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Keine gute "Stiefmutter"

Thema: Keine gute "Stiefmutter"

Mein Mann und ich haben uns kennengelernt, als ich gerade meine Tochter, die jetzt in der 1. Klasse ist, bekommen hatte. Seine damalige Frau war schwanger. Wir haben uns Hals über Kopf ineinander verliebt und haben unsere damaligen Partner füreinander verlassen. Das war eine sehr krasse Zeit. Mein Mann ist meiner Tochter von Anfang an ein unglaublich tolller Patchworkvater gewesen, dafür liebe ich ihn besonders. Dass ich eine gute Patchworkmutter für seinen Sohn bin, der etwas jünger ist als meine Tochter, kann ich leider nicht behaupten. Gerade am Anfang war ich wirklich furchtbar eifersüchtig auf den kleinen Wurm. Ich wollte die Liebe und Aufmerksamkeit meines Mannes nur für mich und meine Tochter. Sein Sohn wohnt in Berlin, wir nicht. Wenn er dann dort hingefahren ist, um ihn zu sehen, empfand ich das jedes Mal als Verlust, ja fast schon als Untreue mir gegenüber. Inzwischen ist es viel besesr geworden. Ich bin nicht mehr so eifersüchtig. Wenn sein Sohn am Wochenende oder in den Ferien bei uns ist, ist es immer öfter auch richtig nett und entspannt. Ich habe sehr an mir gearbeitet und war in Therapie. Mein Mann und ich reden auch über alles. Dennoch nagt das schlechte Gewissen schon sehr an mir, dass ich so eifersüchtig, besitzergreifend, ablehenend dem Sohn meines Mannes gegenüber und unfreundlich war. Ich bin doch eine erwachsene Frau! Und doch hatte ich all diese Gefühle und habe sie in schwachen Augenblicken noch immer etwas. Das Ganze hat natürlich auch mit mir und meiner Kindheit zu tun. Aber kennt hier das vielleicht jemand, dass man seinem Patchworkkind solche Gefühle gegenüber hegt?

von Stantina am 12.03.2020, 15:04



Antwort auf Beitrag von Stantina

Ich kann dich verstehen. Ich hatte mal nen Ex, dessen Söhne waren mir auch Wurscht. Ich hab mich auch nie als deren Stiefmutter gesehen. Ne Mutter hatten sie ja. Einer lebt nimmer. Der Andere ist 30 und mit mir auf FB befreundet. Er hat uns auch schon besucht um seine Schwester zu treffen. Mit meiner Tochter hat er ein recht gutes Verhältnis seit sein Bruder tot ist. Er ist erwachsen und kann ja nix für seinen Vater. Ist alles 25 Jahre her. Damals wars besch... für alle Beteiligten. Einen Rat kann ich dir nicht geben.Wir sind nicht zusammengeblieben und ich würde, aus der Erfahrung heraus, zu solch einer Konstellation auch keinem raten. Ich geh mal davon aus, seiner Ex stinkt es noch mehr, ihren Sohn mit euch lassen zu müssen. Sie wird nicht gut auf dich zu sprechen sein.

von Cata am 12.03.2020, 16:42



Antwort auf Beitrag von Stantina

Hallo Namenlos, ich will nichts schön reden, dass Dein Verhalten nicht richtig war, weißt Du selbst. Ihr Alle, Du und Dein Mann, Eure Kinder und auch die Ex-Partner mussten erst in die Situation reinwachsen. Was ich toll finde, ist die Tatsache, dass Du Dir darüber im Klaren bist, dass Du Dich Deinem Stiefsohn gegenüber nicht richtig verhalten hast. Du versuchst aktiv etwas zu ändern und es scheint sich ja auch schon einiges getan zu haben. Es nicht zu spät wirklich was anders zu machen. Dein Stiefsohn ist noch klein. Das könnt Ihr noch hinbekommen. Klar wird es immer mal wieder Situationen geben, an denen Du knappern wirst, aber wenn Du sie weiterhin hinterfragst, wirst Du Lösungen finden, die für Euch alle tragbar sind. Ich habe hier eine Bekannte, die in der gleichen Situation ist, aber wirklich alles versucht, um die Kinder ihres neuen Mannes aus ihrer Familie (hat auch ein Kind) rauszudrängen. Wir haben schon oft mit ihr geredet, aber da ist kein Durchkommen. Umso schöner finde ich es, dass Du Dir bewusst darüber bist, dass es nicht gut gelaufen ist. LG zwerg

von Zwerg1511 am 12.03.2020, 20:27



Antwort auf Beitrag von Stantina

Sind wir ehrlich, man kann eben nur das eigene Kind lieben , wie man eben das eigene Kind liebt. Versuche doch gar nicht erst Ersatzmutter zu werden ,sondern eine Freundin, dann fühlt sich das nicht mehr so gross an und die Erwartung an dich sekber ist leichter. Verstehen kann ich deine Gefühlswelt schon und wenn du dich reflektiert ,bist du doch schon einen schritt weiter und beweist doch sehr empathische Gefühle für den Jungen

Mitglied inaktiv - 12.03.2020, 21:58



Antwort auf Beitrag von Stantina

Hallo, ich denke nicht, dass die aktuelle Situation viel mit Deiner Kindheit zu tun hat, sondern die eigentliche Problematik, der wirkliche Sprengstoff steckt ja in Deinem Fall sichtlich woanders: nämlich in der aktuellen Situation: Du und Dein Partner, Ihr tragt eine Hypothek mit Euch herum, die recht schwer ist: nämlich dass Ihr Euer Glück (ungewollt) auf dem Leid anderer Menschen aufbauen musstet. Ihr habt im Gesamtgefüge Eurer Familien einen großen Schmerz ausgelöst, indem Ihr Eure Partner verlassen habt, Dein Mann sogar seine schwangere Frau. Dieses Leid verschwindet nicht einfach. Es bleibt präsent, es spukt herum, und es betrifft alle Beteiligten, nicht nur die Verlassenen. Das ist kein Vorwurf, das Leben ist eben manchmal so. Du hast (hörbar) Schuldgefühle gegenüber dem Sohn Deines Mannes. Und zwar nicht nur, weil Du nicht so nett zu ihm gewesen bist. Sondern sicher auch, weil Du die Familie seiner Eltern aktiv mit zerstört hast (auch wenn sie sicher vorher auch schon nicht gut war). Das hängt Dir nach. Wir werden an so etwas nicht so gern erinnert, denn das tut weh – und Dein Stiefsohn ist natürlich eine lebendige Erinnerung, die Dich immer wieder auf das Thema stößt. Kein Wunder, dass Du Probleme mit ihm hattest. Zum anderen ist es natürlich so, dass Dein Stiefsohn ein „Bonus“ ist, den Du zu Deinem Mann unfreiwillig dazu bekommen hast. Du hast nicht ihn gewollt, sondern Du wolltest Deinen Mann. Das Kind hast Du in Kauf genommen. Es ist da ganz natürlich, dass Du es nicht spontan lieben kannst, und das musst Du auch nicht. Lass die Idee los, Du müsstest eine ideale, liebende Stiefmutter sein. Sei einfach eine gute Gastgeberin, das reicht, denn er hat ja schon eine Mama. Akzeptiere auch, dass Du und Dein Mann trotz aller Verliebtheit keinen guten Start hattet, sondern dass Ihr Altlasten mit Euch tragt, die noch nachwirken. Das ist nicht schlimm. Problematisch ist es nur, wenn man das wegdrücken oder schönreden will, denn dann kommt es durch die Hintertür wieder herein: durch Schuldgefühle, psychische Probleme, irgendwann auch durch Konflikte in der Partnerschaft, die scheinbar nichts damit zu tun haben. Lass den unguten Start mit Deinem Stiefsohn los, der hatte seine Gründe, und Du warst einfach noch nicht soweit, die zu sehen. Trau‘ Dich mehr und mehr, die Unvollkommenheit zu leben, akzeptiere das Provisorium, das in jeder Patchwork-Familie steckt. Hier gibt es keine heile Welt, kein völliges Abhaken der Vergangenheit, sondern die wirkt natürlich immer in die jetzige Beziehung hinein. Wenn Du das annimmst, wirst Du Dich auch dem Stiefsohn noch besser öffnen können. LG

von Hexhex am 13.03.2020, 09:02



Antwort auf Beitrag von Hexhex

Hexhex, Du schreibst das sehr schön.

von Zwerg1511 am 13.03.2020, 15:20



Antwort auf Beitrag von Zwerg1511

Ja, das finde ich auch. Vielen Dank! Aber auch den anderen.

von Stantina am 14.03.2020, 14:13



Antwort auf Beitrag von Stantina

Ich würde sagen: ich empfinde meinen Stiefsohn als lästig aber nicht nur wegen Eifersucht. Er stört einfach und ich wünschte es würde ihn nicht geben

von AA19 am 19.10.2020, 00:51