sein Umfeld nicht als "gemein" erlebt, der ständig kontrolliert, einschränkt und eben.. erzieht. So ist es für alle einleuchtend, dass es besser ist, wenn das Kind lernt, dass es X nicht anfassen soll, weil es einfach HEISS ist, und nicht, weil Mama dann schimpft. In einer erziehungsfreien Beziehung ist es dann sogar GERADE wegen der intakten Beziehung auch möglich, bei sehr wichtigen Dingen etwas zu bewirken. Wenn sich Eltern und Kinder sich gegenseitig vertrauen, und Kinder nicht Angst vor Maßnahmen haben müssen, können sowohl Kinder auf ihre Probleme aufmerksam machen ("ich hab was verbockt"), als auch Eltern Kinder auf Gefahren aufmerksam machen ("Achtung, das ist wirklich gefährlich, mach das bitte nicht") – Die Kinder vertrauen ja, dass das was die Eltern ernst und wirklich wichtig gemeint ist, und nicht "Ach, das ist wieder so was unlogisches wie dass man um 8 ins Bett muss auch wenn man sich gar nicht müde fühlt... ich trödel einfach ein bisschen weiter rum... ist bestimmt genauso wie als Mama gesagt hat, von Süßigkeiten kriegt man Bauchweh und als ich dann heimlich ganz viele gegessen habe, habe ich gar keine gekriegt. Schade, dass ich ihr meine Erkenntnis gar nicht sagen kann, sie wird mich nur für die Heimlichkeit bestrafen....."

Da wir davon ausgehen, dass das Kind sozial ist und sein will, und dass es gerne folgt, wenn die Beziehung stimmt, reicht schon unser Vorbild. Wir leben das, was uns wichtig ist und geben somit unsere Kultur vor. Wir sind Orientierungspunkt. In diesen wunderbaren Prozess greift Erziehung sogar schädlich ein, so die Auffassung von Nichterziehern. Denn wo immer Erziehung ist (nach obiger Definition!) ist ein "Von oben herab", also:

Eltern ---> Kind

Dann ist aber eine Beziehung gar nicht möglich, jedenfalls keine solche, wie wir sie uns wünschen, oder besser wie ich sie mir persönlich wünsche (und ich meine, sehr viele auch erziehenden Eltern wünschen sich lieber folgende Beziehung). Die ideale Beziehung ist gleichberechtigt:

Eltern Kind

Das bedeutet NICHT dass "Kinder alles machen dürfen".

Das wäre eher so:

Eltern

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Sorry, Beitrag war unvollständig, hier die Fortsetzung

Antwort von solelo am 21.07.2007, 22:37 Uhr

....

Dann ist aber eine Beziehung gar nicht möglich, jedenfalls keine solche, wie wir sie uns wünschen, oder besser wie ich sie mir persönlich wünsche (und ich meine, sehr viele auch erziehenden Eltern wünschen sich lieber folgende Beziehung). Die ideale Beziehung ist gleichberechtigt:

Eltern Kind

Das bedeutet NICHT dass "Kinder alles machen dürfen".

Das wäre eher so: Eltern

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Ich versuch's noch Mal:

Antwort von solelo am 21.07.2007, 22:38 Uhr

....

Dann ist aber eine Beziehung gar nicht möglich, jedenfalls keine solche, wie wir sie uns wünschen, oder besser wie ich sie mir persönlich wünsche (und ich meine, sehr viele auch erziehenden Eltern wünschen sich lieber folgende Beziehung). Die ideale Beziehung ist gleichberechtigt:

Eltern Kind

Das bedeutet NICHT dass "Kinder alles machen dürfen".

Das wäre eher so: Eltern

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MAAAN, ich weiß nicht, was los ist :-D sorry!

Antwort von solelo am 21.07.2007, 22:41 Uhr

.... der kommt irgendwie nicht mit meinen Pfeilen zurecht....

Dann ist aber eine Beziehung gar nicht möglich, jedenfalls keine solche, wie wir sie uns wünschen, oder besser wie ich sie mir persönlich wünsche (und ich meine, sehr viele auch erziehenden Eltern wünschen sich lieber folgende Beziehung). Die ideale Beziehung ist gleichberechtigt:

Eltern (Pfeil mit Spitzen links und rechts) Kind

Das bedeutet NICHT dass "Kinder alles machen dürfen".

Das wäre eher so: Eltern (Pfeil zeigt zu "Eltern") Kind

Sondern, dass Kinder UND Erwachsene nur das machen dürfen, was die Freiheit der anderen nicht einschränkt. Es bedeutet, dass sowohl Kinder als auch Eltern respektvoll gegenüber einander sind. Es bedeutet, dass sowohl Eltern als auch Kinder die Bedürfnisse des anderen wahrnehmen und respektieren. Es bedeutet, dass es niemanden gibt, der einfach entscheiden darf, was geschieht oder passiert, welche Konsequenzen auf bestimmte Dinge folgen etc. Folglich bedeutet es, dass beide zusammen arbeiten und zusammen halten müssen, um Lösungen – erziehungsfreie Lösungen – zu erarbeiten.

Diese Lösungen können unterschiedlich aussehen: Regeln, der eine gibt nach, der andere gibt nach, man lässt die Sache Ruhen, man versucht, die Bedürfnisse des anderen auf eine andere Weise zu stillen, und vieles mehr. Kinder brauchen Grenzen? Ja – Erwachsene offensichtlich auch ;-) Im Grunde genommen ist Erziehung umgekehrtes "Laissez-Faire": Die Eltern dürfen einfach alles machen, ungeachtet der Grenzen des Kindes. Die Eltern dürfen einfach in die Freiheit des Kindes einschreiten. Die Eltern dürfen das Kind nach ihren Vorstelleungen formen. Die Eltern dürfen etliche Menschenrechte missachten und einfach drauflos erziehen, wie sie wollen. Das Kind hat es über sich ergehen zu lassen. Das ist meines Erachtens unfair und menschenrechtswidrig. Eltern müssten Mal Grenzen gesetzt bekommen! ;-) Und da reicht eine ganz ganz logische und natürliche Grenze: Die Freiheit des anderen (diese bedingt nämlich meine Freiheit: "Meine Freiheit endet da, wo die des anderen anfängt") – hier, des Kindes.

Wie lernt das Kind denn dann Grenzen? Indem es am Leben teilnehmen darf und nicht aufgrund seines Alters diskriminiert wird. Viele viele Dinge WOLLEN Kinder nicht machen, viele Dinge KÖNNEN Kinder gar nicht machen - das sind natürliche Grenzen. Echte Grenzen. Es gibt soooo viele Grenzen im Leben, da braucht man gar keine neu dazu erfinden (um 8 ins Bett ist eine erfundene Grenze, z.B.). Die Eltern und ihre Bedürfnisse – weitere Grenzen (z.B. brauchen manche Eltern einfach ab etwa 8 Uhr ihre Ruhe, das ist ihre Grenze. Das bedeutet nicht, dass die Kinder dafür ins Bett MÜSSEN. Für Nichterzieher bedeutet das zunächst, dass sie gemeinsam eine Lösung finden sollten, die es allen ermöglicht, ihren Bedürfnissen nachzukommen, wenigstens zum Teil (Kompromiss)). Der Körper ist eine weitere Grenze: Wenn ich müde bin, ist das meine Grenze, ich kann nicht mehr lange wach bleiben. Da brauche ich keine von außen gesetzte Um-8-Uhr-Gehts-ins-Bett-Grenze. Abgesehen von den Eltern gibt es noch andere Menschen = weitere Grenzen. Es gibt gewisse physikalische Gesetze = Grenzen. Es gibt gewisse Bräuche und Gesetze, z.B. um 8 machen Geschäfte zu, Straßenbahn kommt nur alle 30 Minuten, Schule fängt um 8 an, Mama muss um 9 bei der Arbeit sein, Papa kommt nur am Wochenende... alles Grenzen.

Lassen wir unsere Kinder einfach am Leben teilhaben, so erfahren sie wie gesagt bereits sehr viele Grenzen, und viel wertvollere, weil sie echt sind und oft unverrückbar. Kinder lernen, dass manche Grenzen flexibel sind (Mamas Ruhebedürfnis), manche nicht (Sonntags ist der Supermarkt geschlossen). Ich muss also nicht total mühsam extra "konsequent" sein, damit das Kind Grenzen lernt. Ich kann es einfach leben lassen und dabei unterstützen, die Welt und ihre Grenzen zu entdecken. Über viele Grenzen wird sich das Kind auch Mal ärgern oder trauern.

Die Bedürfnisse anderer zu respektieren lernen unserer Erfahrung nach die Kinder am Besten, wenn man es einfach an ihnen vormacht. IHRE Bedürfnisse, IHRE Grenzen gilt es dann zu respektieren. Dieses Lernen geht natürlich nicht von heute auf morgen. Bei Erziehung übrigens auch nicht, und oftmals erhalten Kinder auch noch viele weitere versteckte Botschaften von Erziehung, die schädlich sind und sogar verhindern, dass die Kinder lernen, die Bedürfnisse anderer zu respektieren, z.B.:

- Es ist OK, die Bedürfnisse anderer zu missachten, solange sie schwächer sind
- Mein "Nein" ist nichts wert, auf das Nein der Erwachsenen muss ich achten. Ich will schnell erwachsen werden, damit ich selbst über mein Leben entscheiden kann. Kindern kann man nicht vertrauen, dass sie ihre Neins ernst meinen. (Teufelskreis Erziehung)

Übrigens, weitere versteckte Botschaften können sein:
- Kindern kann man nicht vertrauen
- Meine Erfahrungen sind nichts wert. Ich muss mich auf die Anweisungen anderer verlassen
- Man kann seiner eigenen Wertung nicht trauen, man braucht immer die Wertung anderer über seine Erfolge und Misserfolge (Belohnungen, Lob) "Ich bin nichts wert solange mir das nicht jemand bestätigt". "Ich bin nur gut, wenn jemand mir das bestätigt".
- Mit meinen Eltern kann ich nicht ehrlich sein.
- Für Ehrlichkeit wird man eventuell bestraft. Es ist besser heimlich zu handeln.
- Es geht nicht um Innere Werte, es geht nicht darum, zu verstehen, worum es geht, sondern darum, leidlich das gewünschte und "korrekte" Verhalten an den Tag zu legen.
- Ich bin selbst nicht gut genug, um gewisse Dinge selbst zu schaffen, oder warum sollte man mich für diese Dinge belohnen?


- Außerdem kriegen Kinder durch Erziehung nicht die Chance, zu lernen, wie man konstruktiv und kreativ gemeinsam Probleme oder lösen kann, wenn jemand immerzu bestimmt, wie bei Problemen gehandelt wird.

Die "Funktion" des NE ist dann außer zu lieben, zu trösten, beizustehen und zu helfen, da zu sein, etc. oft die, dass er versucht, kreative Lösungen zu finden (bei kleineren Kindern, mit denen man noch nicht so gut reden/diskutieren kann) bzw. mit dem Kind gemeinsam zu erarbeiten bei Problemen, die sich meistens daraus ergeben, dass wir in einer solchen Welt und Gesellschaft leben, in der wir nun Mal leben: Mit gefährlichen Kidnappern unterwegs, mit schnellen Fahrzeugen auf der Straße, mit steilen Treppen, mit Balkonen, mit Alkohol und Drogen, mit Zigaretten und Neurodermitis, mit Schule und einen großen Teil des Tages auf der Arbeit, mit Gesetzen und Regeln, mit Öffnungszeiten und diversen Besorgungen, die wir unternehmen müssen, kurz, mit sämtlichen Zwängen, mit denen Kinder nicht so gut zurecht kommen, und die in einer natürlicheren Umgebung nicht auftauchen würden.

Des weiteren haben wir die "Verantwortung" für ihr Wohl, für Nahrung, einem Dach über dem Kopf etc, für die Pflege und so weiter. In dieser Sache und in Sachen Liebe und das Beste für sein Kind wollen unterscheiden wir uns wohl kaum von den Erziehern (es kommt mir selbst total blöd vor, so eine dumme Unterscheidung zu machen. Es ist einfach ein dummes Wort ("Nichterziehung") und seine Derivate (Nichterzieher, nichterzieherisch) teilen die Menschen dann automatisch in "Nichterzieher" und "Erzieher" ein, das nervt mich unheimlich.)

Es geht also darum, unsere Kinder dabei zu unterstützen, das zu werden und zu sein, was sie sind und werden – ihnen also dabei zu helfen, erwachsen zu werden, so wie sie sind, und nicht, sie zu unserem Idealbild eines Menschen eben durch Erziehung zu *formen*. Dass das Kind sehr vielen anderen Einflüssen ausgesetzt ist, die wir nicht verhindern können und die man auch "Erziehung" nennen könnte, ist uns bewusst und auch gewollt. Ohne Input könnten die Kinder ja nicht gedeihen. Um sich in einer Kultur oder Gesellschaft einzubringen, muss es auch ein Vorbild geben. Heutzutage gibt es da viele unterschiedliche Vorbilder, und ich gebe zwar meinen Kindern eine klare Linie vor – einen Orientierungspunkt – lasse meinen Kindern aber die Freiheit, selbst ihren Weg zu wählen. Ich helfe ihnen dann egal bei welchem Weg, es sei denn, er würde an meine Grenzen gehen. Ich könnte meinem Kind z.B. nicht "helfen", Nazi zu werden.

Erfahrungsgemäß gehen nichterzogene Kinder nicht sehr weit von ihren Eltern entfernte Wege – es hat keinen Grund gegeben, warum man extra NICHT so sein wollte, wie die Eltern.

Wie du siehst, das ist ein ganzer "Ideenteppich" (mir gefiel neulich das Wort von Bekky? oder Feelix? "Argumenteteppich"), und gar nicht so einfach und kurz zu erklären, vor allem wenn man die großen Fragezeichen über den Köpfen der Leser kennt.

Gaaanz kurz kann man sagen, Nichterziehung ist die Unterlassung von Erziehung bzw. von Maßnahmen mit Erziehungszielen. Ich kann also auch durchaus Mal sauer sein, und wenn ich jemanden anschreie, aber dabei mir nicht denke, dass ich höher stehe und der anderen zu folgen hat (und wenn Schreien nicht funktioniert, dann organisiere ich halt drastischere Maßnahmen) dann ist das noch keine Erziehung. Erziehung wird es, wenn ich ein bestimmtes erzieherisches Ziel habe.

Grüße
Johanna
www.unerzogen.de

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Und wie ist das in der "Praxis" ???

Antwort von MamaFlix am 22.07.2007, 8:25 Uhr

Hallo Johanna,

vielen, vielen Dank für Deinen ausführlichen Beitrag.

Kurz dazu, weil ich mich fürs NE interessieren: Meine Kinder sind meiner Meinung schon "erziehungsgeschädigt". Ich hatte die Möglichkeit an einem kostenlosen Triple P Seminar teilzunehmen und ich selbst und wahrscheinlich auch die Kinder sind genervt von diesem ständigen "Wenn Du dies/jenes tust oder nicht tust folgt.. Konsequenz oder Belohnung. Es hat sich bei uns wenig verbessert, im Gegenteil. Dazu muß ich sagen, daß mein großer Sohn behindert ist und von daher schon wenig schafft bzw. oft vermehrt erinnert und aufgefordert werden muß Dinge zu tun bzw. nicht zu tun.

Kurzum: Ich möchte einfach nicht ständig an meinen Kindern rummeckert und An-/Forderungen für Tun und Nichttun stellen.

Wie sieht daher NE in der Praxis aus z.B. an folgenden Beispielen:

Essen: Ich verlange nicht von meinem Kind das es zum essen kommt....? Und dann, jeder ißt wann er will ? Das wäre für mich jedoch nicht oder nur schlecht umsetzbar, weil ich gemeinsame Familienmahlzeiten für wichtig halte.

Einkaufen: Wenn ich meine Kinder beim Einkaufen machen lassen was sie wollen, endet das dann nicht in endlosen rumgerenne zwischen den Gängen und wahlosem Runterreisen und Anfassen von Sachen ??? Wäre für mich auch schlecht umsetzbar, da ich mich auch auf den Einkauf konzentrieren muß.

Zimmer aufräumen: Bei NE werden Kinder nicht angehalten aufzuräumen. Was für mich aber auch die Folge hat, das das Kizi nicht nur im Spielzeug sondern auch im Dreck erstickt, da auch nicht geputzt werden kann...

Mir würden noch mehr Beispiele einfallen...

Meine Kinder sind 4 und 7 Jahre alt...

Viele Grüße

Marion

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Re: Und wie ist das in der

Antwort von SusanneZ am 22.07.2007, 13:21 Uhr

Hallo MamaFlix,

ich bin nicht solelo, möchte dir aber trotzdem ein paar Anregungen geben - einfach weil deine Beispiele schon öfters hier besprochen wurden. Wenn du nicht magst, dann lies es nicht. (ich zitiere weil dann der Bezug eindeutig ist)

"Essen: Ich verlange nicht von meinem Kind das es zum essen kommt....? Und dann, jeder ißt wann er will ? Das wäre für mich jedoch nicht oder nur schlecht umsetzbar, weil ich gemeinsame Familienmahlzeiten für wichtig halte."

Schade, dass du von vornherein die Erwartung hast, dass deine Kinder sich am Familientisch nicht wohlfühlen. Diesen Eindruck hast du jetzt, weil es momentan ein Pflichtprogramm ist und sie um ihre Freiheit kämpfen. Gestalte doch das Essen so, dass alle Spaß daran haben (wo unterschiedliche Bedürfnisse aufeinandertreffen Kompromisse treffen - lass deine Kinder mitreden). Erstmal werden sie wahrscheinlich seperat essen, einfach auch um zu erfahren wie das ist und zum anderen um sicher zu sein, dass sie auch wirklich frei sind. Da musst du durch - das ist sozusagen der Ausgleich für dein bisheriges Pflichtprogramm, wo wahrscheinlich nur du (und dein Mann?)vom Willen her auf deine vollen Kosten gekommen bist. Bisher habe ich noch von niemanden gelesen, dass die Kinder die meiste Zeit nicht am gemeinsamen Essen teilnehmen, wenn sie das selbst entscheiden dürfen. Menschen sind soziale Wesen, die gern in Gemeinschaft leben - aber auch nur, wenn sie sich angenommen fühlen. Also, wie gesagt, dein Eindruck kommt daher, weil deine Kinder sich gegen deine Anweisungen/ Machtausübung wehren. Wenn sie sich frei fühlen, fällt dieser Punkt weg und der Kampf entfällt. Die wahren Bedürfnisse werden wieder wahrgenommen.

"Einkaufen: Wenn ich meine Kinder beim Einkaufen machen lassen was sie wollen, endet das dann nicht in endlosen rumgerenne zwischen den Gängen und wahlosem Runterreisen und Anfassen von Sachen ??? Wäre für mich auch schlecht umsetzbar, da ich mich auch auf den Einkauf konzentrieren muß."

Du vergisst die vielen Kompromisse, die man eingehen kann, um dahintersteckende Bedürfnisse anders zu befriedigen. Du kannst mit Ihnen Absprachen treffen (sofern das mit deinem behinderten Sohn möglich ist, notfalls musst du da mehr Abstriche machen oder Energie investieren, aber auch er profitiert davon als vollwertiger Mensch angenommen zu werden). Erkläre deinen Kindern ehrlich wieso du dies und jenes nicht zulassen willst/ kannst. Frage sie doch mal, wie sie sich vorstellen können, das einzuhalten. Vielleicht anschließend oder zuvor draußen toben. Vielleicht wollen sie sich beim Einkaufen beteiligen, einen eigenen Einkaufszettel haben oder gar nicht mit einkaufen kommen,... Beil letzterem müsste man eben einen Nachbarn, die Großeltern,...fragen, ob sie aufpassen können. Wie gesagt, Nichterziehen heißt NICHT, seine eigenen Grenzen von früh bis abends zurückzunehmen. Natürlich ist es immer sinnvoll sich zu hinterfragen, wieso man dies oder jenes nicht zulassen will. Gibt es überhaupt einen sinnvollen Grund oder wurde es nur anerzogen? Erwartest du, dass die meisten Menschen kein Verständnis für das Toben haben und dich dann als untaugliche Mutter abstempeln, weil du den Bewegungsdrang deiner Kinder nicht einschränken kannst? Dass sie dir mangelnde erzieherische Fähigkeiten unterstellen? Wenn das für dich dann klar ist, wieso du das nicht möchtest, kannst du es auch viel klarer deinen Kindern vermitteln oder du kommst eben zu dem Entschluss, dass es eigentlich keinen wichtigen Grund gibt, das zu unterbinden. Oder du kommst darauf, dass du es nur teilweise eingeschränkt willst, oder oder oder

"Zimmer aufräumen: Bei NE werden Kinder nicht angehalten aufzuräumen. Was für mich aber auch die Folge hat, das das Kizi nicht nur im Spielzeug sondern auch im Dreck erstickt, da auch nicht geputzt werden kann..."

Das stimmt so nicht. Sicherlich verdreckt kein NE-Kinderzimmer. Aber die Eltern bestehen halt nicht auf Biegen und Brechen darauf, dass SOFORT und OHNE WIDERREDE aufgeräumt wird. Dass das das Kind ALLEIN machen muss, da es ALT GENUG ist, weil es das LERNEN muss,... Und wenn es den Ansprachen der Eltern (nicht) folgt, dass dann eine positive (oder negative) KONSEQUENZ folgt.

Es wird einfach erklärt, weshalb aufräumen mal wieder wichtig wäre. Bspw. zu viel Staub, du kannst es nicht mehr sehen,... Und dann wirst du sehen, was deine Kinder davon halten. Vielleicht wollen sie dir auch was gutes tun und machen das deshalb sofort gern oder sie sind nicht so begeistert und ihr müsst Kompromisse schließen. Vielleicht räumen deine Kinder aber auch gern regelmäßig von selbst auf, weil es keine Pflicht mehr ist. Wenn der Freiheitskampf nicht mehr gekämpft werden muss, dann kann man sich den nachrangigeren Bedürfnissen widmen. Vielleicht gehört bei deinen Kindern da auch eine gewisse Ordnung dazu. Wenn nicht, dann kollidieren bei euch unterschiedliche Bedürfnisse/ Wünsche/ ... und dann muss ein Kompromiss her.

NE heißt nich Laissez-Faire, aber auch nicht "ich als Erwachsener habe das sagen und du hast zu machen". Es ist ein Leben in Gemeinschaft, in der alle als gleichwertig und -berechtigt anerkannt werden. Stell dir vielleicht mal die Frage: Was mache ich bei den oben genannten Beispielen, wenn ein sehr guter Freund/ Freundin anstelle meines Kindes wäre. Ich wäre traurig, dass sie nicht mit mir essen würde und würde das Gespräch suchen, warum sie nicht möchte und ob wir da was ändern könnten. Ich würde sie aber nicht zum Am-Tisch-Sitzen zwingen durch alle möglichen Konsequenzen, abgesehen davon, dass unsere Freundschaft/gute Beziehung dann mit Sicherheit passé wäre. Wenn sie in den Gängen toben würde, würde ich mir wahrscheinlich Gedanken machen, was mit ihr los ist (das entfällt natürlich auf diese Weise bei deinen Kindern, weil deren Bewegungsdrang noch viel größer ist). Wahrscheinlich wäre es mir peinlich und ich würde es vermeiden mit ihr Einkaufen zu gehen. Würde sie den Wunsch äußern mit mir einkaufen zu kommen, müssten auf jeden Fall Kompromisse her oder schlimmstenfalls eben: aber nur wenn du nicht durch die Gänge rennst, denn das kann ich nicht haben.

Zum letzten Beispiel kann ich jetzt leider nix mehr schreiben. Meine Waschmaschine ist fertig und mein Freund nervt, dass ich sie ausleeren soll.

Noch zum Schluss: Man kann alle Probleme auf menschlischer Basis lösen. Du brauchst dir eigentlich nicht so viele Gedanken über einzelne Probleme machen. Ich bin sicher, wenn du erstmal drin bist nichts von oben herab zu bestimmen, geht das schon.

LG

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Jetzt geht´s los hier........

Antwort von Bilube am 22.07.2007, 20:38 Uhr

Warum sucht ihr einen alternativen Begriff für Erziehung? All das was hier beschrieben wurde ist Erziehung!

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sag ich doch! o.T. Grüsse

Antwort von Bekky am 22.07.2007, 20:56 Uhr

o.T

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@bilube: den begriff erziehung

Antwort von pittiplatsch80 am 23.07.2007, 14:26 Uhr

haben die nes für sich selber definiert als alles,was bewußt das kind in eine richtung schubsen,manipulieren und formen soll.
also...erziehen von "ziehen"...

vorbild sein,werte vorleben und vor gefahren schützen sehen nes nicht als erziehung,sondern als selbstverständliches miteinanderleben an....

lies doch hier noch ein wenig,wird eigentlich öfter erklärt...


lg pitti

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