Rund um die Erziehung

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Geschrieben von solelo am 27.11.2006, 23:18 Uhr

Nichterziehung/Brainstorming + Antwort Mama Heike

Hallo Mama Heike, Marion und all die anderen, die mitgesenft haben,

hier mein Senf :-)

*friedliche Eltern-Kind-Beziehung (rEKB *gg*)

ja, das ist ganz gut, Baunmühl spricht auch von BEziehung. Trotzdem, geht nicht als Verb. Man braucht ein Verb, um darüber reden zu können.

*friedliches Aufziehen

mh, klingt fast wie Hunde aufziehen. Und eigentlich auch wie "erziehen". Ziehen ist eh schon schlecht ;-)

*friedliches Großwerden

das ist gut, aber von der Perspektive der Kinder aus gesehen. Das beschreibt nicht, was die Eltern dabei machen...

* elterliche Friedfertigkeit *gg*
* So wie ich dir, so du mir *gg*

LOL ;-)

* unautoritär erziehen

ist doch eigentlich fast das gleiche wie Antiautoritär erziehen. Also auch von Sinn her sehe ich keinen Unterschied, das war genau das, was antiautoritäre erziehung wollte.

* intuitive Begleitung

ganz nett, geht auch als Verb :-) Überhaupt auch ohne "intuitiv", ist "begleiten" schon echt gut, das trifft es schon eher. Antiautoritär oder von mir aus unautoritär begleiten, hört sich gut an.

Vielleicht sogar: Kindgeleitete Begleitung, das würde das widerspiegeln, was Mama Heike schon sagte, im Grunde braucht man nur auf das Kind zu hören, dann weiß man, ob man es richtig macht.

Wenn man den Begriff "Erziehung" unbedingt behalten will, kommt es mir so vor, als wolle man sich ein Hintertürchen offen halten um doch noch ab und zu zu "trainieren".

Begleitung, "Lenken" oder nicht - es kommt letzten Endes immer darauf an, wie man sich verhällt, wenn *nicht* das "gewünschte" (von den Eltern gewünschte!) Verhalten eintritt! Daher stört mich das "Lenken" auch, weil ich mir vorstelle, dass es Eltern gibt, die solange "Lenken" (nerven), bis das Kind aufgibt und das halt einfach tut, was erwartet wird. Es geht nicht darum, nur die "positiven" oder "friedlichen" Erziehungsmethoden zu verwenden, es geht darum, sämtliche Erziehungsmethoden, "Techniken", fallen zu lassen und dem Kind einfach nur ein Umfeld zu bieten, indem es sich selbst entfalten kann (dabei ist doch völlig klar, dass wir nicht die gaaaaanze Bandbreite, die diese Welt an Möglichkeiten hat, bieten können!). Ich kann ein paar Mal sagen "wir machen den Mund zu bei Essen", aber dann ist es schon genug Lenkung, manche Nichterzieher werden sogar sagen, es überhaupt angemerkt zu haben, ohne gefragt worden zu sein, ist zu viel des Guten. (Man könnte auch warten, bis das Kind das selbst sieht oder irgendwann das Thema ganz natürlich aufkommt, etwa wenn das Kind fragt, was "Manieren" sind, weil es das irgendwie in einem Buch gelesen hat oder so). Wenn man JEDEN TAG oder häufig ständig genervt wird mit "friedlichen" Bemerkungen oder "Info" oder "Erinnerungen", dann ist es nicht mehr "begleiten" und auch kein kindgeleitetes begleiten sondern begleiten nach den Vorstellungen der Eltern = Erziehung.

Antwort zu Mama Heikes Bemerkungen:

***Sieh es mal so, wir haben alle eine Menge Dinge im Kopf, die Experten (oder welche die es sein wollen) einmal losgelassen haben. Diese Dinge haben wir "verdaut" und die haben nun ihren Platz in unserem Kopf.
Wir haben ausgewählt, was zu uns passt (mit all unseren Erfahrungen) und womit wir uns idendifizieren können, was uns logisch erscheint und aufgrund unserer Erfahrung Sinn macht oder machen könnte.***

Was du hier beschreibst ist eigentlich genau das Gleiche, was im Kopf des Kindes vorgeht. Indem du ein Umfeld für dein Kind schaffst, und indem du es unbewusst/ungewollt "beeinflusst", egal wie "wenig" du erziehst, *bildest* du den Charakter und den Geist nicht. Das Kind entscheidet *selbst*, was es aufsaugt, und was nicht, was nützlich ist, und was nicht. Es vermischt die Info mit den eigenen Erfahrungen und zieht seine eigenen Schlüsse. Wie du schon sagst "WIR haben ausgewählt, was zu UNS passt..." etc. Das ist genau das, was Kinder tun, schon von Anfang an. Denn so gesehen, wie du es versuchst zu erklären, ist dann "Erziehung" im Sinne von Lenken, beeinflussen - überall und für immer im ganzen Leben, nicht nur in der Kindheit "Erziehung" findet dann ein ganzes Leben lang statt, das ist es aber einfach nicht. Der Unterschied ist, dass irgendwann, wenn wir erwachsen sind, wir keine Menschen mehr haben, die ein besonderes Anliegen haben, uns in eine ganz *bestimmte Richtung*) zu "lenken" und zu beeinflussen (das ist es nämlich, was mich an deinen Ausführungen stört, ich habe das Gefühl, Erzieher "light" wollen sich das Recht behalten, recht massiv in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken, anstatt nur Voraussetzungen zu schaffen (also einfach ganz normal nach den eigenen Prinzipien und Idealen zu leben) – letzteres ist nämlich Erziehung, und kein Erwachsener will erzogen werden. Jeder, Kinder und Erwachsene, wollen aber ein reiches Umfeld (wir bereichern das natürliche Umfeld, wenn wir ein Kind kriegen, weil wir mehr bieten wollen, mehr Möglichkeiten und vor allem, weil wir da erwachsene Umfeld etwas kindgerechter gestalten wollen) von dem sie wählen können und ein Art Führung, besser, Orientierung. Das ist es, was Eltern leisten können und sollen, und das ganz ohne Absicht, außer, liebevoll für die Kinder da zu sein.

Das braucht man doch nicht Erziehung zu nennen.

***Ein Kind kann also nur Geist und Charakter ausbilden (also Mensch werden), wenn es in einer Umgebung mit Menschen aufwächst. Ich kann mich als Mensch nicht weglassen. Und weil ich mich nicht weglassen kann, wirke ich weiter auf den Geist und den Charakter meines Kindes, nämlich mit dem was tue und denke. [...]

Schon allein bei der Gestaltung des Kinderzimmers, bei der Auswahl des Spielzeuges, bei den Materialien, die es zur Verfügung hat, selbst bei dem, was ich meinem Kind zu essen gebe - ich präge mein Kind, und damit auch seinen Geist und seinen Charakter [...]

Und die Sinneseindrücke auf das Kind beginnen bereits im Mutterleib. [...].

Von daher ist es falsch, wenn du behauptest, ein Kind bilde seinen Charakter und seinen Geist ALLEINE.***

Ich weiß jetzt nicht mehr, ob ich "alleine" gesagt habe, aber gemeint habe ich auf jeden Fall "selbst" ;-) Wie auch immer, ich gebe dir Recht, dass wir Einfluss haben, und ich gebe dir Recht, dass wir da viel kaputt machen können, wenn wir "falschen Einfluss" nehmen (z.B. mit Erziehung ;-) ).

Es ist aber doch einfach völlig klar, dass man den Einfluss, den du beschreibst, den liebenvollen Umgang usw, dieses Umfeld bereiten, nicht weglassen KANN! wie soll das gehen? Selbst wenn du das Kind total vernachlässigst, ist das auch "Einfluss".

Die Frage ist einfach, wie reagierst du, wenn das Kind sich nicht so verhält, wie du es dir wünschst, dir vorgestellt hast, oder wie es der "Einfluss" irgendwie hätte "hervorbringen sollen". Was passiert, wenn das Kind einfach eine andere Richtung einschlägt, als du hingelenkt hast?

Ich will hier Willibald Papesch zitieren (er erklärt so toll :-) www.papesch.de). Ich habe auch auf unerzogen.de schon gepostet, aber wenn ihr schon hier seid...:

(was ich besonders wichtig für diese Diskussion finde, markiere ich mit **...**)

/Zitat/

SELBSTREGULIERUNG

Der technische Ausdruck aus der antiautoritären Erziehung (Neill) dafür lautet "Selbstregulierung". Die Gehirn- und vor allem die Säuglingsforschung
hat die Richtigkeit dieser Methode inzwischen empirisch belegt:

"Kinder werden nichts von dem registrieren, was man ihnen sagt, solange es für sie keinen Sinn ergibt. Andere Menschen prägen nicht einfach die Handlungen der Kinder, **die Eltern sind nicht die Programmierer**. Sie scheinen vielmehr so angelegt zu sein, dass sie genau zur richtigen Zeit die nötigen Informationen **liefern**, damit die Kinder sich **selbst** programmieren können."

Gropnik, Kuhl, Meltzoff: Forschergeist in Windeln. Serie Piper 3538/2003/S. 201

Die Information enthält drei wesentliche Aussagen:

1. Kinder programmieren sich selbst (d.h. sie *lernen*)
2. Eltern schaffen die dafür die (Lern-)Umgebung ("liefern zur richtigen Zeit
die nötigen Informationen")
3. Kinder lernen nur (und verinnerlichen), was für sie einen Sinn ergibt.


ELTERLICHE ERWARTUNGEN UND AUFGABEN

Auch bei einem Zusammenleben der nach den Grundsätzen der Nicht-Erziehung fällt Eltern eine Führungsaufgabe zu: Sie leben vor, was das Kind lernen
**kann**; sie schaffen die dazu unerlässliche Umgebung; sie haben bestimmte Vorstellungen und Erwartungen, durch die sie selbstverständlich auf das Kind einwirken; sie haben (berechtigte) Interessen, die sie dem Kind gegenüber vorbringen, vertreten, mit ihm abstimmen .... usw.

[mehrere Beispiele, was Willibald und seine Frau von ihren Kindern "erwartet" haben, könnt ihr bei Interesse auf meiner Seite nachlesen]

FOLGEBEREITSCHAFT

Der zentrale Denkfahler sowohl bei Erziehung als auch bei Nicht-Erziehung liegt im Begriff "Gehorsam". Die Erziehung erzwingt Gehorsam, weil sie dies für unerlässlich hält; Nicht-Erziehung lehnt - zu Recht - Gehorsamserziehung ab.

Gehorsam aber ist der falsche Begriff, der falsche Denprozesse und Lebenshaltungen auslöst. Der richtige Begriff lautet "folgen": Kinder wollen und müssen - wie jedes Jungtier dem Muttertier - den Eltern folgen im Sinne
von nach-folgen. Sie erwarten deshalb natürlicherweise, dass die Eltern ihnen auf den "richtigen" Wegen vorangehen, also "Führung" übernehmen. Wie anders
sollten sie denn sonst all jene Dinge lernen, die zum Überleben in ihrer jeweiligen Umgebung erforderlich ist: der Eskimo, der Mitteleuropäer, der Tuareg ...?

**Kinder werden mit einer natürlichen Folgebereitschaft (Lernbereitschaft) geboren; die elterliche Bereitschaft zur Führung passt dazu wie der Schlüssel zum Schloss.**

[...]

ELTERLICHE FÜHRUNG

[...] [Wie elterliche Führung aussehen kann (Beispiele), auch auf der Webseite, sonst zitiere ich hier so viel)]

/Zitatende/

***Ich gebe dir völlig Recht, dass Eltern nicht das Recht haben, ein Kind nach Belieben zu formen oder ihm ein Lebensziel vorzuschreiben. Kinder widersetzen sich diesem Anliegen ganz gewaltig: sie trotzen. Diesem Warnsignal können wir vertrauen.
Im Grunde braucht man nur am Kind abzulesen, ob man es richtig macht oder ab man seine Anspruchshaltung besser überdenken sollte.***

Ganz recht :-)

***Heute bringen es die wenigsten Eltern übers Herz, ihre Anspruchshaltung auch wirklich mit Macht durchzudrücken.**

Na ja, na ja... das ist aber sehr idealistisch. die WENIGSTEN??? Ich bitte dich!

***Zumindest suchen sie VORHER händeringend nach einem Ausweg aus diesem Dilemma.***

Ja. Ihr Stressgefühl, wenn sie falsch (=erzieherisch, meistens) handeln lässt sie eigentlich wünschen, einen anderen Ausweg zu finden. Die meisten sind aber so von Erziehung überzeugt, und dass es halt "sein muss", und es ist so normal geworden, dass Kinder eben schreien, trotzen, dass sie es nicht mehr als Warnsignal sehen. Sie denken, da müssen sie beide durch, sie, und das Kind. Und daher suchen sie nicht lange, und viele glauben erst gar nicht, dass es anders irgendwie gehen könnte. Und je mehr sie erziehen, desto schwieriger wird es, weil Erziehung immer mehr Erziehung verlangt, und so fühlen sich Eltern immer mehr bestätigt im Glauben, Erziehung sei notwendig.

***Da aber die wenigsten Braunmühl gelesen haben, wird es immer skeptische Blicke geben, wenn jemand sagt: „Schaff doch einfach Erziehung ab, dann klappt das schon.“
Du gibst schon allein dem WORT „Erziehung“ einen negativen Beigeschmack, weil du nur das Menschenverachtende mit Erziehung verbindest. Vina ist da noch mehr auf das Negative fixiert, sie schmeißt gleich mit „Faschismus am Kind“ rum, was sicher auch nur ein „Experte“ losgelassen hat.***

Ich gebe dir Recht, und ich habe da auch schon lange darüber nachgedacht. Aber Mal ehrlich, es gibt kaum gute ander Wörter, die Erziehung laut Braunmühl und Erziehung laut Duden *ausschließen*. Auch "Begleitung" kann solche Erziehung einschließen, und da ist es logischer, zu sehen, dass man logischerweise den Einfluss EH nicht sein lassen kann, und dass daher DAS mit "Weglassen" nicht gemeint sein KANN. (Ich gebe zu, man muss sich dann schon ein bisschen damit befasst haben, um dahinter zu kommen.)

Der Name ist im Grunde egal, solange wir uns einig sind :-) Ich hatte aber bei dir oft das Gefühl, dass du ein mini-bisschen eben doch erziehst, und zwar nicht nur, was den von dir beschriebenen "Einfluss" betrifft, das würde ich gar nicht als Erziehung bezeichnen, auch wenn das vielel Eltern in diesen Begriff mit hineinnehmen, denn ein Umfeld schafft man sowieso, Liebe kann man ebenso kaum weglassen... Aber du sagtest ein Mal (und meine Kritik dazu blieb stets unbeantwortet), es ginge darum, das "nichtwollen" des Kindes in ein "wollen" "umzuwandeln", und das fällt schon ein eine andere Kategorie als "Umfeld schaffen" rein.

Nichterziehung ist so oder so, mit oder ohne solchem Namen, schwer in einem Posting zu erklären, und sehr viele Eltern glauben trotzdem ganz fest an den Sinn von erzieherischem Training oder irgendwelchen Erziehungstechniken und -methoden. Der Name Nichterziehung hat vor ein paar Wochen für große Aufregung gesorgt, ein guter Aufhänger also, der die Leute zumindest nicht davon abhält, sich mit dem Thema auseinander zu setzen, vielleich gerade, weil er so "provokativ" ist.

Du wirst wahrscheinlich nicht auf das Wort "Erziehung" verzichten – genausowenig kann ICH ihn verwenden! So wie du Erziehung beschreibst, klar, stecken positive Eigenschaften drin, aber im Grunde geht es schon darum, andere Menschen zu formen und massiv in eine Richtung zu lenken, sonst.... "x". Ich kann solange "Erziehung" als Wort nicht verwenden, solange das Wort auch was Negatives hat, und das hat es laut Duden, laut Menschenverstand und für mich auch als ehemalige Linguistin: das Wort selbst hört sich schon irgendwie... "nicht richtig" an.

Gruß
Johanna

 
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