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Geschrieben von Schwarzwald am 18.05.2012, 12:06 Uhr

Gewalt und sexueller Mißbrauch im Kinderheim Luginsland in Todtmoos-Weg

Als ich das erste Mal ca. 1973 oder 1974 in diesem Kinderkurheim war, wurde es von der Lungenfachärztin Dr. Liselotte Boedeker geleitet. Nach einem Brand 1974 wurde es von Hildegard Augustinski gekauft und renoviert. Später war es ein Eltern-Kind-Kurheim, heute ist es ein Hotel.

In den späten siebziger Jahren war dieses Haus ein Kinderkurheim der DAK mit teilweise erheblichem Ausmaß von Gewalt unter den Kindern. Damals lebte hier auch ein ca. 12 Jahre altes geistig behindertes Mädchen mit dunklen glatten Haaren und Brille, und manche Kurkinder machten sich einen Spaß daraus, es zu überreden, sich nackt auszuziehen und mit den anderen Kindern Fangen zu spielen. Da war dann große Gaudi und Geschrei, weil das auch etwas gruselig war, und irgendwann kam jemand und unterband die Sache.

Unter den Kurkindern gab es unglaubliche Drangsalierungen und auch sexualisierte Gewalt. In den Zimmern spielten manche Kinder nicht "Doktor", sondern "Puff". Zu den Drangsalierungen von Kindern gegen Kinder gehörte es auch, dem anderen die schweren Garten-Wurfpfeile genau auf die Fußspitzen zu werfen. Manche Kinder verlebten ihre sechs Wochen hier in permanenter Angst. Mindestens einmal wurde hier ein Kind mit Gewalt zu sexuellen Handlungen gezwungen.

Auf einer der Wanderungen erlebte ich einmal mit, wie ein eher harmloses Kind von zwei oder drei anderen festgehalten wurde, während ein anderer Junge mehrere lange Brennessel-Ruten holte, mit denen das Kind dann systematisch gequält wurde. Ich bin ziemlich sicher, daß ich das direkt einer Betreuerin gesagt habe. Die Betreuerinnen waren ca. 17 bis 20 Jahre alt und haben auch auf konkrete Hinweise einen eher schwachen und orientierungslosen Eindruck gemacht. Die Heimleiterin Hildegard Augustinski hatte keinen Blick für die Vorgänge, ich habe sie als unsympathische und strenge Person in Erinnerung, die anderes im Kopf hatte. Eine Betreuerin hatte eine grüne Schirmmütze mit dem Sprite-Schriftzug, und wir scherzten, daß sie wohl von einer Tankstelle sei. Die Zimmer hatten Namen und entsprechende Motive an der Tür, danach wurden auch die Kinder zugeordnet.

Es gab eine Menge Spiele, Aktivitäten, Ausflugsfahrten und ausgedehnte Wanderungen in die sehr schöne Umgebung von Todtmoos und (zu Fuß) auch in den Ort. Als ich bei einer Schnitzeljagd ein paar Papierstückchen in einen Briefkasten geworfen hatte, stellte mich ein älterer Todtmooser Bürger zur Rede und hielt mir einen Vortrag darüber, daß man in einen Briefkasten keine Papierstückchen werfen darf. Unser Geld wurde natürlich einkassiert, wir bekamen damals wochenweise immer nur einen Teil davon, das wurde auch genau aufgeschrieben. Als ich dort für sechs Wochen abgegeben worden war, gab es eine Gruppe von Kindern aus dem Raum Darmstadt, die eher in ein Erziehungsheim gehört hätten. Einer von denen war mal bei einer Wanderung verschwunden und wurde dann von der ganzen Kindergruppe lautstark gerufen. Der erzählte einmal, er habe in einem anderen Kinderheim, in Sankt Peter Ording, einem Mädchen mal einen Finger "in die Futt" gesteckt.

Ich kann mich noch gut erinnern, daß wir mal die Mittagsruhe auf dem langgezogenen, sonnenwarmen Holzbalkon machten und dabei Comics lasen. Ein Junge mit dicklicher Statur roch aufdringlich nach Fisch aufgrund mangelnder Hygiene. Ich weiß auch noch, wie wir uns in einer Reihe anstellten und jedes Kind aus einer großen Nivea-Dose eine Portion ins Gesicht bekam und dann verreiben sollte. Die Zimmer waren mit vier Stockbetten (also für jeweils acht Kinder) eingerichtet. Die gewaschenen Kleidungsstücke wurden in einer Art Plenum hochgehalten und man mußte sich melden - schwierig, wenn man seine Sachen nicht genau wiedererkannt hat. Neben den üblichen Comics waren die kleinen "Tramp"-Bücher von Pelikan ein großes Thema, denn es gab diese Bücher zu sehr vielen verschiedenen Themen. Ich hatte mal eins in der Hosentasche vergessen, als die Hose in die Wäsche kam. Spätabends schlich ich mich runter, wo die ganze Wäsche auf einem Riesenhaufen lag, und fand tatsächlich meine Hose wieder. Eine weitere starke Erinnerung war das lange Pflücken wildwachsender Heidelbeeren. Wir ernteten da quasi unseren eigenen Nachtisch. Außerdem gab es neben dem Heim ein Schwimmbecken, das aber wohl nur zeitweise genutzt wurde. Es gab gelegentlich auch richtige Fernsehabende.

Auch einen Busausflug in den Europapark Rust habe ich noch gut vor Augen, es gab dort sehr große Lutscher in Plastikfolien, und dort hatten sich zahlreiche Wespen schon durchgebissen und fraßen unter der Verpackung große Hohlräume in die Lutscher. Wir fuhren auch zur "größten Kuckucksuhr der Welt". Soweit ich mich erinnere, wurden einige Mahlzeiten auch in dem kleinen Nebengebäude eingenommen. Ich erinnere mich an Graubrot mit Butter und roter Marmelade, dazu gab es Kakao und sicher auch den üblichen Hagebuttentee. An der Rezeption gab es Postkarten mit dem Heim drauf, die kosteten nach meiner Erinnerung 30 Pf.

Natürlich hat man sich immer sehr über Post gefreut, besonders über ein Paket mit Süßigkeiten. Wenn andere sowas hatten, war man natürlich neidisch.

Zu der Frage, wieso man sich erst so spät meldet: Ich habe etwa drei Jahre später auf einer Autofahrt meinen Eltern eine Sache ganz eindeutig gesagt. Sie beendeten ihre Unterhaltung, wir fuhren schweigend nach Hause, danach ging es ins Bett. Sie kamen niemals darauf zu sprechen, inzwischen seit 30 Jahren.

 
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