Kindermilch - ein Lieferant wertvoller
Nährstoffe im 2. Lebensjahr

Kind trinkt ein Glas mit Milch

© Adobe Stock, Iryna Tiumentseva

Kindermilch ist ein besonders guter Nährstoff­lieferant im 2. Lebensjahr. Lesen Sie dazu unser Interview mit Kinderarzt Dr. med. Andreas Busse:
Redaktion: Auch nach dem 1.Geburtstag entwickeln sich Kinder rasch und benötigen dafür die richtige Ernährung. Welche Rolle spielt dabei weiterhin die Gabe von Milch?
Dr. Busse: Gegen Ende des 1.Lebensjahres dürfen und sollen Kinder allmählich in die Familienernährung hineinwachsen und ab 1 Jahr - wenn möglich - bei den Mahlzeiten am Familientisch mitessen. Milch, egal in welcher Form, sollte jetzt ja schon länger nicht mehr die alleinige oder überwiegende Nährstoffquelle sein und die tägliche Menge auf zwei Tassen begrenzt werden, abzüglich anderer Milchprodukte wie Joghurt, Käse oder Brei.
Redaktion: Milch gilt doch aber allgemein als sehr gesundes Nahrungsmittel und viele Eltern sind glücklich, dass auch Ihr Kleinkind noch viel davon trinkt.
Dr. Busse: Milch ist in der Tat ein gesundes Lebensmittel und ist vor allem wichtig für die ausreichende Zufuhr von Kalzium. Doch wie bei vielen anderen Dingen auch: ein Zuviel an Milch kann die Gesundheit unserer Kinder gefährden. Zum einen fehlen den Kleinkindern, die noch viele Milch­fläschchen statt Familienkost bekommen, wichtige Nährstoffe wie z.B. Eisen und Jod. Und zum zweiten wissen wir seit Kurzem, dass eine zu hohe Zufuhr von tierischem Eiweiß speziell in den ersten 2 Lebensjahren das Risiko für späteres Übergewicht erheblich fördert.
Redaktion: Wie können denn Eltern die ausreichende Zufuhr aller wichtigen Nähr­stoffe bei der Familienernährung besonders für Ihre Kinder sicherstellen?
Dr. Busse: Bei der Zubereitung von abwechslungsreichen und schmackhaften Mahlzeiten sollten so viel wie möglich frische Produkte verwendet werden. Reichlich pflanzliche Lebensmittel und Vollkornprodukte, die sparsame Verwendung eines hochwertigen Pflanzenöls, zweimal wöchentlich Fisch und dreimal Fleisch sowie wenig jodiertes Speisesalz - so sollte der Küchenplan aussehen. Und bitte kein Drängen und kein Stress beim Essen! Es gibt keine „schlechten Esser“ – der Spaß an den gemeinsamen Mahlzeiten muss sich in Ruhe entwickeln dürfen.
Redaktion: Oft bleibt den jungen Familien wenig Zeit zum Kochen und „Gesundes“ ist nicht immer der Favorit der Kinder. Kann es da nicht rasch zum Mangel an wichtigen Nährstoffen kommen?
Dr. Busse: In der Tat wurde in Studien in der letzten Zeit nachgewiesen, dass nicht wenige Kinder Lücken in der Versorgung haben besonders mit essen­tiellen Fettsäuren, Eisen, Vitamin D und Jod. Hier können Kinder­milch­getränke, meist einfach „Kindermilch“ genannt, einen wichtigen Beitrag leisten. „Kindermilchgetränke“ sieht seit neuestem auch die Ernährungs­kommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin als eine sinnvolle Option an, um die Nährstoff­versorgung von Kleinkindern zu verbessern (*).
Redaktion: Was ist denn der Vorteil einer „Kindermilch“ im Gegensatz zu normaler Kuhmilch?
Dr. Busse: Wie schon gesagt kann eine hohe Eiweißzufuhr in den ersten Lebens­jahren das Risiko für Übergewicht bei Kindern deutlich erhöhen. „Kindermilch“ trägt dem Rechnung, indem ihr Eiweißgehalt erheblich geringer ist als bei normaler Kuhmilch. Außerdem zeigten Studien in verschiedenen Ländern, dass Kleinkinder, die „Kindermilch“ statt normaler Kuhmilch erhielten, praktisch keinen Mangel an Eisen, essentiellen Fettsäuren und Vitamin D mehr aufwiesen. Auch Jodmangel wird damit vermieden. Selbstverständlich sollte die Kindermilch keine Zusätze von Zuckern wie Fruktose oder Saccharose und keine künstlichen Aromastoffe enthalten, um die im frühen Kindesalter stattfindende Prägung des Geschmacks nicht zu stören.
Redaktion: Wie und wann sollen denn Eltern ihren Kindern „Kindermilch“ geben?
Dr. Busse: Ganz im Vordergrund steht das Mitessen am Familientisch. „Kindermilch“ sollte nicht als hauptsächliche Nahrungsquelle dienen, sondern sollte ergänzend zu ausgewogenen Mahlzeiten an Stelle von Trinkmilch angeboten werden. Z.B. 1 Tasse oder ein Müsli damit zum Frühstück und 1 Tasse zum Abendessen, insgesamt also etwa 300 ml am Tag. Und bitte nicht aus der Nuckelflasche sondern aus der Tasse oder dem Becher, denn nur so können die Kinder das altersgerechte Essen lernen. Und was gibt es Schöneres als gemeinsam mit der Familie am Tisch zu sitzen und wie „die Großen“ zulangen zu dürfen.

(*) B.Koletzko et al., Monatsschr Kinderheilkd 2018. 166:56-61

Zuletzt überarbeitet: September 2018

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