Kinderwunsch nach Fehlgeburt

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von Lunaline  am 22.08.2023, 8:41 Uhr

Zu viele Fragen und Probleme? Selbstzweifel..

Hallo,
ich habe lange einfach nur das Forum durchstöbert und mich endlich dazu entschieden mich anzumelden und mein Leiden nieder zu schreiben.
Ich will nicht nerven, ihr müsst auch nicht reagieren. Ich brauche einfach nur einen Raum unter fremden Menschen, wo ich anonym mein Leid ein wenig von der Seele schreiben kann.
Wir hatten letztes Jahr in der 11. SSW leider eine Fehlgeburt, dieses Jahr im Mai musste ich auf Grund einer unerkannen Eileiterschwangerschaft einen Eileiter genommen bekommen.. (Lange Story, die das Vertrauen in ein Krankenhaus und einen FA ziemlich zerstört haben)

Problembeschreibung
Ich fühle mich unglaublich unwohl in meinem Körper, die Narben, die ich jeden Tag sehen muss treiben mir fast täglich die Tränen in die Augen. Nun bin ich Mitte zwanzig und mir fehlt sogar ein Eileiter. Es kommt mir vor als wäre ich unvollständig, nicht mehr komplett und einfach weniger Frau. Ich habe so mit mir zu Kämpfen, dass mein Mann mich teilweise nicht einmal mehr berühren durfte. Daher taten mir drei Monate GV verbot (wegen der OP) ganz gut. Ihm natürlich nicht. Es tat ihm weh mich so zu sehen. Doch er akzeptierte meine Grenzen und half mir aus dem Loch wieder heraus. Ich kämpfe immernoch damit mich so zu akzeptieren, aber ich sehe positiver und kann auch Berührungen wieder genießen.
Theoretisch dürften wir seit letztem Monat unser Glück neu versuchen. Aber was soll ich tun?
Der Wunsch ist groß, die Verzweifelung und die Angst auch. Mein Mann wollte erst ein halbes Jahr abwarten um das Ganze ebenfalls zu verdauen. Ich hatte mir extra einen späteren Tattootermin genommen um diese Zeit einzuhalten, da ich nicht wusste ob ich so lange warten konnte/wollte. Warum ein Tatoo? Um die beiden Verluste zu verarbeiten und stolz darauf zu sein unsere beiden Sternchen im Herzen zu tragen. Nun hat mein Mann den Wunsch geäußert, dass er doch schon früher beginnen wollte. Seine Entschlossenheit und die Kraft die er mir gibt, halfen die Ängste zu verdrängen und mich förmlich mit Glücksgefühlen zu überschwämmen. Zwischen Angst, Hoffnung, Vorfreude, Trauer und weiteren Emotionen haben wir uns geeinigt, die Verhütung wieder weg zu lassen. Ich bin ja eh nur noch hakb funktionsfähig.

Problem:
Durch die ganzen Gefühle habe ich natürlich meinen Termin verdrängt. Ich bin mir unsicher wegen des Tattos. Es wird meine innerlichen Wunden heilen, mir Kraft geben und vor allem Hoffnung. Natürlich weiß ich aber nicht ob der erste Versuch geklappt hat, woher auch?! Innerlich empfinde ich es als mehr wie unwahrscheinlich, gerade weil ich unvollständig bin (Ja... das schafft mich echt), aber was wenn es doch so ist? Der Termin wäre eine Woche bevor ich überhaupt meine Periode bekommen würde. Also noch bevor ich testen könnte. Da sollte doch theoretisch nichts passieren, oder? Ist das grob fahrlässig ihn dennoch wahrzunehmen?
Es ist nicht mein erstes Tattoo, wird am Unterarm gestochen und bekommt keine Farbe. Nichts Großes, in ca 2 Stunden sollte das schon gestochen sein.

Problem 2:
Irgendwie wird gerade jeder Schwanger. Ich habe drei Menschen im unmittelbaren Bekantenkreis, zwei davon sind jetzt soweit, wie ich wäre, wäre es keine ELS gewesen. Eine ist meine beste Freundin, die jetzt im zweiten Monat ist. Wie kann ich ihr weiter eine gute Freundin sein, obwohl es mir weh tut? Ich gönne es ihr von ganzem Herzen!! Aber da ist noch so viel mehr, wie Trauer, Neid, Wut, Angst, etc.
Sie weiß Bescheid und hatte selbst schon eine Fehlgeburt. Danach kam eine wundervolle Tochter und jetzt das zweite Kind. Und sie versteht auch, wenn ich mal Abstand brauche. Trotzdem möchte ich für sie da sein.. wie kann man das miteinander vereinbaren?
Und wie kann ich mit anderen Schwangeren umgehen, die nicht meine BF sind und die ich innerlich für ihr Glück hasse? Ich gönne es ihnen einfach nicht und wünschte sie würden sich in Luft auflösen. Klingt echt gemein und mies, aber ich kann die Gefühle die in mir hoch kommen nicht verdrängen. Daher meide ich Plätze mit Schwangeren oder frisch geborenen Kindern. Vor allem die, die soweit wären wie wir..

Problem 3:
Wie komme ich mit mir selbst wieder ins Reine? Wie kann ich lernen meinem Körper wieder zu vertrauen? Zu wissen, dass er weiß was er tut?

Und nein, ich möchte nicht weiter mit meiner Familie darüber reden. Es soll sich nicht immer bei den Gesprächen alles um "mich und meine Probleme" drehen. Ich will meine Familie nich voll heulen, nur weil ich ein Problem mit zwei sichtbaren Narben habe.. Eine Therapie schließe ich aus.. Gefühle vor anderen zu zeigen fällt mir schwer und ich vertraue Menschen kaum, vor allem keinen die Menschen lesen und analysieren können, das stresst mich ungemein.

So viel Text.. noch mehr innere Konflikte.

Danke an die, die es sich durchgelesen haben. Es tut gut, es mal so offen und ehrlich niederzuschreiben.

Grüße Lunaline

 
4 Antworten:

Re: Zu viele Fragen und Probleme? Selbstzweifel..

Antwort von Chrysopteron am 22.08.2023, 18:47 Uhr

Alsooooooo.
Bin jetzt kein Tattoo-Mensch, aber Problem 1 kapiere ich nicht. Ruf halt an und bitte darum, den Termin um zehn Tage zu verschieben. Dann weißt du, ob du deine Tage gekriegt hast. Wenn ja, gehst du hin, wenn nicht, machst du einen Test. Und dann weißt du Bescheid, weil er überfällig ja anschlagen muss. Ist doch easy

Tendenziell glaube ich, Du könntest es auch frühschwanger machen lassen. Aber da bräuchte es dann ein bisschen Selbstvertrauen. Schiefgehen kann bei einer Schwangerschaft immer was und so labil, wie du dich darstellst, liefest du im Zweifelsfall Gefahr, dass du dich ewig fragst, ob die Tätowiererei „Schuld“ hatte und dann hast du den Salat. Würde ich daher eher nicht machen. Es sei denn, du bist gefestigter, als es den Anschein hat.

Problem 2 finde ich in Ansätzen nachvollziehbar. Meine Tochter ist mit drei Wochen an Trisomie 13 verstorben. Auch ich werde wehmütig und etwas traurig, wenn ich die beiden gleichaltrigen Kinder meiner Freundinnen sehe und im Arm halte. Aber da lag für mich auch der Schlüssel: Konfrontationstherapie. Und sich selbst nicht überfordern. Du darfst traurig sein, dass dein Kind nie geboren wurde. Und auch wütend darüber. Aber je mehr man in den Kontakt geht, umso mehr „übt“ man die Situation und - wie bei Angstzuständen - lernt, damit umzugehen. Bei den engen Freundinnen. Bei Fremden kannst du ja weiterhin erstmal einen Bogen machen, bis du soweit bist. Das kommt!

Deinen Körper kriegst du vermutlich am besten in den Griff, indem du ihn voll erlebst. Mal sowas wie Bouldern ausprobieren und spüren, wie dein Körper dich trägt und dass du ihm vertrauen kannst. Oder eine andere neue Sportart/Fähigkeit erlernen.
Yoga kann auch sehr zentrieren - und ist eine super Vorbereitung auf eine eventuelle weitere Schwangerschaft.

Dass du eine Therapie ausschließt, halte ich offen gesagt für unklug. Ich habe den Verlust unseres Kindes recht gut verkraftet, habe ich den Eindruck - und viel davon ist meiner ausgezeichneten Therapeutin zu verdanken.
Dass du keine Gefühle zeigen kannst und anderen nicht vertraust, ist für mich zehnmal mehr ein Grund, das anzugehen. Ist für mich der Knackpunkt deiner Problemlage, aus der „Küche“ heraus betrachtet.

Und: Wenn du dir wirklich ein Kind wünschst, solltest du das unbedingt vorher angehen! Es ist einem kleinen Wesen, für das mit dir die Sonne auf- und untergeht in den ersten entscheidenden Jahren seines Lebens, absolut nicht fair gegenüber, nicht wenigstens zu versuchen eine emotional kompetente Mutter zu werden. Dein Kind lernt am meisten durch Vorbild Sozialverhalten, Kommunikation, Selbstvertrauen. Und da geht bei dir mehr!

Gib dir die Chance, gib deinem ungeborenen Kind und deinem armen Kerl die Chance - und dir einen Ruck!

Erstgespräche übernimmt jede Kasse, alles weitere regelt der/die Therapeutin.

Alles Gute für die Zukunft
wünscht Chrys

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Re: Zu viele Fragen und Probleme? Selbstzweifel..

Antwort von Strickmami am 22.08.2023, 19:59 Uhr

Hallo,
Es tut mir sehr leid für dich, fühle dich gedrückt.
Du bist komplett, auch wenn es sich gerade nicht so anfühlt. Und du bist als Person nicht weniger wert mit einem Eileiter als mit zwei. Das zu wissen und das zu fühlen sind zwei unterschiedliche Sachen, aber trotzdem, es ist wichtig dass du es dir selber sagst.
Und was ich auch wichtig finde: du darfst alles fühlen was du fühlst. Auch die negativen Gefühle haben ihre Berechtigung.
Das mit den Termin für Tattoo sehe ich nicht als Problem und vielleicht hilft es dir alles zu verarbeiten. Und bitte gib dir Zeit alles zu verarbeiten bevor ihr wieder loslegt. Ich weiß, es ist nicht einfach, aber es hilft doch mit den Ängsten besser umzugehen wenn der Schmerz nicht so frisch ist.
Wegen Narben: wenn du die nicht sehen kannst, kann man vielleicht auch drüber Tattoo stechen wenn du sowas magst?
Bitte denk noch mal über Therapie nach. Wenn es gar nicht in Frage kommt: wie wäre Tagebuch oder so was? Meine persönliche Meinung: die Gefühle müssen raus. Wenn du nucht darüber reden willst, schreib es auf. Hier im Forum oder um Tagebuch, egal. Aber die Trauer, die Wut, der Schmerz... Das muss raus finde ich.
Was passiert ist, ist nicht deine Schuld und du bist nicht weniger wert deswegen!

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Re: Zu viele Fragen und Probleme? Selbstzweifel..

Antwort von Lunaline am 23.08.2023, 7:35 Uhr

Guten Morgen,
danke für eure ehrlichen Antworten. Und mein Beileid für die Verluste die auch ihr erlitten habt.

Das mit dem Tattoo, wird meinen Verlust "verarbeiten", da bin ich mir sehr sicher, weshalb ich nicht warten wollte. Im Internet sind leider auch sehr viele Theorien zu finden, was passieren könnte. Von "Nichts" zu "Alles". Der nächste Termin wäre leider erst im nächsten Jahr. Mir hat so ein kleines Bildchen auf der Haut schon einmal geholfen. Es gab mir das Gefühl denjenigen immernoch bei mir zu haben, die schöne Zeit nicht zu vergessen und mich zu erinnern.

Meine beste Freundin sehe ich zwischendurch. Für sie will ich da sein, bin ihr aber auch ehrlich gegenüber, wenn ich mich an einem Tag nicht gut genug dazu fühle. Aber wir schreiben sehr oft und sie erzählt mir auch von ihren FA Terminen, wenn ich sie darum bitte. Es tut gut zu hören, dass auch das wie eine Therapie wirkt. Ich versuche immer etwas freudiger zu sein, wenn wir uns treffen, denn es freut mich ja auch.

Einen neuen Sport habe ich bereits begonnen. Ich habe mit Jogging gestartet. Da wir einen Hund haben, bin ich auch so viel mit ihm unterwegs und kann auch dabei tatsächlich meine Sorgen vergessen. Da zählt nur mein Hund, die gemeinsame Aktivität und der Spaß den wir dabei haben. Erst wenn Ruhe einkehrt oder Jemand das "Wann wollt ihr denn mal Kinder? Ihr seid doch mittlerweile verheiratet! Man wird nicht Jünger! Macht doch einfach ein neues"-Thema anspricht.

Ich war schon einmal bei einem Therapeuten, wegen eines vorherigen sehr großen Verlustes (Es ging dabei "nur" um einen Hund) und fühlte mich nicht ernstgenommen. Sowie auch von Arbeitskollegen, die nicht verstanden warum ich "krank" geschrieben war und teilweise sogar von der Familie. Dabei war das der erste große Verlust der mir wirklich den Boden unter den Füßen zog.
Auch als ich das Thema der Fehlgeburt und der Eileiterschwangerschaft angesprochen hatte, gab es unterschiedliche Meinungen. Einigen ging ich damit auf den Keks, andere wechselten sofort das Thema und wieder andere hörten mir zu.
Das macht es noch schwerer die Gefühle anderen zu zeigen, wenn man sich bei vertrauten Personen schon dumme Sprüche anhören muss. Das erste mal hörten sie mir zu und es tat gut den Druck abzubauen. Als ich dann nicht nur die Haupttrauer um die, liebevoll genannten, Pünktchen ansprach, änderten sich die Meinungen. Also tat ich so als wäre ich drüber hinweg um mir nicht noch die Sprüche als Balast aufzuladen.

Dennoch habe ich mir euren Rat zu Herzen genommen und mich gestern Nacht noch einmal mit meinem Mann zusammen gesetzt, ihm meine Gefühle erzählt. Und er meinte auch, dass ich ihn damit nicht nerve, was ja meine Bedenken waren. Jetzt will er für mich einen Termin beim Therapeuten machen und mit mir gemeinsam hin gehen. Eine große Erleichterung! Er will sich auch den Joggingrunden anschließen und wir wollen gemeinsam ein neues Hobby beginnen, sowie bald in Urlaub fahren um wieder einen freien Kopf zu bekommen.
Auch der erste Text hatte sich angefühlt wie eine Befreiung und für meine negativen Gedanken nicht verurteilt zu werden war ein Segen. Danke!
Ich werde heute Mittag auch meine Tattowiererin anrufen und nachfragen.

Die Naben werde ich mir überstechen lassen, wenn der Kinderwunsch abgeschlossen ist. Meine Sorge vor einer erneuten Eileiterschwangerschaft sind zu groß, abwohl der "befallene" Eileiter ja weg ist.

Nochmal Danke für euren "Popo-Tritt", die Verständnis, das Zuhören und die Zeit! Ich bin euch unendlich dankbar!

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Update

Antwort von Lunaline am 05.09.2023, 8:26 Uhr

Einen Psychologen Termin haben wir leider erst in einem Jahr bekommen.. vorher hatte keiner Zeit.
Ich habe mich bei einem Hilfe Telefon gemeldet. Die erste Zeit nahm die gute Frau meine schweigenden Tränen an, ließ mich einfach mit meine Trauer in Ruhe und wartete ab bis ich mich bereit fühlte zu reden.
Sie war sehr aufgeschlossen, hilfsbereit und einfühlsam. Es hat mir unglaublich gut getan und geholfen.
Als ich ein zweites mal hin anrief, ging Jemand anders ran und das tat ebenfalls sehr gut.

Danke für den Ratschlag. Mir fällt der Alltag und der Umgang mit Schwangeren wieder etwas leichter. Reden hat eine ganz schöne Macht!

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