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Geschrieben von KleinerStern102 am 30.07.2023, 12:52 Uhr

Wutanfall Kleinkind (2)

Hallo erstmal an alle !

Ich habe eine Frage bezüglich der Wutanfälle von kleinkindern in der autonomiephase...
Meine Tochter ist zwei Jahre alt und steckt nun schon seit gut Anfang des ersten Lebensjahres in der autonomiephase..
Sie ist kognitiv und motorisch bereits sehr weit entwickelt (so die kinderärztin) und ein sehr aufgewecktes und forderndes Kind.
Wir machen wirklich alles mit ihr um sie auszupowern, spielen , Ausflüge, spazieren etc. Um ihr möglichst viel Platz für ihre Energie zu geben..

Ihr trotz wird zur Zeit immer "schlimmer" und hören ist einfach überhaupt nicht drin. Entweder werden wir komplett ignoriert oder sie dreht bei jeder Kleinigkeit komplett durch..
Wir versuchen wirklich alles um sie möglichst ohne Eskalation zu beruhigen und ihr zu erklären das manche Dinge nicht gehen..
Sie haut , beißt , kratzt und spuckt bei jeder Gelegenheit..
Wir reden mit ihr , versuchen ihr kurz und knapp zu erklären das es wirklich weh tut , oder das manche Dinge gefährlich sind , und sie dreht weiter auf.. nimmt es gar nicht für voll..
Also haben wir irgendwann auch geschimpft..was auch nicht geholfen hat oder hilft.. auch eine "auszeit" ist nicht möglich. Ich setze sie z.b auf ihre Spielmatte, bleibe in Sichtweite und sage ihr das sie dort jetzt bitte bleiben soll bis sie sich beruhigt hat. Aber auch das hilft nicht, sie läuft uns wutentbrannt oder schreiend nach und versucht es wieder..
Also haben wir nun gesagt wenn es nicht klappt muss sie eben in ihr zimmer (und wir bleiben in der nähe ) aber auch hier - kein erfolg, sie rennt uns nach und macht weiter. Sie wird richtig aggressiv, schreit und krächzt schon fast , weint und dreht teilweise komplett durch. Ich weiß nicht ob es blanke Wut/ Frustration ist oder auch Angst..
Da sie nirgendwo bleibt und anders nicht hören möchte, weiß ich keinen Ausweg mehr . Sie hat auch kein gitterbett mehr wo man sie hinein setzen könnte und Türen abschließen möchte ich nicht, weil ich ihr keine Angst oder Panik machen will..
Vielleicht kennt es noch jemand und hat einen guten Rat wie wir sie endlich davon überzeugen können auch mal auf das einzugehen was wir sagen und gewisse Dinge einfach zu unterlassen.. wir sind wirklich am Ende mit den Nerven und wissen nicht Woran es liegt..

Vielen Dank schonmal !:(

 
5 Antworten:

Re: Wutanfall Kleinkind (2)

Antwort von Fleurdelys am 30.07.2023, 15:24 Uhr

Hallo,
ich habe keins von den hier oft empfohlenen Büchern gelesen (ich selbst habe z.B. „Achtsame Kommunikation mit Kindern“ von Dan Siegel und Tina Bryson gelesen), aber vielleicht hilft es, euch über die kognitive Entwicklung etwas zu informieren und was genau bei so kleinen Kindern im Gehirn passiert (oder eben auch noch nicht passiert). Das ist übrigens kein Vorwurf, denn sowas kann man nicht wissen, wenn man nicht gezielt nach Informationen sucht und die traditionellen Erziehungsmethoden laufen doch etwas dagegen.
Ganz kurz gefasst: Sie ist momentan noch nicht in der Lage, ihre Impulse zu kontrollieren und braucht noch sehr viel Co-Regulation durch euch Eltern. Wenn gerade ein Wutanfall im Gange ist, bringt reden nichts, da das Gehirn im absoluten Ausnahmezustand ist (das was man unter Kampf/Flucht/Erstarren kennt). Sie alleine zu lassen kann das Verhalten verstärken.

Gerade bei sehr temperamentvollen Kindern ist es unheimlich schwer, aber eigentlich das Einzige was man tun kann, ist selbst ruhig zu bleiben und in der Nähe zu sein, dabei Verständnis signalisieren. Manchen hilft auch Körperkontakt. Und irgendwann geht der Sturm vorüber. Wenn nicht, kann man auch einen Ortswechsel ausprobieren, kurz rausgehen oder in ein anderes Zimmer.
Aber wie du weißt: Es ist nur eine Phase, und es wird besser! Je mehr Co-Regulation Kinder erfahren, desto besser können sie sich irgendwann selbst regulieren, aber das ist ein Prozess, der Zeit braucht.

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Re: Wutanfall Kleinkind (2)

Antwort von Ruto am 30.07.2023, 20:16 Uhr

Kann dem inhaltlich nichts hinzufügen, weil gut zusammengefasst.

Vielleicht als Randinfo: Auszeiten wendet man nicht Mal mehr in der (professionellen) Arbeit mit Jugendlichen an, bei Kleinkindern haben solche Methoden erst Recht nichts mehr verloren. Von paar Versuchen hat euer Kind aber sicher keinen Schaden genommen, nehmt das also nicht als Vorwurf.

Oftmals gibt es in Familienzentren vor Ort Vorträge von Fachpersonen zu Erziehungsthemen (unter Stichwörtern wie Autonomiephase, Grenzen setzen, etc). Das kann auch eine Alternative zu einem Buch sein, gerade wenn man eh gefühlt keine Zeit und keine Nerven mehr übrig hat.

Bei Wutanfällen ruhig zu bleiben, ist auch echt eine Herausforderung. Bei unserer Tochter (die damit auch super früh dran war, aber kein Wunder, hatte auch als Baby Schwierigkeiten mit der Regulation) wurde es aber immer besser. Gebt nicht nach (in Bezug auf das, was den Wutanfall ausgelöst hat), bleibt aber beim Kind und in Kontakt.
Was Beißen und Co angeht: Das lernen Kleinkinder nur mit der beständigen Wiederholung. Klare Worte, falls möglich Alternativen vorschlagen/zeigen (meine Tochter hat zum Beispiel Kinder u.a dann geschubst, wenn sie ihnen was zeigen wollte - sie musste erst gezeigt bekommen, dass man sie besser an die Hand nimmt oder später mit Worten fragt, ob sie mit wollen, etc ).

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Re: Wutanfall Kleinkind (2)

Antwort von Lillimax am 01.08.2023, 9:29 Uhr

Hallo,

du hast vielleicht zu hohe Erwartungen an die Selbstkontrolle eines Kleinkindes. Ein Kind in diesem Alter kann sein eigenes Verhalten noch nicht steuern. Sein Verhalten passiert ihm einfach. Das heißt: Du kannst „erklären“ so viel du willst, du kannst Konsequenzen folgen lassen - all das hat eine Null-Wirkung, wie du ja selbst schon gemerkt hast. Ich habe das früher auch nicht gewusst und habe dieselben Dinge probiert wie du.

Natürlich gibt es Zweijährige, die „braver“ und ruhiger sind. Aber das ist eine Typfrage. Kinder mit starken Impulsen, so wie deine Tochter, sind für Eltern irre anstrengend. Und leider sind deren Eltern dadurch auch weniger geduldig, sondern genervter, lauter und aggressiver, ohne dass sie das wollen. Impulsive Kinder mit wenig Frustrations-Toleranz kriegen ihre Eltern ran, ums mal so auszudrücken. Aber sie können nichts dafür. Forscher glauben, dass die geringe Frustrationstoleranz mancher Kinder genetisch bedingt ist.

Mir halfen damals zwei Dinge: Zum einen habe ich ein, zwei Bücher über kleinkindliche Entwicklung gelesen, um besser zu verstehen, warum meine Kinder sich so verhalten mussten (!), wie sie das taten. Das ist wichtiger, weil man dann weniger wütend ist. Das eine Buch war Ursula Neumann: Wenn die Kinder klein sind, gibt ihnen Wurzeln, wenn sie groß sind, gib ihnen Flügel.“ Das zweite war Jesper Juul: „Dein kompetentes Kind“, das genau dieses „Trotzalter“ behandelt. Beide waren eine Riesen-Entlastung und haben im Alltag vieles verändert.

Das Zweite war, dass wir mal lange mit einer Kinderpsychologin gesprochen haben (Erziehungsberatung). Sie hat erklärt, wie man solche impulsive Kinder besser erreicht als mit „Konsequenzen“ oder Schimpfen oder ellenlangen Erklärungen, die es nicht aufnehmen kann. Sie sagte, das Wichtigste sei aber, dass Eltern sich bei der Erziehungsberatung einfach mal aussprechen können, weil das so entlastet. Denn viele Eltern denken, sie machen etwas falsch, wenn ihr Kind so ausrastet. Aber das stimmt nicht.

Ich kann dir und deinem Partner sehr raten, das ebenfalls mal zu machen. Denn die Wahrheit ist, dass Eltern sehr impulsiver Eltern gute Eltern sein wollen, es aber irgendwann nicht mehr sein können, weil das Kind sie an ihre Grenzen bringt. Und wenn man merkt (wie du jetzt), dass die Stimmung kippt, ist es höchste Zeit, sich mal beraten zu lassen. Kostenlose Erziehungsberatung bieten Caritas, Diakonie, Kinderschutzbund und weitere gemeinnützige Einrichtungen an.

Da ist nix dabei, es ist genau für solche Situationen gedacht. Außenstehende sehen den eigenen Alltag mal mit neuem Blick und können einem oft erstaunlich gut den Knackpunkt nennen und alltagstaugliche Tipps geben, die wirklich funktionieren.

LG

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Re: Wutanfall Kleinkind (2)

Antwort von Moneyhuhn am 02.08.2023, 16:14 Uhr

Ich schließe mich an und empfehle noch das Buch "Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn".
Hier wird gut erklärt ab wann man was von seinem Kind erwarten kann, wie man Wutanfälle begleiten kann und warum diese auch ganz wuchtig in der Entwicklung der Kinder sind und wie manche Eskalationen auch vermieden werden können.
Es ist wirklich sehr praxisnah.

Mir hat es wahnsinnig geholfen viel ruhiger zu bleiben und adäquat auf mein Kind einzugehen.
Auch wenn ich das natürlich nicht immer schaffe.

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Re: Wutanfall Kleinkind (2)

Antwort von auf der Reise am 04.08.2023, 23:21 Uhr

Es wurde schon so viel Gutes hier geschrieben.

Nur noch zwei Gedanken: Du schreibst erstmal nur darüber, daß Ihr erklärt und Grenzen setzt usw. Vielleicht hast Du's nur weggelassen, jedenfalls ganz wichtig fürs Kind ist ja, ihm auch zu spiegeln, was es fühlt oder will. Also nicht nur: "Du darfst das jetzt nicht machen, weil..." sondern
- 1. ganz oft "Du möchtest jetzt (so gerne) ... tun. Jetzt bist du ärgerlich, weil..."
- 2. (wie oben) "Du darfst das jetzt nicht, weil..."
- 3. und dann Nennen einer Alternative: "Aber du kannst das morgen machen." / "Aber du kannst stattdessen ... tun." Die Alternative wird nach Stimmung manchmal aus der Hand geschlagen, weil gerade gar nichts geht (dann ist die Wut halt schon oder noch zu groß), oder sie wird dann gern angenommen, weil es halt ein Kompromiß ist. Ich versuche, mein Pulver an Alternativen nicht zu verschießen, wenn ich eh gerade nur mit Ablehnung rechne, aber natürlich klappt das mal besser, mal schlechter. :-)

Zumindest bei meinem Kind merke ich oft, wie es sich unglaublich schnell beruhigt, wenn es hört, daß ich es verstehe (1.). (Oder vielleicht denkt es dann auch, daß ich das jetzt doch zulasse, bin nicht sicher.) Es dreht dann zwar wieder auf, wenn ich zu dem Punkt komme, daß das jetzt trotzdem nicht geht (2.). Aber die beiden im Wechsel können ja schon dazu führen, daß die Wut immer wieder (kurz) durchbrochen wird und sich damit nicht so aufbaut / festsetzt. Und eine Alternative (3.) ist dann vermutlich auch eher annehmbar. Ob das bei Wutanfällen wie den von Dir beschriebenen genauso funktioniert, weiß ich zum Glück bisher nicht, mein Kind wütend bisher nicht ganz so arg. :-) Aber vielleicht ein Versuch wert?

... Und zweitens finde ich es viel verlangt, daß ein Kind sich in Wut irgendwohin setzen soll. Ruto schrieb schon, daß das pädagogisch fragwürdig ist. Dazu ist ja die Erwartung ans Kind, daß es dort bleibt... also letztlich auf die Wünsche eines Erwachsenen eingehen soll, während es gerade wütet. Das fände ich schon für einen Erwachsenen kolossal überfordernd ("Sie sind gerade so stinkwütend [auf mich], daß Sie alles kurz- und kleinschlagen wollen? Ja, dann setzen Sie sich doch bitte auf diesen Teppich, bis sie wieder ruhiger sind." ;-)) ... und für ein Zweijähriges ohne Impulskontrolle allemal. Ich wüßte auch spontan nicht, welchen Sinn ein Zweijähriges darin sehen sollte oder warum es darauf Lust haben sollte - und wenn es keinen Sinn gibt, keinen Spaß macht und das Kind gerade nicht in Laune ist, Dir einen Gefallen zu tun, dann dürfte es bestimmt nicht dort sitzen bleiben. Sondern tun, was es gerade am wichtigsten findet: zu Dir kommen und Dir mit Nachdruck seine Meinung kundtun. Könnte ja sein, daß Du dann endlich machst, was es will. :-) ... Und zumindest mein Kind würde auch bei "erzwungenen" Auszeiten (anderes Zimmer, Gitterbett o.ä.) nur erst richtig aufdrehen - denn das will es schon mal gar nicht, da mache ich es also nur noch wütender.

Alles Gute!

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