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Probleme mit Kleidung

Thema: Probleme mit Kleidung

Ich habe zu dem Problem hier bereits ältere Beiträge gefunden, würde mich aber gerne mal mit jemandem austauschen,der das Problem aktuell hat bzw kennt...meine Tochter (10) macht jeden Tag, seitdem sie ungefähr 2Jahre alt ist, ein riesen Theater beim Anziehen. Sie flippt teilweise regelrecht aus, weint und flucht, das Shirt ist zu eng,die Ärmel zu kurz oder zu lang. Sie trägt nur Leggings,wir haben inzwischen zehn schwarze Leggings im Schrank und ich habe aufgegeben mir zu wünschen,dass sie auch Jeans trägt. Solange es einigermaßen der Witterung entspricht,sage ich nichts. Trotzdem ist das Theater teilweise riesig und hier spielen sich schon vor Schulbeginn Dramen ab. Ich frage mich,ob ich ihr bzw uns nicht doch mal Hilfe besorgen müsste,ein Therapeut,ich weiß es nicht. Sie steht sich mit all dem so selber im Weg und mein Verständnis ist leider an manchen Tagen nicht groß,weil ich ohnehin versuche es ihr recht zu machen. Vielleicht hat jemand Erfahrungen,Tipps....?

von SiRos am 01.04.2022, 06:53



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Ich finde Leggings jetzt nicht so schlimm. Für kältere Tage gibt es doch auch so Thermo-Leggings, oder? Ich habe den Kamp um Kleidung irgendwann aufgegeben. Damals ging es um Schuhe für den Großen. Er war so 12/13 und er hat sich geweigert, "richtige" Winterschuhe auch nur anzuprobieren. Wir sind durch x-Schuhläden gelaufen und er hat immer nur mit dem Kopf geschüttelt, einziger Kommentar war "die sind scheisse". Der zweite Sohn hat so mit 13/14 fast nur noch Joggingshosen getragen.....er hatte schöne Hosen, die sind fast noch wie neu (ich hab ein paar immer noch...) Ehrlich gesagt, war es mir irgendwann egal. Es waren gute Joggingshosen, sie waren immer sauber, nie kaputt, für Dauerdiskussionen hatte ich keine Energie.

von wolfsfrau am 01.04.2022, 09:27



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Hast du mal versucht, das Sie Ihre Kleidung bereits am Abend anzieht und damit dann in die Schule geht? Das würde ich ausprobieren um mir den Stress morgens zu ersparen.

von Jumalowa am 01.04.2022, 10:35



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Meinst du abends anziehen, in den Klamotten schlafen und dann so in die Schule?

von Summer80 am 03.04.2022, 12:19



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Hallo, bei der Tochter meiner Freundin war es auch so, bei ihr wurde Autismus mit Asberger diagnostiziert . Gibt es denn noch andere Auffälligkeiten? Oder hochsensibel? LG Yvonne

von Primrose am 01.04.2022, 10:56



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Hallo, meine Tochter ist 8 und ich habe es aufgegeben, ihr Kleidung aufzuzwingen. Sie darf jetzt nicht gerade mit Kurzer Hose und T-shirt raus, aber wenn es ne Leggings ist mit nem pinken PUllover und gelben Socken, bitte, sie muss dann mit dem Gelächter in der Schule klarkommen. Bei meiner Tochter war es dann immer so, sie hat das was ich raus gelegt habe wieder in den Schrank getan und hat sich selbst was rausgesucht.

von weigel am 01.04.2022, 12:22



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Heißt das, du schreibst ihr eh nicht vor, was sie anziehen soll oder gibst irgendwelche Ratschläge/Kommentare dazu ab? Sie kann also selbst aussuchen, was sie anzieht und dennoch gibt es jeden morgen Theater? Weil das T-Shirt, dass sie selbst ausgesucht hat und das zB vor 3 Tagen noch passte, plötzlich zu eng ist? Oder Ärmel zu kurz etc. Wenn das tatsächlich schon immer so war und du ihr weder mit Kommentaren kommst noch etwas vorschreibst - kann tatsächlich auch Hochsensibilität sein oder eine sonstige, andere Wahrnehmung von Dingen, die für uns völlig unverständlich/nicht nachvollziehbar sind. Gibt es noch andere Dinge, bei denen sie sehr empfindlich ist?

von cube am 01.04.2022, 13:19



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Ich kann mir manchmal einen Kommentar nicht verkneifen,aber grundsätzlich kann sie anziehen,was sie möchte. Ich kaufe ihr auch,was sie will. Auf keinen Fall zwinge ich sie in irgendetwas rein. Das habe ich schon lange aufgegeben. Im Sommer ist es besser,weil sie da einfach schnell luftiges Shirt und Schlabberhose trägt. Sie ist auch in anderen Bereichen schwierig. Perfektionistisch z.B. deshalb oft unzufrieden mit ihren Leistungen.

von SiRos am 01.04.2022, 14:22



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War bei meiner Tochter (hochsensibel) auch. Ich habe so wenig wie möglich dazu gesagt. Sie wählte ihre Kleidung unter Geschrei unkommentiert aus. Mit 8-9 würde es besser, ab 12 war Schönheit wichtiger als das angebliche Zwicken, Jucken etc.

von Pamo am 01.04.2022, 14:10



Antwort auf Beitrag von Pamo

Woher wusstest du,dass sie hochsensibel ist? Ich vermute das bei meiner Tochter auch,weil noch andere Dinge hinzukommen. Perfektionismus,kann nicht gut mit Veränderungen umgehen...

von SiRos am 01.04.2022, 14:17



Antwort auf Beitrag von SiRos

Genauso: Die Zeichen waren deutlich und sprachen für sich. Dazu Idealismus, Gerechtigkeit, Grundsatzdiskussionen, Sensibilität beim Essen etc., hoher IQ. Außerdem bin ich selber hochsensibel, ganz einfach!

von Pamo am 01.04.2022, 14:21



Antwort auf Beitrag von Pamo

Das kommt mir alles sehr bekannt vor. Aber wie geht man damit um?

von SiRos am 01.04.2022, 14:26



Antwort auf Beitrag von SiRos

Akzeptieren, lächeln, ihr sagen, dass sie toll ist und dass sie geliebt wird. Sie im Kinderzimmer ungestört kreischen und heulen lassen, wenn sie sich anzieht. Irgendwann kommt sie raus und hat was an. Kein Kommentar und keine hilflosen Hilfsversuche. Mit dem Schreien reagiert sie die Irritation ab, lass sie, sie braucht das. Sieh es sportlich: Im Fitnessstudio darf man auch unkommentiert schnaufen ...

von Pamo am 01.04.2022, 14:36



Antwort auf Beitrag von SiRos

PS: Dir selber deutlich machen, dass genau so ein Kind sein muss! Das ist richtig und perfekt!

von Pamo am 01.04.2022, 14:37



Antwort auf Beitrag von Pamo

Danke!! Ich glaube, dann bin ich eigentlich auf einem guten Weg. Ich sage immer,dass ich "das Gewitter vorüber ziehen lasse"...Ich denke nur viel darüber nach,ob ich ihr irgendwie helfen müsste/könnte und deshalb etwas anders machen muss,aber wahrscheinlich gibt es da nicht viel...und Gelassenheit hilft. Ich sage ihr ganz oft,wie toll sie ist und versuche alles positiv zu sehen.

von SiRos am 01.04.2022, 15:06



Antwort auf Beitrag von Pamo

Toll geschrieben! Genau so ist es. Das Erleichtert und nimmt die Anspannung beim Kind raus.

von Schniesenase am 09.04.2022, 00:39



Antwort auf Beitrag von SiRos

Meine Tochter(12) ist auch so Sie trägt auch immer nur das gleiche Immer nur leggins und weiche Sachen Es ist halt so Es kommen bestimmt noch andere Zeiten

von Tunnel am 01.04.2022, 15:08



Antwort auf Beitrag von SiRos

Liebe SiRos, Du hast in dem Bereich eines der Probleme meiner Tochter angesprochen. Sie ist hochsensibel. Es war allerdings ein langer Weg bis zur schlussendlichen Diagnostik (Hochsensibilität ist bei ihr dabei "nur" eine der Begleiterscheinungen). Du kannst leider nicht viel tun, außer Deine Einstellung zu ihren Empfindungen zu ändern. Mir hat damals eine Gesprächsrunde sehr geholfen, geführt durch eine Heilpädagogin. Betroffene Eltern konnten sich so sehr gut austauschen, bekamen lösungsorientiere Denkansätze, wir konnten uns Literatur ausleihen, Fragen stellen. Für mich war wichtig, das mein Kind für mich zwar einzigartig herausfordernd ist, aber sie nicht einzigartig ist und andere Kinder selbige oder ähnliche Probleme haben. Die Hochsensibilität zeigt sich bei ihr nicht nur im taktilen Bereich, sondern auch in anderen Bereichen. Wenn Du Dich etwas in das Thema einliest, ist es schon möglich, dass Du noch mehr erkennst. An sich reicht aber schon diese Überempfindlichkeit auf zb Nähte, Gummibünde, what ever, um hochzufahren und wahnsinnig zu werden. Hier kam das Geschrei sofort und es flogen regelmäßig irgendwelche Sachen, bis die Socke oder der Handschuh oder was gerade das Schlimmste auf Erden war endlich vom Körper war. Meine Tochter ist heute 11 Jahre, im taktilen Bereich hat sich die Sensibilität etwas gebessert, sie kann aber immer noch nicht alles ertragen und vielleicht wird sie das auch nie. Aber mit zunehmenden Alter hat wird sie sich immer besser unter Kontrolle bekommen. Ich hab es für mich so gelöst, dass ich angenommen habe, das mein Kind die Ausraster nicht gegen mich einsetzt, sondern als, für mich Normalo, völlig unkontrollierte Abwehrreaktion. Ich hab dann tatsächlich beim Kleidungskauf auf Stoffe und Nähte geachtet, mich also absolut drauf eingelassen, auch wenn ich oft vor dem einem oder anderen Sockenregal stand und mich gefragt habe, ob ich hier langsam bescheuert werde, wenn ich Socken ohne oder nur mit weichen Nähten bzw hochgesetzten Nähten suche, Unterwäsche in bestimmter Schnittform, etc... Und wenn es was gab bzw heute gibt, was für sie angenehm tragbar war/ist, immer doppelt und dreifach gekauft. Sie hat(te) dann zwar immer so gesehen das gleiche getragen, optisch, aber das war ihr und damit auch mir dann egal, die Hauptsache war und ist, sie fühlt sich so entsprechend wohl und die Negativspirale ist irgendwie durchbrochen. Ich fand es auch für sie immer total schlimm, so negativ in den Tag zu starten, womöglich, am Anfang, noch mit mir als keifende Mutter, die Unverständnis zeigte und durch meinen kurzem Geduldsfaden doch dann schon den Ton erhob. So rückblickend gesehen war es mehr wie richtig, mir Hilfe zu suchen, aber wie gesagt, sie hat noch andere Baustellen, die dann nach und nach noch ans Licht kamen. Alles Gute Euch! ohno

von ohno am 03.04.2022, 14:44



Antwort auf Beitrag von ohno

Hallo, vielen Dank für die Nachricht! Ich habe dir eine Nachricht ins Postfach geschickt. Es wäre schön,wenn du sie lesen und antworten würdest. SiRos

von SiRos am 03.04.2022, 15:33



Antwort auf Beitrag von SiRos

Die taktile Sensibilität ist eigentlich nur ein Symptom, oft nicht die Diagnose an sich. Pamo und ohno haben bereits dazu etwas geschrieben, dem schließe ich mich an. Bei meinem Ältesten hat sich das verwachsen. Da ist es allerdings immer noch. Nur haben wir gelernt damit besser umzugehen und es zu akzeptieren. Wenn die Mutter-Kind-Beziehung nicht darunter leiden soll, dann mein Rat: akzeptiere es. Hilfreich für mich war, dass diese Sensibilität zu einer Diagnose gehört. So konnten wir das besser einordnen. Hilfreich auch, dass ich nun mittlerweile mehrere Eltern kenne und es mir half mich austauschen zu können. Das hat mir geholfen, als ich eben ständig auf der Jagd nach nur diesem einem Strumpf war, nur diese Boxershorts oder eben nur diese Schuhe. Und wehe es gab die so nicht mehr zu kaufen! Rückblickend muss ich darüber schmunzeln.

von Caot am 04.04.2022, 08:01



Antwort auf Beitrag von Caot

Tatsächlich ist das Thema Kleidung bei uns auch nicht das einzige. Meine Tochter ist bei der Kleiderwahl schon seit der Krippenzeit schwierig. Strumpfhosen oder Matschhosen haben immer zu einem riesen Drama geführt. Zu Hause habe ich sie machen lassen, in der Kita hat sie sich quasi gefügt. Das ist ohnehin auffällig, dass sie außerhalb niemals so ausrastet, wie sie es zu Hause tut. Da reißt sie sich wahrscheinlich einfach zusammen. Wäre es nur die Kleidung, haben wir da mittlerweile so viel durch, dass es ertragen kann, manchmal auch schmunzele und sie einfach machen lasse. Wie geschrieben besitzt sie zur Zeit zehn schwarze Leggings und eine bestimmt Form von T-Shirt. Davon haben wir mehrere und ich bin bemüht immer rechtzeitig zu waschen. Die Winterjacke wird eben grundsätzlich nicht zu gemacht und sie kommt mit einem paar Schule prima über den Winter. Du schreibst, dass die Sensibilität zu einer Diagnose gehört. Was für eine Diagnose meinst du?

von SiRos am 04.04.2022, 11:15



Antwort auf Beitrag von SiRos

Es gibt da eine ganze Gruppe möglicher Diagnosen, aber auch Syndrome, teils schlicht Normvarianten - will heißen, es geht gar nicht immer um eine Krankheit. HS geht oft Hand in Hand mit Hochbegabung, AD(H)S, Asperger Syndrom, Wahrnehmungsstörungen und einiges mehr.

von Pamo am 04.04.2022, 12:04



Antwort auf Beitrag von Pamo

…. die Sensibilität taucht oft mit bestimmten Diagnosen auf. Daher war meine Frage, ob es denn nur diese Art der Auffälligkeit gibt. Nicht immer handelt es sich um eine Krankheit. Ich schließe mich den Ausführungen von Pamo an. Eventuell einfach mal etwas darüber lesen und sich so vorwärts tasten.

von Caot am 04.04.2022, 15:07



Antwort auf Beitrag von SiRos

Hier T-Shirt im Winter keine Jacke etc. Im Sommer dicke Jacke und keine kurze Hose. Ich habe mit 10 langsam losgelassen.. ich bin früher bei Jogginghosen zur Schule durchgedreht und habe auf Jeans bestanden. Was für Diskussionen am Morgen. Je mehr ich auf bestimmte Regeln bestand umso schwieriger wurde es. Erst als ich ihn entspannt so rumrennen ließ, wie er wollte kam die Erkenntnis, dass Jogginghose nicht immer toll ist.

von Brummelmama am 06.04.2022, 08:16



Antwort auf Beitrag von SiRos

Hallo SiRos, weil das Thema Hochsensibilität jetzt hier so intensiv aufgenommen wurde, ein paar Infos zur Abgrenzung: Ich finde wichtig zu betonen, dass Hochsensibilität eine genetisch bedingte Eigenschaft ist, am ehesten mit einem Temperament zu vergleichen, die 15-20% der Menschen UND TIERE besitzen. Das hat schon der alte Pawlow herausgefunden. Sie verarbeiten viel mehr auf einmal, und das verarbeiten sie auch viel tiefer und komplexer und brauchen dafür darum auch mehr Zeit und Rückzugszeiten. Darum sind sie dann oft auch so überfordert mit Situationen, die nicht-Hochsensitive überhaupt nicht als Problem ansehen, z.B. der Klamottenfrage. Hochsensibilität ist keine Störung und auch keine Krankheit, kein Defizit, sondern eigentlich an sich schon eine besondere Begabung. Es gibt eine ziemlich klare Abgrenzung zu AD(H)S. Hochsensitive Menschen werden leider immer noch bisweilen falsch als Menschen mit AD(H)S diagnostiziert. Eine feste Diagnose "Hochsensibilität" durch einen normierten Test gibt es bisher noch nicht. Es gibt aber eine Reihe von Tests, die gute Hinweise darauf geben. Es gibt im Wesentlichen drei Typen von hochsensiblen Menschen: Die extrovertierten (deutlich in der Minderheit), die introvertierten (die meisten) und die High Sensation Seekers, welche extrovertiert und introvertiert erscheinen und darum besonders herausfordernd für Eltern und Lehrerinnen sind (sie sind ein kleiner Teil aus der Gruppe der Extrovertierten). Die HSS haben Intervalle, in denen sie extrovertiert sind und andere, in denen sie sich sehr zurückziehen und introvertiert scheinen. Das ist dann so ein Kontrast, dass sie oft Unverständnis ernten, wenn sie in so einer introvertierten Phase sind. Durch ihre Fähigkeit, so komplex zu verarbeiten, schneiden HSP (High Sensitive Persons) oft auch in IQ-Tests mit überdurchschnittlichen Werten ab. Was brauchen diese Kinder? Verständnis in allererster Linie. Sie sind durch ihre Fähigkeit, viel mehr viel komplexer zu verarbeiten, viel schneller zu angespannt und dann überfordert. Man kann ihnen da durchaus Erleichterung verschaffen. Beispiel: Man macht den Ausflug mit den anderen Kindern zum Schwimmbad nicht direkt nach der Schule, sondern lässt erst mal Entspannungszeit zu Hause, bevor es losgeht. Wenn das HSP-Kind wegen der Klamottenfrage ausflippt, hilft es ihm ungemein, wenn die Eltern ihm Verständnis entgegenbringen. Und wenn man nur sagt: "Ach, heute ist das aber wirklich schwierig für Dich, das Richtige zum Anziehen zu finden. Ich nehme dir da mal das Packen der Schultasche ab." Es hilft, den Morgen möglichst wenige weitere Anforderungen an das Kind zu stellen. Hier bei uns mache ich viel selbst, ggf. auch mal was Vergessenes in die Schultasche zu packen usw. Das entlastet schon sehr. Ich weiß ja, sie kann es, aber sie muss halt erst einmal in den Tag hineinkommen, und da spielt sich dann planerisch schon so viel in ihrem Kopf ab, woran niemand sonst überhaupt denken würde. All das muss auch gemanaged werden. Meine Tochter hat den ganzen Schultag schon morgens im Kopf und plant die Abläufe wie eine Lehrerin ihren Unterricht. Da kann das Aussuchen der Hose mit dem nervigen Schild hinten schon zu viel werden. Sie brauchen außerdem auch Unterstützung in Bereichen, in denen die Anspannung sonst zu hoch werden würde, insbesondere wirkliche Auszeiten zum Abspielen oder entspannen (ggf. mal eine Phansatisereise oder gemeinsames Vorlesen, viel kuscheln, wenn das Kind es mag). Alle "Sprüche" sollte man sich echt verkneifen und die Haltung dazu insgesamt verändern. Was so ein Mensch in der Situation gerade alles an internten Denkprozessen bewältigt, davon können viele andere nur träumen. Abfällige oder ironische Sprüche würdigen einfach nicht die außerordentliche Leistung des Kindes, das alles Xfach intensiv verarbeiten muss. Das hat mal jemand beschrieben als: Wenn man mit Kindern ins Kino geht, Musik, Surroundklang usw., dann ist es für das HSK so, als würde es 8 Filme gleichzeitig sehen und hören plus die Gerüche drumherum. Da kann man schon mal überfordert sein und danach bei einem scheinbar nichtigen Anlass ausflippen. Das Ausflippen wettere ich hier mit Verständnis ab, ohne dass aber bei mir die Welt auch stehen bleibt. Ich biete Unterstützung an, auch kuscheln und trösten, mache dann aber auch meine Sachen weiter, wenn sie nicht angenommen wird, immer mit dem Hinweis, ich helfe gern, wenn Bedarf ist. Je ruhiger die Umwelt bei sowas ist, desto einfacher für das HSK. Schlimm ist es gewesen, als ich seinerzeit noch selbst mit in diese Aufregung reingegangen bin, weil das bei mir eigene Erinnerungen an die Kindheit triggerte (und die strengen oder auch abfälligen Reaktionen der Erwachsenen). Da bekam dann mein Kind auch noch meine Emotionen mit ab, während sie selbst schon komplett überfordert mit ihren eigenen war. Seit ich das bearbeitet habe, geht es viel besser. Ich kann sie damit lassen, ihr aber immer helfen, wenn sie bereit ist, meine Unterstützung anzunehmen. Zwei Regeln sind für mich hilfreich: 1. Gefühle, die das Kind benennt, sind immer ernst zu nehmen, denn sie sind seine innere Wahrheit und Wirklichkeit. Keine Gefühlsäußerungen ausreden wollen! 2. Gleichbleibende Rhythmen und Rituale wichtig nehmen, auch bei älteren HSP. Sie geben Halt und Sicherheit, und da muss dann zumindest das nicht wieder X-fach neu gedacht werden. Also ja, lass Dein Kind, kaufe bequeme Sachen, schneide Schilder raus, kaufe auch das 5. Pack Unterwäsche, bis welche dabei sind, die nicht jucken, kratzen oder Hautrötungen machen und freue Dich über ein außerordentlich waches, pfiffiges, feinfühliges, empathisches, kompromissfähiges und kluges Kind! Alles Gute! VG Sileick

von Schniesenase am 09.04.2022, 01:15



Antwort auf Beitrag von Schniesenase

Hallo Sileick, vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag. Das hilft mir sehr,weil ich meine Tochter in Vielem wiedererkenne. Sie ist insgesamt eher extrovertiert,hat aber durchaus auch diese introvertierten Phasen. Dass sie alles mit sehr feinen Antennen wahrnimmt und Stimmungen und Äußerungen sehr genau aufnimmt und bewertet und einordnet, teilweise auch überinterpretiert, das ist schon seit dem Kindergarten so. Sie kann Ungerechtigkeiten nicht gut ertragen. Das hat sich schon in der Grundschule gezeigt. Allerdings hat sie sich eigentlich immer eher darüber aufgeregt und versucht dagegen etwas zu unternehmen,z.B. in der Schule und hat Verantwortung übernommen,war gerne Klassensprecherin und hat sich gekümmert. Dazu kam das Klamottenthema,was aber auch irgendwie händelbar war,weil ich mich meitestgehend darauf eingestellt hatte. Seitdem sie aber letztes Jahr auf die weiterführende Schule gekommen ist,hat das Ganze irgendwie noch eine andere Qualität bekommen,ist intensiver und belastet unseren Alltag tatsächlich sehr. Ich muss dazu sagen,dass sie quasi allein auf diese neue Schule gegangen ist und ihre Freundinnen auf eine andere. Ich hätte nie gedacht,dass dieser Bruch mit dem ihr Vertrauten sie so belasten würde. Zunächst war sie eigentlich neugierig und gespannt,was da kommt und die ersten Wochen waren in Ordnung. Dann fing es aber an,dass sie immer häufiger gesagt hat,dass sie keine Freunde findet. Sie fühlt sich nicht wahrgenommen in der neuen Klasse, hat sich geärgert,dass Kinder nach einigen Wochen ihren Namen noch nicht wussten und empfand das als Kränkung. Ich kann das sehr gut nachvollziehen,aber sie steigerte sich sehr rein. Parallel dazu begann das Klamottenthema wieder großer zu werden in Kombination mit einer Unsicherheit,was ihr Äußeres insgesamt betrifft. Immer häufiger sagt sie zur Zeit,dass sie eh hässlich sei. Das mag jetzt auch durch die beginnende Pubertät bedingt sein,erschwert das alles aber noch. Ende letzten Jahres klagte sie immer häufiger darüber,dass sie keine Luft bekomme und hat dabei sehr unnatürlich zwei dreimal tief seufzend geatmet. Es lässt sich schlecht beschreiben. Wir waren beim Kinderarzt und haben es abklären lassen,aber es sind keine körperlichen Ursachen festzustellen. Es scheint psychosomatisch. Nach den Terminen hat sie mir erklärt,dass sie eigentlich wissen,dass sie genug Luft bekomme,es sich für sie aber nun mal anders anfühle. Seit einiger Zeit kommen einige Zwänge dazu z.B. hat sie bereits am späten Nachmittag das Gefühl sie müsse sich bettfertig machen,um auch ja pünktlich um acht zu schlafen,damit sie am nächsten Morgen früh aufstehen kann. Ihr Bus fährt seit dem Schulwechsel leider sehr viel früher. Einige haben ich sie zur Schule gefahren,um ihr diesen Stress ein wenig zu nehmen. Das hat etwas geholfen,denn inzwischen fährt sie freiwillig Bus,weil andere Kinder im Bus sind,die sie mag und sie so früher an der Schule ist. Allerdings, und das bedrückt mich mit am meisten, äußert sie sich trotzdem fast ausschließlich negativ über die Schule. Nichts macht ihr Spaß,so sagt sie. Und in der Grundschule war das einfach anders. Jetzt empfindet sie alles als Belastung. Hausaufgaben, Lernen...dabei ist sie sehr gut in der Schule,dabei aber selten stolz auf sich und immer kritisch mit ihren eigenen Leistungen. Ich habe mit ihrer Klassenlehrerin gesprochen und in der Schule wird sie komplett anders wahrgenommen. Da ist sie gut integriert, freundlich und aufgeschlossen,absolut nicht problematisch. Wenn sie allerdings aus der Schule kommt, ist es so als würde sie erstmal in sich zusammenfallen. An guten Tagen zieht sie sich einfach zurück und es ist nach einer halben Stunde besser. An schlechten Tagen geht sie dabei aber absolut auf Konfrontation mit mir und es kostet mich sehr viel Kraft allem mit Verständnis zu begegnen. Ich versuche insgesamt einfach ruhig zu bleiben und wie du schreibst Hilfe anzubieten,aber es auch einfach mehr oder weniger zu ignorieren und sie machen zu lassen. Da sie zur Zeit aber sehr oft sehr negativ insgesamt ist, fällt es mir leider häufig nicht leicht irgendwie positiv und beschwichtigend zu sein. Das kostet mich doch sehr viel Kraft,weil sie in solchen Phasen so destruktiv ist und dabei auch ungerecht wird. Sie ist z.B. sehr kreativ,malt und zeichnet,aber wenn das Ergebnis nicht so ist wie gewünscht,zieht sie das so runter,dass sie am liebsten alles zerreißt und dann redet sie ihre eigene Leistung immer so schlecht. Ich wollte unsere Situation hier jetzt so ausführlich beschreiben,um vielleicht noch eine Einschätzung zu bekommen,was wir an der ein oder anderen Stelle tun/ändern können. Sie hat so viele gute Seiten, ist empathisch und sozial, hilfsbereit und ich würde mir so wünschen,dass sie sich selber mal wieder mehr mögen würde,ihr Selbstvertrauen (wieder)größer wäre und sie ausgeglichener ist. SiRos

von SiRos am 09.04.2022, 07:52



Antwort auf Beitrag von SiRos

Willst Du mal per PN schreiben?

von Schniesenase am 09.04.2022, 10:50



Antwort auf Beitrag von SiRos

Wow - das kommt mir alles sehr bekannt vor. Wobei das Kleidungsthema früher prominent war - inzwischen schon lange nicht mehr. Aber alles andere klingt sehr bekannt.

von kirshinka am 12.04.2022, 23:30



Antwort auf Beitrag von SiRos

Meine Tochter hat ADS und ist im autistischen Spektrum Bei ihr ist das Problem dass sie bestimmte Stoffe den ganze Tag fühlt und sich dann auf nichts anderes konzentrieren kann(ich Stelle mir das vor wie eine kneifende Unterhose die einen den ganzen Tag nervt,nur dass es bei ihr bereits normale Klamotten/Stoffe auslösen) Sie trägt auch nur eine bestimmte Unterhose Marke und Form,gut dass sie auch ausgewachsen noch in Kindergrößen passt Ich habe nie Aufhebens drum gemacht,bei uns hat es geholfen wenn wir abends die Sachen schon rausgelegt haben,dann gab es morgens keine Diskussion,sie hat morgens eine ganz klare Struktur,feste Aufstehzeit und immer gleiche Abläufe,das hilft ihr am besten(wir anderen sind eher Chaoten,aber wir versuchen wenigstens nicht ihr im Weg zu sein) Bei dem was du noch so schreibst ist da sicher etwas mehr dahinter,aber letzen Endes hat bei uns keine Therapie geholfen sondern nur Gelassenheit und die Möglichkeit sich so auszuleben wie sie es wollte,mit dem Wissen dass sie nicht aus ihrer Haut heraus kann haben wir sie einfach machen lassen

Mitglied inaktiv - 13.04.2022, 23:37