Bitte noch ein Baby

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Geschrieben von schroedingerskruemel am 05.05.2024, 20:05 Uhr

Ich will ein Kind aber mein Freund zögert

Ich lese heraus, du vermisst deinen Sohn ganz arg. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ist, wenn das Jugendamt ein Kind in Obhut nimmt und in eine fremde Pflegefamilie oder Wohngruppe steckt. Dein Sohn, er ist noch so klein, egal, welche Zustände zu Hause herrsch(t)en, jedes Kind vermisst sein Zuhause. Das muss für dich und deinen Sohn derart einschneidend gewesen sein, dass tut mir in der Seele weh.

Ich sehe bei dir eine rote Flagge: Du willst den Verlust deines Sohnes durch ein neues Baby kompensieren. Und eine Chance, es besser zu machen. Es allen zu zeigen, dass du es besser kannst.

Ich habe eine Verwandte, die ist Familienhelferin und hat mit Kindewohlgefährung und Hilfeplanung zu tun. Ich frage bei ihr oft nach, und lasse mir Situationen erklären... einfach weil ich das so schrecklich finde, wenn Kinder aus den Familien genommen werden müssen.

Was ich gelernt habe: Dass das Jugendamt euch in den "höchsten Tönen" lobt, das heißt nur, dass ihr im Moment eure Auflagen erfüllt und alles tut, was ihr sollt.

Dennoch lese ich aus deinem Post nicht heraus, dass euch in naher Zukunft in Aussicht gestellt wurde, dass euer Sohn wieder bei euch integriert wird. Und so lange dass nicht so ist, macht ihr für das Jugendamt nicht genug Fortschritte oder seid in einem Bewährungsrahmen.

Nochmal, und das muss dir ganz klar sein: Euer Kind lebt nicht bei euch, weil das Jugendamt glaubt, es wird gefährdet, wenn es bei euch wohnt. Ob das Amt damit Recht hat oder hemmungslos übertreibt, das ist nicht die Frage. Hier zählt alleine die Einschätzung des Amtes, so unfair das oft auch sein mag.

Wenn du in dieser Situation ein neues Baby bekommst, dann wird deine Schwangerschaft ganz genau beobachtet. Es wird geschaut und sich eingemischt, dass du alles richtig machst, alle Vorsorgetermine wahrnimmst, dem Baby gerecht werden kannst. Es wird geschaut, wie dein Freund mit dir umgeht, wie die Schwangerschaft sich auf eure Beziehung und eure Elternfunktion auswirkt... und es wird automatisch geprüft, ob für das Baby eine Kindeswohlgefährdung besteht. Im besten Fall bekommst du eine Familienhebamme, eine Ausweitung der Familienhilfe und engmaschige Besuche. In aller schlimmsten Fall, sollte das Jugendamt zu dem Schluss kommen, dass ein Neugeborenes bei euch nicht gut aufgehoben ist, wirst du die Entbindungsstation ohne dein Baby verlassen müssen. Und es gibt nichts, was du in kannst. Außer, dir in der Schwangerschaft schon einen Abwalt zu nehmen, der euch berät.

Glaube mir, die Jugendämter sehen viele leidende Mütter, deren Herz vor Sehnsucht zerspringt. Und wenn sie hören, du willst ein neues Baby, um dich zu beweisen, dann legen sie dir das negativ aus, was deine Beziehung zu deinem Sohn angeht.

Selbst, wenn sich das Jugendamt nicht für deine Schwangerschaft und dein Baby interessieren sollte - was wohl durchaus auch vorkommen kann - was denkst du, wie geht es deinem Sohn, der dann (noch) nicht nach Hause kommen darf? Wie wird es für ihn sein, wenn ein Gewisterkind bei Mama sein darf, und er auf dich verzichten muss? Du sagst, er freut sich darauf, dass er sein Gewisterchen besuchen kann. Aber das muss nicht so bleiben. Dein Sohn wird älter und seine Gefühlswelt wird komplexer, und es macht einen Unterschied, sich ein Geschwisterkind vorzustellen, oder tatsächlich zu erleben, wie ein Geschwisterkind zu Hause wohnt... und vielleicht das eigene Kinderzimmer teilen oder hergeben zu müssen. Und zu verstehen, warum das Baby bleiben darf, und das große Kind wieder weggeschickt wird... das stelle ich mir mir 9 Jahren schwierig vor.

Es muss deine allererste Priorität sein, deinen Sohn wieder bei dir zu Hause zu haben, dauerhaft. Es muss dort voran gehen. Und erst dann, wenn das Jugendamt sich zurückzieht, kannst du an ein weiteres Baby denken.

Wenn ich lese "mein Freund steht drauf, wenn es riskant ist", dann schrillen bei mir alle Alarmglocken. Wenn er sich nur dann nicht besaufen will, wenn du schwanger bist, dann ist das die zweite deutlich rote Fahne, die ich sehe. Das sind unreife Verhaltensweisen, die beide nicht dazu führen, dass euer Sohn wieder bei euch leben kann.

Wenn du sagst, du willst nicht mehr, dann mache ich mir Sorgen. Du hast eine psychische Erkrankung und sagte, du bist gut eingestellt, dennoch scheinst du an einem Limit zu sein. Du hast jemanden, der dich braucht, und das ist dein Sohn. Wenn du das nicht fühlst, dann brauchst du mehr Hilfe für dich. Ein neues Baby ist keine Lösung, es kann nicht dafür da sein, deinem Leben einen Sinn zu geben. Was ist mit den anderen Standbeinen? Partnerschaft? Familie? Beruf? Hobbys? Interessen? Was macht dich zu dem einzigartigen Menschen, der du bist?

Ich glaube dir sofort, wenn du sagst, von allem gibt es so wenig in deinem Leben. Du vermisst deinen Sohn. Du musst dich um deine psychische Gesundheit kümmern. Du musst dich beweisen, jeden Tag. Dann riskieren bitte nicht, ein Baby zu bekommen, was dir dann in der momentanen Situation im worst case auch noch weggenommen werden könnte.

Sprich mit denen, die für den Hilfeplan zuständig sind. Frage aktiv nach, was der nächste Schritt ist, damit dein Sohn wieder nach Hause kommt. Wenn sie das nicht sagen wollen, dann frage immer wieder nach. Zeige aktives Interesse, und wenn sie nicht mit der Sprache herausrücken, dann konfrontiere sie damit, warum sie Bedenken haben, den nächsten Schritt zu gehen. Warte nicht, dass sie euch wir Schachfiguren über das Brett ziehen.

Schaut, was ihr noch tun könnt. Es gibt Elternkurse zu Erziehungsthemen, die angeboten werden. Eine Teilnahme an einer Elterngruppe wird auch immer positiv gewertet. Oder mache eine Erste-Hilfe-Kurs für Kinder, so doof sich das anhört. Zeige, dass es dir ernst ist, dass dein Kind nach Hause kommt.

Wenn es eine Mängelliste vom Amt gibt, dann geht diese durch. Müssen räumliche Mängel beim Wohnen beseitigt werden, ist das eine andere Sache, als wenn ein Kind aufgrund einer Erkrankung eines Elternteils nicht zu Hause leben kann.

Ich denke an den Verdacht einer Suchterkrankung: Sollte es damit zu tun haben, dass dein Partner sich besäuft, dann muss er die Verantwortung tragen, sich in eine Suchtberatung begeben und in Eigeninitiative Abstinenz nachweisen. Auch, wenn er denkt, dass er nicht abhängig ist... sollte der Alkoholkonsum negativ aufgefallen sein, hilft nur ein Abstinenznachweis.

Wenn deine psychische Erkrankung dazu geführt haben sollte, dass dein Sohn nicht bei euch wohnt, dass bist du selbst die größte Priorität. Dann muss dein Ziel sein, dass es dir gut geht. Dann musst du egoistisch sein und deine Gesundheit über die Bedürfnisse anderer Erwachsener zu stellen. Mit schrillt der Alarm, wenn ich höre, du braust jemanden, um den du dich kümmern kannst. Die Person bist du selbst. Da musst du nicht weit suchen. Du bist die Mutter deines Sohnes, egal, wo er wohnt. Und auch da - erst Recht da - gilt: Geht es der Mama gut, geht es dem Kind gut.

Ich wünsche dir viel Kraft für deinen Weg. Trotz meiner deutlichen Worte - oder gerade deshalb - kann ich verstehen, dass dein Mutterherz leidet. Und ich verstehe auch einen Kinderwunsch. Den darfst du natürlich auch in deiner Situation haben. Aber bitte, um deiner selbst Willen und im Interesse eines Neugeborenen, was dann vielleicht das Leben ohne Mama starten muss: Lasst euch gut beraten. Wenn ihr unbedingt jetzt ein Kind wollt, dann holt das Jugendamt ins Boot. Fühlt nach, was sie so davon halten... ihr werdet an deren Reaktion sehen, was sie wirklich denken. Sprecht das Unausprechliche aus: "Ich habe einn Kinderwunsch und ich habe Angst, dass mir das Kind weggenommen wird, weil ja auch unser Sohn nicht bei uns leben darf."

 
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