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Juul zum Thema Kita-ausbau etc.

Thema: Juul zum Thema Kita-ausbau etc.

http://bvnw.de/wp-content/uploads/2012/10/Jesper-Juul-Mischt-Euch-ein.pdf Huhu, da ich den Herrn Juul so gerne mag hier mal ein aktueller Bericht zum Thema Kita-Ausbau. Habe gerade keine Zeit für lange Diskussionen zum Thema wollte ihn aber nicht vorenthalten. Finde interessant, daß er als Skandinavier sein Land da keineswegs als Vorbild sieht sondern sich dafür einsetzt darauf hinzuweisen, daß Kleinkindbetreuung auch Verstaatlichung bedeuten kann, Druck arbeiten zu sollen/ müssen und primär der Wirtschaft dient. Er ist übrigens nicht gegen Kita-betreuung per se sondern sieht nur einfach diese suggerierte Verpflichtung durch den neuen gesetzlichen Anspruch als kritisch. Da ist er mir sehr nahe. LG

von cosma am 25.11.2012, 17:29



Antwort auf Beitrag von cosma

eine Zusammenfassung von dem Interview hab ich heute morgen mit sehr viel Genuss in unsrer Sonntagszeitung gelesen. Trifft genau meine Empfindungen zu dem Thema.

von Snaffers am 25.11.2012, 18:33



Antwort auf Beitrag von cosma

Sehr interessant. Auch wenn das wieder viele anders sehen werden. Hier vertreten die meisten die Meinung, dass die (frühe) Fremdbetreuung das Wichtigste überhaupt ist. Bleibt eine Mama drei Jahre mit ihrem Kind zu Hause gilt sie als arbeitsfaul!

von Missy27 am 26.11.2012, 16:29



Antwort auf Beitrag von Missy27

ja ich weiß, wusste ich aber schon ohne den Herrn Juul. Es ist dort doch anders, wie viele hier denken. Mein Göttergatte ist u.a. Däne und daher haben wir viele Freunde, Vewandte dort. Von denen habe ich schon erfahren, auch in Schweden, dass der Trend wieder in die andere Richtung geht. Passt mal auf, wenn wir komplett alles ausgebaut haben, ist es dort wieder "modern" die Kinder nicht vor dem 3. Geburtstag in die KiGa zu schicken. Und die Kinder werden auch nicht so früh eingeschult wie in D. Gruß maxikid

von Maxikid am 26.11.2012, 18:54



Antwort auf Beitrag von cosma

Letztlich ist doch die Fragestellung sowieso nur interessant für diejenigen, die es sich leisten können, jahrelang ohne Einkommen ganztägig Kinder zu betreuen.

von Pamo am 26.11.2012, 19:53



Antwort auf Beitrag von Pamo

Seh ich anders. Gerade bei dem Aufruf, sich dagegen zu wehren, geht es doch um die Eltern, die ansonsten zur frühen Fremdbetreuung aus ökonomischen Gründen gezwungen sind oder die zumindest so wenig verdienen, deren Arbeitsverhältnisse so unsicher sind etc. dass es zumindest mal schwer ist, sich zu entscheiden. Ein Kampf für die Möglichkeit, seine Kinder zuhause betreuen zu können ist meiner Meinung nach zu allererst ein Kampf für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Lohn/Gehalt.

von Tine1 am 28.11.2012, 11:23



Antwort auf Beitrag von Tine1

Dabei handelt es sich aber um wirtschaftliche Fragen, die nichts mit Pädagogik zu tun haben und die m.E. auch mit einem gesellschaftichen "Kampf" nicht gelöst werden können. Klar wäre es schön, wenn ich tun könnte was ich will. Aber es kann keinen gesamtgesellschaftlichen Anspruch darauf geben, dass andere mein "Hobby" Kindererziehung finanzieren. Oder dass ich für meinen Neigungsberuf soviel Geld bekomme, dass ich davon eine gesamte Familie ernähren kann.

von Pamo am 28.11.2012, 11:46



Antwort auf Beitrag von Tine1

... - siehe ihren letzten Satz! Meine das eher allgemein, Juul hab ich hierzu (noch) nicht gelesen, mich aber sonst durchaus mit dem Thema beschäftigt.

von MM am 28.11.2012, 20:34



Antwort auf Beitrag von Pamo

Das ist eine Frage der Sichtweise. Wenn man die Erziehung der eigenen Kinder und das Zusammensein mit ihnen zumindest in den ersten Lebensjahren nicht als "Hobby", sondern als etwas ganz Normales sieht, das zum Leben fast jedes Menschen dazugehört, dann stellt sich natürlich durchaus die Frage - wie gestalten wir die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse so, dass dies möglich wird? Das ist - überspitzt gesagt - ähnlich wie wenn man sagen würde, "normal" sei es, die Alten ins Heim zu stecken, und sie im Gegenteil bei sich wohnen zu lassen und zu Hause zu pflegen, sei "Luxus". Wenn das in einer Gesellschaft so ist bzw. gesehen wird, läuft doch etwas falsch... Oder? Natürlich ist das nicht dasselbe, aber der Masstab "institutionelle Kleinkinderbetreuung = normal, Kleinkinderbetreuung zu Hause = Hobby/Luxus" ist ja auch sehr willkürlich. Genauso gut könnte man sagen, dass es absurd ist, wenn eine Mutter eine andere, "fremde" (Tages-)Mutter dafür bezahlt, dass sie das tut, was eigentlich ihr eigener Job wäre... Wie gesagt - alles eine Frage der Perspektive. Nur zur Info, wie das in verschiedenen Ländern gehandhabt wird: Hier in Tschechien gibt es in den ersten drei Lebensjahren eine Sozialleistung, auf die jeweils der Elternteil (meist sind es immer noch die Mütter) einen Anspruch hat, der das Kind persönlich und ganztägig betreut. (Man kann sich auch abwechseln.) Dieser Zuschuss ist nicht hoch, kann jetzt keine gutbezahlte Arbeit ersetzen, aber gleicht durchaus in gewissem Masse den vorübergehenden Verdienstausfall des einen Elternteils aus - was ja auch Sinn und Zweck sein soll. Krippen gibt es auch, wobei sie noch immer ein eher schlechtes Image von "früher" (vor 1989) haben, was sich nur langsam ändert. Es gibt zunehmend (private oder Betriebs-)Kindergärten, die auch Kinder unter 3 Jahren aufnehmen, aber es ist nicht so, dass da jetzt eine Massennachfrage wäre... So etwas wie Tagesmütter gibt es bsiher nur inoffiziell.

von MM am 28.11.2012, 20:47



Antwort auf Beitrag von Pamo

Alles hat mit allem zu tun, weil sich alles gegenseitig beeinflusst. Wirtschaft hat mit Politik sehr viel zu tun, und Politik mit Pädagogik. Und wirtschaftliche Fragen werden immer in Kämpfen gelöst. Ob das eine Diskussion von Gewerkschaftsvertretern mit Unternehmern ist oder ob es eine blutige Revolution ist, oder irgendwas dazwischen... wie sonst sollte man denn wirtschaftliche Fragen lösen? Der 8-Stunden Tag ist ja kein Naturgesetz... Und Kindererziehung ist kein Hobby (das vielleicht auch) sondern eine gesellschaftliche und auch wirtschaftliche Notwendigkeit. Die Betreuung in Kindergärten und Krippen wird ja in dem Sinne auch von anderen finanziert, eben aus Steuergeldern. Ist ja auch vollkommen richtig so, nur so zum Thema dass andere für die Erziehung deiner Kinder zahlen. Nun, dass man eine Familie von seinem Arbeitslohn ernähren kann, sollte schon eine Selbstverständlichkeit sein. Egal ob es sich um den "Neigungsberuf" handelt oder nicht. Ist es aber leider nicht. Im übrigen denke ich, dass sehr viele Menschen gerade in den unteren Lohngruppen nicht unbedingt ihren "Neigungsberuf" gefunden haben sondern einfach hart arbeiten um irgendwie überleben zu können. Und außerdem geht es ja nicht nur um die Höhe des Lohns sondern auch um die immer prekärer werdenden Arbeitsverhältnisse überhaupt. An denen wird sich aber ohne Kampf nichts ändern. Klassenkampf von oben findet immer statt. Kann man sich gefallen lassen bis alles noch viel schlimmer wird oder aber zurück kämpfen.

von Tine1 am 28.11.2012, 20:48



Antwort auf Beitrag von MM

Hobby meine ich in dem Sinne dass es uns in aller Regel freisteht Kinder zu bekommen oder auch nicht, wie die meisten anderen Entscheidungen in unserem Leben auch. Und die Frage, ob die "Alten" ins Heim kommen oder nicht, ist in der Regel von wirtschaftlichen Entscheidungen und/oder persönlichen Prioritäten geprägt. Wer bspw. keine Familie hat, die ihn im Alter pflegen kann oder will, der wird im hohen Alter keine Wahl als Heim haben. Und hat noch Glück, dass es Altenheime die er in Anspruch nehmen kann auch ohne nennenswerte Alterssicherung. Selbstverständlich ist das nicht, ich kenne im Ausland alte Menschen die ohne Hilfe dahin vegetieren, weil sie sich keine Hilfe leisten können. Ich finde es fabelhaft, dass es in Deutschland staatlich subventionierte Kitas gibt, dies gibt mehr Menschen eine Wahl. In meinem persönlichen Fall war es bswp so, dass es im Ausland keine staatlich subventionierten Kitas für Menschen über dem Existenzminimum gab, ich habe den vollen gewinnbringenden Preis bezahlt und dementsprechend u.a. dafür ganztags gearbeitet. Und beklage dies auch nicht. Von daher ist m.E. die Diskussion nur für diejenigen interessant, die es sich aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse leisten können eine Alternative zu erwägen.

von Pamo am 29.11.2012, 09:21



Antwort auf Beitrag von Tine1

Tine, wie stellst du dir diesen Kampf vor? Meinst du damit vielleicht, dass diejenigen die mehr Kinder haben, bei geringerer Qualifikation und Verantwortung mehr verdienen sollten als die diejenigen mit weniger oder gar keinen Kindern?

von Pamo am 29.11.2012, 09:23



Antwort auf Beitrag von Pamo

Hmm, zu dem Kampf hatte ich ja bereits geschrieben. Dass Kämpfe immer stattfinden, von AG-Seite aus sowiso und dass die AN-Seite eben dagegenhalten muss. Sonst sind bald die letzten Errungenschaften, die Generationen vor uns erkämpft haben, hinüber. Wie ich mir die Kämpfe vorstelle? Ich denke, da gibt es historisch betrachtet eine vielzahl an Möglichkeiten. Kommt immer auf die realen Lebensbedingungen einer Zeit an. Organisieren, solidarisieren, diskutieren, informieren, Gegenöffentlichkeit herstellen, demostrieren, streiken, boykottieren und barrikadieren, besetzen. Sämtliche Formen aktiven und passiven Widerstands.

von Tine1 am 29.11.2012, 09:56



Antwort auf Beitrag von Pamo

... dass es z.B. hier in Tschechien diesen "Elternzuschuss" gibt, der hilft, dass man es sich eben doch leisten kann! Denn die allermeisten Familien hier könnten diesen Verdienstausfalls eines Elternteils eben sonst nicht verkraften. Mit dieser Sozialleistung geht es aber eben doch und so können auch sie ihre Kinder zu Hause betreuen. Was ich grundsätzlich gut finde. Möglichkeiten der "Fremdbetreuung" muss es natürlich auch geben, klar. Aber als Möglichkeit, nicht als (latenten) Zwang! P.S. Krippen, private und Betriebs-KiTAs für Kinder unter 3 werden hier eher von denen genutzt, die einen sehr lukrativen Job haben, der sich auch dann noch für sie "lohnt", wenn sie die nicht ganz geringe KiTA-Gebühr zahlen.

von MM am 29.11.2012, 14:52



Antwort auf Beitrag von cosma

Danke für den Link! Da kann ich Jesper Juul wieder einmal nur zustimmen!!

von rabarbera am 26.11.2012, 23:26



Antwort auf Beitrag von cosma

Sehr interessant zum Lesen. @Maxikid: In welchem Teil von DK wohnt ihr denn? Bei uns ( Sønderjylland) kommen die Kinder mit ca. 6 in die 0. Klasse und haben das Abitur ein Jahr früher als in DE (man kan die 10. dann ja überspringen) LG

Mitglied inaktiv - 27.11.2012, 13:28



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Hallo, bei uns kommen viele schon vor ihren 6. Geburtag in die 1. Klasse. O. Klasse (hier Vorschulklasse) und 6 ist doch prima. Unsere Verwandschaft wohnt am Limfjord, Kopenhagen, Sonderborg und Silkeborg. Ich gehe doch mal davon aus, dass ich ihren Aussagen vertrauen kann. Wenn nicht....verziehe ich mich ganz schnell mit meiner Antwort. Gruß maxikid

von Maxikid am 27.11.2012, 18:50



Antwort auf Beitrag von cosma

Da Pamos Beitrag etwas unterging, möchte ich das hier nochmal betonen: Das Arbeiten beider Elternteile und damit auch der Kita-Ausbau hat sehr sehr häufig finanzielle Gründe und DAS wird sich in Zukunft für viele (für einige natürlich nicht) verschärfen.

von Timbi am 28.11.2012, 07:56



Antwort auf Beitrag von Timbi

Um so wichtiger ist es aber doch, GERADE für die Eltern, die es sich finanziell nicht leisten können, ihre Kinder in den ersten 3 Jahren selber zu betreuen, sich dafür einzusetzen, dass qualitativ hochwertige Betreuungsmöglichkeiten für unter 3jährige geschaffen werden, die den Entwicklungsstand, die Individualität, usw. der Kinder berücksichtigen!!! Es kann doch nicht sein, dass beim Krippenausbau nur auf Quantität und nicht auf Qualität geachtet wird?! Genau das bemängelt auch Juul. Meiner Erfahrung nach machen sich viele Eltern einfach zu wenig Gedanken um die Qualität der frühen Fremdbetreuung, der sie ihre Kinder aussetzen! - Stattdessen lassen sie sich von Politikern, die natürlich in erster Linie wirtschaftliche Interessen haben und von frühkindlicher Entwicklung herzlich wenig Ahnung, einreden, dass Krippenbetreuung generell besser für ein Kind sei als die Betreuung zu Hause - was in meinen Augen völliger Nonsens ist! Insofern finde ich schon, dass die Fragestellung auch und GERADE für Eltern interessant ist, die frühe Fremdbetreuung aus finanziellen Gründen in Anspruch nehmen MÜSSEN!

von rabarbera am 28.11.2012, 23:51



Antwort auf Beitrag von rabarbera

Ganz genau.

von Tine1 am 29.11.2012, 07:20



Antwort auf Beitrag von rabarbera

... - und ausserdem gibt es ja Möglichkeiten, den "kinderbetreuungsbedingten befristete Verdienstausfall" zumindest etwas zu kompensieren - siehe was ich oben zu Tschechien schrieb (und das ist nun kein reiches Land, die allermeisten Familien brauchen beide Gehälter, udm langfristig über die Runden zu kommen)...

von MM am 29.11.2012, 14:45