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Geschrieben von Bouillabaisse am 19.04.2024, 23:44 Uhr

Meine Mama

Hallo, meine Mama hatte kein einfaches Leben und ich erhoffe mir hier ein paar Ideen, was ich ihr Gutes tun könnte. Da ich denke, dass hier vielleicht auch einige Frauen in ihrem Alter sind, wäre der Austausch für mich sehr hilfreich :)

Eine Zusammenfassung: meine Mama war immer recht angepasst, sehr gut in der Schule, hat super studiert und als Ingenieurin gearbeitet. Ich denke, sie hatte bis dahin ein ganz gutes Leben, dann lernte sie meinen Vater kennen. Sie wollte nie Kinder, aber weil man das damals so gemacht hat und sie mit 30 schon „alt“ war, bekam sie mich mit meinem Vater. Der hat sich leider als Nichtsnutz herausgestellt und sie trennte sich kurz nach meiner Geburt von ihm.

Ab da passte sie sich ihr Leben an mich an und wie sie selbst sagt, arbeitete sie, um Geld zu verdienen. So nahm sie Jobs an, die ok waren, aber weit unter ihrer Bildung und beim Gespräch heute hatte ich schon das Gefühl, dass sie bereut, sich diesbezüglich nicht selbst verwirklichen zu können. Sie hatte die Unterstützung ihrer Familie, aber die waren eher konservativ drauf und meine Oma hatte meine Mama zb zu einem Job bei der Post überredet - weit unter ihrem Niveau, aber gute Arbeitszeiten und gut bezahlt.

Dann gab es mehrere Umbrüche in unserer Heimat und meine Mama wanderte aus - sie heiratete in Deutschland. Erstmal schien alles super, wir lebten gut hier, dann verlor mein Stiefvater den Job und fand keinen neuen. Sie arbeitete als Putzfrau, half ihn in seiner Putzfirma in ihrer Freizeit mit, das Haus konnten sie mit Ach und Krach halten. Es gab viel Stress, Ärger und Tränen. Mehrfach stand die Trennung im Raum, hat meine Mama aber nie durchgezogen.

Sie hat ein Sprachdefizit und schämt sich nach 30 Jahren in Deutschland leider immer noch dafür. Deshalb traut sie sich auch nichts, entweder ist die Sprache eine Ausrede oder ihr Alter. Tatsächlich hat sie einfach ein Thema mit ihrem Selbstbewusstsein. Naja. Sie hat nach 20 Jahren putzen einen Job an Maschinen angeboten bekommen, ohne Schichtarbeit und damit ist sie recht zufrieden.

Mein Stiefvater ist vor Jahren gestorben, das Haus wurde verkauft. Durch die Krankheit und schließlich Tod meines Stiefvaters hat sie ein ganz schönes Stück an Selbstwertgefühl erlangt - sie hat Autofahren gelernt, hat vieles zwangsweise selbst übernommen und sie lebt jetzt in ihrer eigenen Wohnung und hat ein eigenes Auto. Soweit, so gut. Im zwei Jahren geht sie in Rente.

Wenn ich jetzt an ihr Leben denke, dann finde ich das sehr unbefriedigend (meine eigene Geburt hatte ja auch Anteil daran, dass sie nicht so machen konnte, wie sie wollte). Und, was ich so raushöre, sie auch. Sie hat so vieles gemacht, weil man es halt so gemacht hat, weil es von ihr erwartet wurde (ich hatte neulich auch die Erkenntnis, dass meine Großeltern vielleicht doch nicht soooo toll waren, wie ich bisher glaubte), sich immer angepasst, niemals ist sie richtig ausgebrochen (außer das auswandern, aber das ist ja im Grunde auch schief gelaufen), Sie hatte auch nie eine liebevolle Partnerschaft auf Augenhöhe, aber sie sagt, jetzt möchte sie keinen Partner mehr und das respektiere ich.
Sie hat nie für sich gelebt oder gemacht, was sie wollte.


Ich möchte sie gerne ermutigen, das nun zu tun. Den Job wechseln wird sie jetzt nicht mehr, aber vielleicht habt ihr Ideen, wie ich sie dabei unterstützen kann, das Leben mehr…zu genießen…? Ihr Thema ist eindeutig Geld. Mein Mann und ich sparen für sie seit Jahren etwas und geben es ihr, wenn sie in Rente geht, damit kann sie ein bisschen was Schönes machen. Aber das ist ja einmalig. Ich denke nicht, dass es für sie die Erfüllung wäre, auf ihre Enkel aufzupassen, das ist auch schonmal raus ^^ sie ist ü60 - was kann man in dem Alter noch starten, was einen glücklich macht? Was aber nicht so teuer ist?

Ich würde sie gerne ermutigen und inspirieren - ich habe Angst, dass sie in Rente sich völlig aufgibt, manchmal habe ich Angst, dass sie in eine Depression schlittern könnte. Natürlich will und kann ich sie nicht zwingen - aber jedes Mal, wenn sie irgendwas plant oder ich eine Idee bringe heißt es: „ich bin zu alt“ oder „ich kann nicht gut genug deutsch!“ das bremst sie total.

Mein Mann und ich überlegen auch, ihre Wohnung abzubezahlen, dann kann sie die zwei Jahre in Rente noch etwas freier sein. Vielleicht die Wohnung vermieten und zu uns in Stadtnähe ziehen. Hier gibt es viele Menschen und Treffs aus unserem Heimatland und auch so mehr Möglichkeiten als auf dem Land. Ich habe das mal so nebenbei erwähnt als Option und ich habe gemerkt, wie es in ihr rattert, aber da kam wieder was Negatives raus a la, sie sei zu alt…
Vielleicht habt ihr ja Gedanken oder Ideen dazu.

 
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