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Geschrieben von Aline am 25.09.2017, 15:03 Uhr

AD(H)S - wer ist krank?

Hallo an alle,

ich bin selbst nicht betroffen, würde aber gerne von Betroffenen hören. Lese hier schon länger mit.

Von allem, was ich über AD(H)S gehört und gelesen habe, geht es vor allem um ein Aufmerksamkeitsdefizit, also die Unfähigkeit (oder eingeschränkte Fähigkeit), sich auf eine Sache zu konzentrieren und Hyperaktivität, also die Unfähigkeit, still zu sitzen/zu sein. (http://www.adhs.de/impuls.html und http://www.adhs-ratgeber.com/adhs-hyperaktivitaet.html) Soweit, so bekannt.

Es geht mir bei meiner Frage nicht um die allseits dämliche Bemerkung, es läge an der Erziehung. Es geht mir eher darum, zu fragen, ob hier der Mensch oder die Gesellschaft "krank" ist.
Dafür möchte ich ein Beispiel geben:
Mein Neffe ist in einem anderen Land geboren und aufgewachsen. Schon als kleiner Junge was es unmöglich für ihn, auch nur eine Minute still zu halten. Er rannte den ganzen Tag, stierte mit grossen Augen herum, sprach kaum, hippelte unentwegt. Es wäre nicht möglich gewesen, sich ihn in einer Schule sitzen zu sehen.

Dort, wo er lebt, ist es anders. Wenn die Familie mal wirklich ihre Ruhe brauchte, warf sie ihn in den Fluss, wo er nach einer Stunde flussaufwärts rackern dann doch mal ein paar Minuten ausgepowert war. Mit 5 Jahren kletterte er die Palmen hoch und pflückte die Beeren. Mit 8 war er so fleissig auf dem Feld und im Wald, dass er bereits sein eigenes Geld verdiente und ein eigenes Kanu kaufen konnte. Seine Familie ist stolz auf ihn; er ist ein guter Arbeiter und wird leicht eine Familie ernähren können.

Ich verwette meinen Hintern, dass er in Deutschland mit ADHS diagnostiziert würde. Und wohl entsprechend medikamentös und verhaltenstherapeutisch behandelt.

Daher meine Frage:
Ist es tatsächlich so unnormal, dass ein Menschenkind nicht in ein System passt, das extrem auf geistige Leistung (und wenig körperliche Anstrengung) ausgelegt ist? Muss man davon ausgehen, dass die Störung beim Menschen besteht, der nicht um 6:37h stramm steht, um 7:50 sein Kind fertig angezogen und aufnahmebereit in der Einrichtung abliefert, dann exakt 480 Minuten lang gesellschaftsfähige Leistung erbringt, das Kind wieder abholt und dann auch ja nicht vergisst, den rechtsdrehenden Joghurt fürs Abendbrot zu besorgen?

SST schrieb hier einmal, dass - obwohl die meisten Menschen mal etwas vergessen oder unter Zeitdruck geraten - der entscheidende Faktor der Leidensdruck ist. Für mich stellt sich dann aber immer noch dieselbe Frage: gut geht es ja den wenigsten Menschen in unserem Leistungssystem, ausser in den kurzen Momenten, in denen wir das Gefühl haben, endlich mal zu genügen.

Woran krankt es also?
Nochmal ein Beispiel: hier, wo wir gerade leben, ist die Züchtigung mit dem Stock in den Schulen Alltag. Kein einheimisches Kind entkommt dem. Nun gibt es viele, die trotzdem irgendwann erwachsen werden, Familie haben und ein gesellschaftsfähiges Leben führen. Manche nicht. Die tragen einen grösseren Schaden davon, werden selbst wiederum sehr gewalttätig, alkoholabhängig oder sonstwas. Der Leidensdruck ist bei diesen Menschen eben höher. Dass diese Menschen individuelle Behandlung brauchen, ist klar und unbestritten.
Trotzdem wäre es doch angebracht, das ganze Prinzip der körperlichen Züchtigung zu hinterfragen.

Das Gleiche frage ich mich eben auch in Deutschland.

Es tut mir leid, dass es so lange geworden ist. Vielleicht hat ja jemand Lust, mir ihre Meinung zu schreiben.

 
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