Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Feelix am 28.04.2008, 15:15 Uhr

Weil wir's kürzlich davon hatten ...

… und weil’s mir – bekennender Fan von humoristischen Lockerungsübungen bei (noch effektiver: während ;-) Erziehungsanstrengungen aller Art - vor ein paar Tagen kurz vorm Abendessen (:-) so nett über’n Weg lief:



Am gedeckten Tisch. Von Tillmann Prüfer


„Einer der vertrauten Anblicke meiner Kindheit ist das Gesicht von Friedrich Grosholz. Leider sind wir einander nie begegnet, was auch daran liegt, dass Friedrich Grosholz schon 86 Jahr lang tot war, als ich geboren wurde. Dennoch erblickte ich ihn jeden Abend. Friedrich Grosholz ist einer der Gründer der Mineralbrunnen-Industrie im Ort Bad Vilbel am Fuße des Vogelberges. Dafür ist man ihm in Bad Vilbel so dankbar, dass man sein Porträt noch heute auf das Etikett jeder Mineralwasserflasche Bad Vilbeler Urquelle druckt. Und weil das Bad Vilbeler Urquelle wirklich ein feines Wasser ist, stand es bei uns jeden Abend auf dem Esstisch. Viele Abende starrte ich ausgiebig auf Herrn Grosholzens Stirnglatze, weil es angenehmer war, dorthin zu starren, als auf die zürnenden Augen meines Vaters. Der Abendbrottisch war in unserer Familie der Ort, an dem man von den Erlebnissen des Tages erzählte – und Manöverkritik von den Eltern einholte. Zu meinen Manövern gab es mitunter recht viele Anmerkungen. Und da ich als Kind einigermaßen beratungsresistent war, habe ich in meinem Leben wahrscheinlich mehr Zeit damit verbracht, Mineralwasser anzugucken, als es zu trinken.

Damals hätte ich einiges darum gegeben, hätte die Familie einfach ihre Butterbrote auf dem Sofa im Anblick der ‚Tagesschau’ gekaut und hätte ich mich mehr mit Karl-Heinz-Köpke beschäftigen können und mit den Nachrichten, die er verlas, als mit Friedrich Grosholz, hinter dem bloß ein paar Luftblasen aufstiegen. Eigentlich hätte ich mich zu einem überzeugten Sofaesser entwickelt müssen. Stattdessen bin ich Tischdecker geworden. Egal ob es Lachs oder Leberwurst gibt, ich rufe alle zu Tisch. Der Esstisch ist die Feuerstelle der modernen Familie. Der Ort, an dem alle wenigstens einmal am Tag zusammenkommen. Wenn beide Eltern berufstätig sind, die Kinder bis nachmittags in der Kita oder der Schule – wann sonst kann sich eine Familie als Familie fühlen?

Am gedeckten Tisch kommt man zusammen und setzt sich auseinander. Menschen können sich nicht lange gegenübersitzen, ohne über die Themen zu sprechen, die wichtig sind. Egal ob ein Witz oder ein Streit in der Luft liegt. Gemeinsam auf einen Fernseher zu starren, geht dagegen immer. Der Autor Douglas Adams hat einmal gesagt, das Tolle am Fernseher sei, dass ich mehrere Menschen in einem Raum aufhalten können, ohne einander umzubringen. Das stimmt wohl. Aber mir ist es zu riskant, das Zusammenleben vom Funktionieren eines Fernsehers abhängig zu machen. Was, wenn der Fernseher kaputtgeht?

Bin ich jetzt ein Neuer Konservativer? Ich fürchte: ja. Am Tisch sollen meine Kinder Manieren lernen. Wer soll ihnen das später noch beibringen? Wer würde so einen undankbaren, unerfreulichen Job übernehmen? Mehrmals die Woche muss ich meine zweijährige Tochter ermahnen: ‚Auf den Tisch gehört der Kuchen, da hat der Popo nichts zu suchen!’ Sollte meine Tochter einmal einen wichtigen Job nicht bekommen, weil sie beim entscheidenden Lunch mit ihrem künftigen Chef ihren Hintern auf die Tischplatte wuchtet, will ich wenigstens sagen können, ich hätte alles getan, um das zu verhindern.

Notfalls stelle ich eine Flasche Bad Vilbeler Urquelle auf den Tisch. Friedrich Grosholz guckt strenger, als ich es je könnte.“


(Aus: Zeit-Magazin „Leben“, Nr. 18, 24.04.2008. S. 31)


Liebe Grüße, Feelix

 
3 Antworten:

Re: Ist das schön geschrieben!

Antwort von Pampersmami am 28.04.2008, 19:59 Uhr

Danny ,die die Abendessen als Kind gehasst hat(Weil meine Eltern dachten zusammensein=meckern), und sich jetzt anhören muß: Stimmts Mama im Kindi muß man still sein beim Essen aber zu Hause ist das anders!
Nu Nu Kindchen erzähl nur, aber bitte versuch "nebenbei" noch etwas zu essen! Das ist "Beisammensein" Ich liebe das!;-)

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Herrlich!

Antwort von Karina71 am 28.04.2008, 21:29 Uhr

...dazu faellt mir grad nur ein, dass ich meine Regel "was auf dem Tisch ist, wird gegessen" genannt habe...
Und darf daher an den jeweiligen Koerperteilen knabber, wenn sie auf dem Tisch landen ;)
Gestern waren das die Fuesse meines SOhnes (die grosse Zehe musste dran glauben ;) ) und der Popo meiner Kleinen (Schinken-knabbern)

Lieben GRuss, Karina

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Re: Weil wir's kürzlich davon hatten ...

Antwort von Sommerkind08 am 29.04.2008, 9:09 Uhr

Hihi, mein Sohnemann ermahnt uns auch immer, dass "jetzt gegessen wird und wir alle den Mund halten müssen!" Wird bei der Tamu so gehalten und wir müssen ihn dann immer ausbremsen, da bei uns am Tisch gesprochen werden darf.

Ich hatte als Kind auch nicht die besten Erinnerungen an das Essen im Familienkreis, alles war sehr streng, man durfte nicht kleckern und reden als Kind schon gar nicht. Das waren für mich regelrechte Zwangslagen, zu mal ich ein sehr schlechter Esser war - oder wurde ich ein schlechter Esser, weil es so streng zuging?

Naja, bei uns gehts da jetzt geselliger zu und ich habe den Eindruck so mit der Zeit, findet mein Sohn die gemeinsamen Mahlzeiten auch immer wichtiger. Früher ist er immer weggerannt, jetzt bleibt er schon mal sitzen und quasselt mit.

Achja, aber sein Lieblingsessen ist eigentlich wenn wir mal am Wochenende Pizza und Oliven (ganz wichtig ;) ) auf dem Sofa essen und dabei die Abenteuer vom Puuh Bär schauen. :D

LG

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