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Geschrieben von Steffi528 am 14.09.2016, 10:27 Uhr

Kinderarmut

Ist es wirklich ein Jammern auf hohen Niveau? Reichen die staatlichen Maßnahmen? Liegt es tatsächlich nur an "faule und unfähige" Eltern? Liegt da nicht mehr im Argen? Haben die Eltern nicht selbst "Schuld" (Ein-Eltern-Kinder haben ein deutlich höheres Armutsrisiko, was trennt frau sich auch vom "Versorger"?) Was kann man (der Staat) noch machen?

Ich denke, das insbesondere der Wohnraum in Teilen des Landes doch viel zu teuer ist. Das betrifft besonders die "Borderliner-Familien", also Familien, die auf Grund der hohen Mietzahlung doch dann im Endeffekt deutlich weniger Geld in der Kasse haben, als z.B. H4-ler, die die sehr bescheidene Wohnung bezahlt bekommen.
Natürlich gibt es die H4-ler Klischeefamilie, aber ich glaube, das sie gar nicht so zahlreich vertreten ist, wie immer "gesagt" wird, sondern das die Armutsgefährdung und die relative Armut auch Familien betrifft, die alles tun, um ihre Situation zu verbessern.
Die Bildungslandschaft ist ebenfalls so eine Sache, besonders für die "Borderlinerfamilien", die eben nicht die Schulbücher gestellt bekommen (bei uns kostet sogar die Ausleihe zwischen 40 - 45 € im Jahr, dazu das andere Material, Kopiergeld, Bastelgeld, Ausflugsgeld, pro Kind ca. 200 € im Jahr, OHNE Klassenfahrt). Ab 11. Klasse dann dazu noch das Busticket, das sammelt sich an.
Ich denke, gerade im Bereich "Bildung" läuft so manches schief hinsichtlich der Förderung von Kindern aus armen und eher ärmeren Familien.

Entschuldigt den Begriff "Borderlinerfamilie", da geht es mir nicht um die Erkrankung, sondern als Hilfsbegriff von Familien, die auf der Grenze zur Armut leben. Und es ist auch keine Grenze mit dem Lineal gezogen bei 1811 € oder so, sondern die Gesamtsituation zur Armutsgefährdung sind mit einzurechnen, also auch Mietspiegel, besondere Lebenssituation u.ä.

 
6 Antworten:

Re: Kinderarmut

Antwort von 3wildehühner am 14.09.2016, 11:06 Uhr

Die Frage ist für mich: "Was bedeutet "arm" ?"
Ist man "arm", weil man Hartz IV erhält?
Ist man "arm", weil man nicht jedes Jahr in Urlaub fahren kann?
Ist man "arm", weil man die Musikschule nicht bezahlen kann?
Ist man "arm", weil man keine Markenkleidung kaufen kann?
Ist man "arm", weil man sich nicht das neueste Smartphone leisten kann?

In Deutschland muss niemand so "arm" sein, dass er hungern muss und es gibt immer preisgünstige Alternativen zu allem.
Urlaub auf Balkonien mit zusätzlichen Ausflügen in die Natur kann auch sehr schön sein.
Musikvereine kosten einen ganz geringen Beitrag im Jahr und dort kann man auch ein Instrument erlernen, Sportvereine sind ebenfalls preisgünstig.
Es gibt günstige, schöne Kleidung oder man kauft second-hand. Auch ein günstiges, älteres Smartphonemodell kann man zum telefonieren und whatsappen benutzen.
Ich arbeite selber im sozialen Bereich. Dort gibt es viele H4-Familien oder aber Aufstocker oder die im Ausgangsposting genannten "Grenzfamilien".
Die Familien, die "normal" sozialisiert sind, haben erstaunlicherweise kein Problem, mit den Sozialleistungen auszukommen. Dort gibt es täglich warmes, gesundes Essen, die Schulsachen werden bezahlt (clevere Eltern legen z.B. jeden Monat 10 € pro Kind weg, um damit unerwartete Ausgaben bezahlen zu können) , die Kinder sind ordentlich und gepflegt gekleidet und sie fahren sogar ein paar Tage in Jahr in Urlaub weg. Die Familien, in denen die Eltern aber das Geld lieber für den eigenen "Luxus" ( Zigaretten, Alkohol; Drogen; i-phone, nur Fast Food, Internet-Sex-Seiten ect.) ausgeben, die jammern darüber, dass sie zu wenig haben und sie ihre Kinder nur in Lumpen kleiden können und die Schulsachen nicht bezahlen können.

Hier in der Gegend ist bezahlbarer Wohnraum eher für alleinstehende H4ler ein Problem, weil es fast keine kleinen Wohnungen gibt-Familien wohnen hier sehr günstig.
Es ist etwas ländlich, aber es gibt in den Kleinstädten durchaus günstigen Wohnraum mit sehr guter Infrastruktur.
Die Frage ist halt, ob man in München wohnen muss, wenn man Hartz IV erhält. Wenn man aufstockt und dort arbeitet, ist das natürlich etwas anderes. Anderseits kann ich mir kaum vorstellen, dass man aufstocken muss oder "Grenzfall" ist, wenn beide Partner arbeiten-mir ist kein solcher Fall bekannt.

Ich selber habe als Kind mit meiner Mutter und meinem Bruder eine Zeitlang von Sozialhilfe gelebt und später, nachdem ich meinen Stiefvater hatte, waren wir definitiv so eine Grenzfamilie, weil wir auch mit 6 Kindern waren. Wir sind nicht einmal im Urlaub gewesen. Ich hatte immer nur günstige Kleidung. Trotzdem habe ich mich nie als "arm" gesehen.

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Re: Kinderarmut

Antwort von IngeA am 14.09.2016, 13:12 Uhr

Es müssen bei der Miete ja auch viele Harz 4-Empfänger draufzahlen, nicht nur "Aufstocker". Das was an zusätzlicher Miete bezahlt werden muss, geht von dem weg, was zum Lebensunterhalt gebraucht wird.

Bei uns gilt als "angemessener Quadratmeterpreis" 8,69 Euro. Nur findest du zu diesem Quadratmeterpreis keine Wohnung.
Natürlich könnte man auch an einen günstigeren Ort ziehen. Nur ist dort das Arbeitsplatzangebot meist halt auch schlechter. Die Mietpreise sind halt hoch, wo es Arbeit und Infrastruktur gibt. Wäre ich arbeitslos, ich würde den Teufel tun in eine Gegend zu ziehen wo ich von vornherein weiß, dass es dort keine Arbeit gibt.
Abgesehen davon dass ein Umzug ja auch was kostet.

LG Inge

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Re: Kinderarmut

Antwort von Kleine Fee am 14.09.2016, 13:27 Uhr

Die von Dir aufgeworfenen Fragen habe ich mir in den letzten Tagen, als über die neusten Armutszahlen berichtet wurde, auch gestellt und bin nicht wirklich zu einem Ergebnis gekommen.

Ganz klar birgt Trennung ein Armutsrisiko. Bestenfalls bleibt das Einkommen der getrennten Eltern gleich, aber die Ausgaben (insbesondere Mietausgaben) nehmen zu. Im Freundeskreis habe ich aktuell den Fall, dass die Mutter nach der Trennung weiter Teilzeit arbeitet und der Vater sofort auch auf Teilzeit gegangen ist, um seine Chancen für das Wechselmodell zu erhöhen. Er wollte nicht Zahlvater mit Umgangsrecht werden, sondern Alltagspapa bleiben. Das Gesamteinkommen des ehemaligen Paares ist also geringer bei höheren Ausgaben. Die konkrete Entscheidung ist nachvollziehbar, aber so rutschen die Getrennten schnell in Richtung Armut.

Wobei ich auch bei anderen Trennungen in meiner Umgebung sehe, dass es für alle Beteiligten einer Trennung besser wäre, viel ökonomischer zu denken. Nicht nur der Kinder zuliebe wäre eine gemeinsame Basis der Getrennten wünschenswert, sondern das spart auch ordentlich Geld (Anwalts- und Gerichtskosten) und nur gemeinsame Absprachen zur optimalen Verteilung der Betreuungszeiten der Kinder schaffen für die Getrennten die Möglichkeit ihre Arbeitszeit zu maximieren. Sprich der oben erwähnte Vater könnte weiterhin Vollzeit arbeiten, wenn er wüsste, dass seine Exfrau ihm nicht die Kinder entzieht und ihm eine Unterhaltsklage schickt. Klar geht es bei einer Trennung viel um verletzte Gefühle. Es wäre aber für die Zukunft aller besser, Entscheidungen mit kühlem Kopf und rechnerischen Kalkül zu treffen. Vielleicht muss man wirklich stärker Eheverträge und ähnliches befördern, damit Regelungen und Festlegungen zu Unterhalt und Kindesbetreuung nicht in einer Phase getroffen werden müssen, wo sie instrumentalisiert werden, um dem anderen weh zu tun.

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Re: Kinderarmut

Antwort von Dreamie0609 am 14.09.2016, 18:46 Uhr

Ich arbeite an einer Schule im Ruhrgebiet. Man kann definitiv mit Hartz 4 auskommen. Es kommt halt drauf an, wie man mit Geld umgeht und was einem selber wichtig ist. Da ich BuT Anträge ausfülle, weiß ich sehr genau, welche Familien betroffen sind.

Da gibt es die typischen RTL Familien, in denen die Kinder schlecht versorgt sind, wenig geboten bekommen und auch teilweise leiden müssen. Da gibt es am Monatsanfang Schokolade und Nutellabrot mit in die Schule und am Ende eben nichts mehr. Volle Hefte und leere Tintenpatronen können erst nach dem Geldeingang ersetzt werden und mit Ausflügen, Klassenkasse usw. brauch ich ab Mitte des Monats gar nicht kommen. In den Ferien gammeln die Kinder nur rum und auch am Wochenende erleben sie eher wenig.

Dann gibt es Kinder, die haben den ganzen Monat ein gesundes Frühstück mit Obst/Gemüse und Getränk dabei. Schulsachen werden immer sofort ersetzt. Die Kinder gehen in den Sportverein oder die Musikschule (unsere Stadt ist sehr kinderfreundlich und es finden sich immer Lösungen, man muss halt nur fragen und zu verschiedenen Stellen hin). In den Ferien fahren sie in den Urlaub, der von den Eltern liebevoll gestaltet wurde und auch am letzten Wochenende im Monat sind Ausflüge, Kino und sonst was möglich.

Das gilt übrigens auch für Alleinerziehende. Es ist wirklich Einstellungssache. Wobei ich jetzt nicht behaupten will, dass es toll ist, von Hartz 4 zu leben. Ich sehe nur die Kinder und bewerte deren Aussagen. Ich gehe mal davon aus, dass bei Gruppe 2 die Eltern sehr zurückstecken um ihren Kindern alles zu ermöglichen.

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Re: Kinderarmut

Antwort von Mehtab am 14.09.2016, 18:54 Uhr

Hallo,

ich habe gestern auch einen Fernsehbericht gesehen, in dem, wie so oft, moniert wurde, dass durch das BuTG nur so spärlich Nachhilfe bezahlt wird. Dabei ging es um ein Grundschulkind in der zweiten Klasse. Wieso helfen denn die Eltern ihrem Kind nicht selbst? Den Grundschulstoff der zweiten Klasse sollte doch eigentlich fast jeder Elternteil beherrschen.

Viele Grüße

Mehtab

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Ehrliche Antwort

Antwort von Dreamie0609 am 14.09.2016, 19:26 Uhr

Es liegt nicht am Stoff, sondern eher an der Verlässlichkeit der Eltern. Manche Eltern können es einfach nicht dauerhaft leisten, ihre Kinder zu unterstützen und mit ihnen zu lernen. Das funktioniert dann 1-2 Wochen weil die Lehrerin sich beschwert hat und dann wird es wieder ,,vergessen''. Oft sind das Eltern, die in ihrer Kindheit selber wenig Struktur und Verlässlichkeit erfahren haben und es auch ihren Kindern nicht vermitteln können, obwohl sie wissen, dass es wichtig für das Kind wäre.

Wobei ich Nachhilfe für Grundschüler auch nur bedingt gut finde, denn es wäre wichtig, jeden Tag kurz zu üben. Einmal in der Woche 90 Minuten schaden sicher nicht, sind aber auch nicht so effektiv wie jeden Tag 10-15 Minuten.

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