Frage: Verschiedene Aussagen

Sehr geehrter Herr Dr. Gagsteiger, ich habe 2 frühe Verluste gehabt und davor eine gesunde Tochter (ohne jegliche Medikation). Nun haben mein Mann und ich gefüllt alles (teilw. im Ausland) testen lassen. Das einzige auffällige waren 2 Mutationen: PAI-1 4G/5G und MTHFR A1298C, heterozygot. Homocystein liegt bei 6.1 umol/l. Ich nehme schon "immer" methylierte Vitamine. Im Ausland wurde Clexane (so früh wie möglich/nach Eisprung) und ASS (ab positivem SS Test) empfohlen. KiWu Zentrum hier vor Ort wollte die Ergebnisse nun aber auf Deutsch haben und sie haben mich ins Blutgerinnungszentrum hier nochmal geschickt. Hier wurde mir mitgeteilt, dass die PAI-1 keine Aussagekraft hat bzw. das Ergebnis keine Konsequenz hätte und das die Kollegen im Ausland die Tests nur "wegen Geld" gemacht hätten. Also wurde das nicht nochmal kontrolliert. Wie sehen Sie das? Gibt es evtl. Nebenwirkungen für das ungeborene Kind, die mit Einnahme dieser Medikamenten zusammenhängt? Muss bei der Einnahme ein Monitoring von irgendwelchen Werten stattfinden? Was soll ich tun? Nach 2 FG trotzdem auf Clexane/ASS verzichten? Andere Blutgerinnungszentrum aufsuchen? KIWU Zentrum möchte ja Ergebnisse vom deutschen Arzt. Oder soll ich mich komplett im Ausland behandeln lassen (leider 400km Weg - umständlich)? Vielen Dank!  

von kugelbauch12 am 25.04.2024, 06:44



Antwort auf: Verschiedene Aussagen

Es tut mir leid zu hören, dass Sie solche Schwierigkeiten durchmachen müssen. Die Fragen, die Sie aufwerfen, sind komplex und berühren wichtige Aspekte der reproduktiven Medizin sowie der Hämostaseologie. Zu den genetischen Mutationen: Die PAI-1 4G/5G und MTHFR A1298C Mutationen sind in der Tat häufige genetische Varianten, deren klinische Bedeutung oft debattiert wird. Die MTHFR-Mutation, insbesondere in der Form A1298C, wird in manchen Studien mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Gesundheitsprobleme in Verbindung gebracht, allerdings ist die Datenlage nicht eindeutig genug, um starke klinische Empfehlungen auszusprechen, insbesondere wenn der Homocysteinspiegel, wie bei Ihnen, normal ist. Die entsprechenden Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften empfehlen hier keine Gabe von Medikamenten. Zum Einsatz von Clexane und ASS: Clexane (ein niedermolekulares Heparin) und ASS (Acetylsalicylsäure) werden häufig bei bestimmten Fällen von wiederholten Fehlgeburten empfohlen, insbesondere wenn Thrombophilien oder bestimmte Autoimmunerkrankungen vorliegen. Bei Ihnen scheint die Indikation hierfür aufgrund der im Ausland durchgeführten Tests gestellt worden zu sein. Die Verwendung von Clexane nach dem Eisprung und ASS nach einem positiven Schwangerschaftstest könnte darauf abzielen, die Blutversorgung der Plazenta zu verbessern und eine erneute Fehlgeburt zu verhindern. Zu den Nebenwirkungen: Wie bei jedem Medikament gibt es auch bei der Anwendung von Clexane und ASS mögliche Nebenwirkungen. Bei Clexane können dies unter anderem Blutungen, Hämatome an der Injektionsstelle oder selten eine heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) sein. ASS kann das Blutungsrisiko erhöhen. Monitoring: Es ist üblich, dass bei der Anwendung von blutverdünnenden Medikamenten bestimmte Blutwerte regelmäßig kontrolliert werden. Diese können Blutbild, Blutgerinnungswerte und die Überprüfung auf mögliche Nebenwirkungen umfassen. Ihr behandelnder Arzt oder Ihre Ärztin kann Ihnen genaue Auskünfte darüber geben, welche Werte in Ihrem speziellen Fall überwacht werden sollten. Was Sie tun sollten: Kommunikation mit Ihrem KiWu-Zentrum: Es ist wichtig, dass Sie Ihre Bedenken und die Empfehlungen aus dem Ausland mit Ihrem lokalen KiWu-Zentrum besprechen. Die Tatsache, dass sie Ergebnisse von deutschen Ärzten möchten, ist verständlich, da dies oft mit den medizinischen Standards und der Haftung zusammenhängt. Zweite Meinung einholen: Das Aufsuchen eines anderen Blutgerinnungszentrums oder das Einholen einer zweiten Meinung bei einem Spezialisten für mütterliche-fetale Medizin könnte hilfreich sein, um Klarheit über die beste Vorgehensweise zu gewinnen. Betrachtung der Behandlungsoptionen: Falls die Reisen ins Ausland zu umständlich sind, Sie sich dort aber besser aufgehoben fühlen, könnten regelmäßige Konsultationen dort eine Option sein, sofern dies logistisch und finanziell für Sie machbar ist. Prüfen Sie aber unbedingt die Seriosität! Hier tummelt sich viel "Geschäftemacherei"! Es ist wichtig, dass Sie eine Behandlung wählen, die medizinisch sinnvoll ist und bei der Sie sich sicher und unterstützt fühlen. Die gute Zusammenarbeit mit Ihrem KiWu-Zentrum, um eine vollständige Bewertung Ihrer Situation und Ihrer medizinischen Geschichte zu gewährleisten, ist entscheidend. Gerne dürfen Sie sich auch an uns wenden (www.bestfertility.de).

von Dr. Friedrich Gagsteiger am 25.04.2024