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Geschrieben von Hase67 am 02.08.2021, 9:02 Uhr

Die Retter der deutschen Sprache. (Eine sehr lesenswerte Kolumne!)

Das mag ja sein, in unserer Nachbarschaft lebten bis vor einigen Jahren Roma-Familien, und die Mutter eines Kindes kannte ich recht gut, weil der Sohn in eine Klasse mit meinem ging. Diese Familien haben sich untereinander auf Deutsch auch als "Zigeuner" bezeichnet, weil sie Bulgaren waren und das die wörtliche Übersetzung von "tsigani" ist.

Erstens ist es aber etwas anderes, wie Menschen sich untereinander bezeichnen, das heißt noch lange nicht, dass ich als Außenstehende das Recht habe, sie so zu bezeichnen, wie sie sich selbst bezeichnen, schon gar nicht, wenn ich Kollektivaussagen über sie treffe. Und das andere, was man auch sehen muss: Diese eine Mutter, mit der ich Kontakt hatte, war Analphabetin, sprach radebrechend Deutsch und hatte im Deutschen (und vermutlich auch im Bulgarischen) einen entsprechend eingeschränkten Wortschatz. Möglicherweise war der Begriff, den sie und ihre Familienmitglieder verwendeten, auch einfach das "gängige", was sie eben kannten und oft gehört hatten, mit den damit verbundenen Konnotationen hatten sie sich möglicherweise vor allem im Deutschen noch nicht auseinandergesetzt, weil sie auch als relativ hermetische Community lebten und es allenfalls gelegentlichen Kontakt zu einigen anderen Müttern aus den Schulklassen der Kinder gab.

Was ich damit sagen will: Man kann von Einzelfällen, die man persönlich kennt, nicht darauf schließen, dass sie allgemein übertragbar sind. Und im Zweifelsfall sind es eben auch für andere Kulturen die übergeordneten Verbände und die hier bei vielen so verhassten Intellektuellen, die sich mit den Implikationen des Diskurses auseinandersetzen und entsprechende Entscheidungen fällen. Das mag dann zwar nicht immer "dem Volk aufs Maul geschaut" sein, und es heißt auch nicht, dass jede Abweichung vom korrekten Sprachgebrauch gleich böswilliger Rassismus oder Diskriminierung ist, aber es ist eben Unwissenheit. Und sich dagegen zu wehren, wenn man auf diese Unwissenheit hingewiesen wird, ist oftmals ein persönlicher Schutzreflex, weil man sich eben nicht in seiner Wortwahl, sondern als Person mit seinem gesamten Denk- und Herkunftsgebilde kritisiert fühlt. Dabei muss man das oft gar nicht so groß denken, manchmal reicht es auch einfach wirklich, seine Wortwahl zu korrigieren. Es ist gar nicht so kompliziert, statt "Farbiger" "PoC" zu sagen, wenn man seinen persönlichen Widerstand dagegen, dass man das ja noch nie so gesagt hat, überwindet. Aber genau an letzterem scheitert es häufig, weil man sich an Sprachgebräuche klammert, als ob sie mehr wären als einfach ein Werkzeug zur Kommunikation.

 
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