Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Mama Heike am 28.09.2006, 22:35 Uhr

@phifeha - Was ich machen würde.

Hallo Phi,

du hast hier schon sehr viel geschrieben und ich habe oft versucht, „herauszuhören“, nach welcher Erziehung Philipp verlangt.
Wenn du hier schreibst, bist du immer sehr emotionsgeladen, denn die „Bombe“ ist dann wieder geplatzt und du lässt Dampf ab. Dass, was du dann an Erziehung für Philipp beschließt, hört sich oft sehr „drastisch“ an und ich muss gestehen, dass ich dann auch lieber weghöre.
Den Philipp, den wir hier durch dich kennen gelernt haben, ist einfach nur eine „Plage“. Nun hoffe ich mal stark, dass das nicht 24 Stunden täglich DEINE Sicht auf deinen Philipp ist. Jedenfalls beteuerst du immer, dass du ihn liebst und alles für ihn machen würdest, und das glaube ich dir auch.

Jedes Kind, auch wenn es noch so anstrengend und egoistisch erscheint, hat es jeden Tag aufs Neue verdient, dass wir uns selber in Frage stellen. Das heißt natürlich nicht, dass du jetzt ein Trauerklos wirst, der an allem schuld ist. Nein, du bist nicht schuld, du bist aber MITschuld und weil du es bist, kannst du auch etwas ÄNDERN!

Du musst DICH ändern und dein Mann gleich mit dazu! Ihr beide müsst SEIN und VORLEBEN, was Philipp einmal sein SOLL.

Leider könnt ihr nicht mehr auf die Nachahmungskräfte vertrauen, denn die verlieren sich mit der Schulreife zugunsten des Verstandes. Aber es ist noch lange nicht Hopfen und Malz verloren.
Was ihr beide vorlebt, daran kann Philipp lernen. Es geht nicht von heute auf morgen, aber es kann Schritt für Schritt gehen, wenn ihr euch wirklich bemüht.

Für das Kind keine Mühen zu scheuen, dass finden viele hier umständlich und wenig notwendig (Ich erinnere nur mal an das „Blumentopfbeispiel“.), aber bei vielen Kindern bleibt dir einfach keine andere Wahl.

Du musst überlegen, wo dein und das Verhalten von deinem Mann nicht zu dem passt, was ihr Philipp für sein Leben mitgeben wollt. Zum Beispiel möchtest du gern, dass Philipp die Schulsachen (wenigstens nahezu) vollständig nach der Schule wieder mit nach Hause bringt. Er muss also überlegen: Was hatte ich morgens im Schulranzen? Ist es jetzt noch da? Wenn nicht, wann hatte ich es zuletzt? Kann ich es dort finden?

Ich würde folgendes machen: Ich würde eine Tabelle anlegen, wo auf der linken Seite die Schulsachen stehen, fein säuberlich untereinander sortiert die Schreibsachen wie Buntstifte, Bleistifte, Füller, Radiergummi, Anspitzer, dann Bücher, Schulhefte, Mappen, Turnzeug, Malsachen mit Pinsel und Farbe usw.
Neben den aufgelisteten "Schulsachen" ist eine erste Spalte, die heißt: „Im Ranzen sind“. Und jeden Abend packe ich gemeinsam mit meinem Kind gutgelaunt den LEEREN Ranzen anhand der Liste und dem Stundenplan: 8 Buntstifte, 2 Bleistift, bei Füller macht das Kind ein Kreuz, bei Radiergummi ein Kreuz usw. und bei den Büchern und Heften die entsprechenden Fächer eintragen.
Wenn das Kind noch nicht lesen kann, ist neben dem Wort „Stift“ ein kleines Bildchen von einem Stift.

Ist alles im Ranzen verstaut, lege ich die Liste dazu. Die Tabelle hat eine zweite und dritte Spalte, die zweite heißt „In der Schule“, die dritte heißt „Ich gehe nach Hause“. Ich würde für eine gewissen Zeit jeden Tag nach der Schule und vor der Ganztagsbetreuung in die Schule gehen und gemeinsam mit meinem Kind den Ranzen kontrollieren und alles anhand der Liste abhaken, was noch da ist. Das fehlende suchen und mein Kind in die Ganztagsbetreuung gehen lassen.

Nachmittag würde ich zum zweiten Mal mit dem Kind den Ranzen kontrollieren und abends den leeren Ranzen gemeinsam neu bestücken. Jeden Tag mit einer neuen Liste und einem zuversichtlichen und aufmunternden Lächeln im Gesicht. Und Stück für Stück würde ich die Arbeit meinem Kind auftragen, bis eines Tages die Liste und meine Kontrolle nicht mehr erforderlich sind.

Viel Mühe würde ich auf mich nehmen und es würde mir eine Menge Überwindung kosten, meinen Tagesablauf vorübergehend (nicht für immer) umzustellen. Ich würde für mich kein Argument und keine Ausrede gelten lassen, außer ich bin in Arbeit. Dann würde ich den Vater oder die Oma überzeugen. Ich hätte den starken Willen, meinem Kind zu helfen und ich würde alle Anstrengungen unternehmen.

Ich wäre dann in meinem Handeln so, wie ich es mir für mein Kind WÜNSCHE. Mein Kind soll Anstrengungen aus eigenem Antrieb meistern lernen. Es wird auch seine Schulsachen nur beieinander halten, wenn es das selber will.

Wenn ich meinem Kind zu wenig NACHVOLLZIEHBAR vorleben, was es wirklich heißt, sich zu mühen, sich anzustrengen, sich zu disziplinieren, wie soll es das denn sonst lernen? Von meinem gutgemeinten „Gelaber“ (Kümmer dich doch bitte besser.) lernt es das jedenfalls nicht. Manche Kinder lassen sich durch Drohungen oder Furcht beeindrucken oder man kann sie mit einem Belohnungssystem locken. Ja diese Eltern haben es gut, die brauchen sich (eigentlich ?) nicht so abmühen.

Phi, ich weiß, dass es nicht leicht ist. Und vielleicht ist es auch schwer zu verstehen, was ich ausdrücken will. Dann lies doch bitte noch mal oder frag einfach.

Vielleicht denkst du auch, Philipp hat doch einen starken Willen! Ja, aber nur, wenn es um die „lustigen“ Seiten des Lebens geht. Aber dieser Wille ist nur wie das Quäken eines Baby, wenn es um seine Bedürfnisse geht. Der Wille ist nicht stark genug, um aus eigenem Antrieb die Anstrengungen in seinem Schulleben und späteren Leben zu meistern.

Wenn sich etwas ändern soll, muss du den Willen von Philipp stärken wie einen Muskel: Eine leistungsorientierte Sportgruppe ist gut; regelmäßig aufgetragene Tätigkeiten, wo seine Kraft und sein Verstand gebraucht werden; handwerkliche Dinge, wo er etwas Nützliches über einen längeren Zeitraum von Anfang bis Fertigstellung eigenverantwortlich herstellt (aber unter Anleitung, vom Papa?) und es geht nicht ohne euch. Wenn du sagts, es interessiert ihn einfach nichts, dann stelle ich euch die Frage: Was interessiert euch als Eltern, wofür begeistert ihr euch und nehmt deswegen auch Anstrengungen in Kauf?

Philipp hat viele Möglichkeiten in der Ganztagsbetreuung , aber er nimmt sie nicht an, weil sein Wille total lahm ist, er will sich lieber amüsieren. Er hat noch nicht gelernt, wie schön und beglückend es ist, etwas aus eigenem Antrieb zu schaffen (oder es wurde vor langer Zeit nicht ausreichend geachtet.)
Ihr müsst ihm die Schaffensfreude aktiv vorleben und ihn anstecken, es euch gleich zu tun. Und das heißt: keine Mühen scheuen. Schaffensfreude ist etwas tolles, sie gibt dem Leben einen Sinn.

Falls du noch Fragen hast, ich kann erst in 10 Tagen antworten. In Berlin sind schon wieder Ferien und wir verreisen morgen.

Viel Glück und liebe Grüße
Heike

 
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