Rund um die Erziehung

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Geschrieben von solelo am 10.01.2007, 1:01 Uhr

Interview mit einer Nichterzogenen

Hallo ihr,

wie manche wissen, meine Tochter (7 Jahre) weiß offiziell, dass ich sie nichterziehe, wir reden öfter darüber. Sie weiß, dass ich eine Internetseite zu diesem Thema pflege, wurde gefragt, ob es ihr recht ist, anonym unsere Erfahrungen schriftlich online zu veröffentlichen (und war einverstanden) und sie bekommt oft mit, wie ich mich nicht nur virtuell sondern auch persönlich über dieses Thema unterhalte. Sie hört dann gespannt zu und gibt ihren Senf.

Meine Tochter ist so begeistert von Nichterziehung, dass sie das aller Welt verkünden will. Sie meinte ja Mal, zu Weihnachten sollen wir ALLEN, die wir kennen, "Zeit für Kinder" von Ekkehard von Braunmühl schenken :-D Und der Regierung sollten wir auch eine Kopie schicken ;-) (sie hatte mich Mal Auszüge vorlesen lassen, als ich darin las)

Wie auch immer, aus unseren Gesprächen hat sich letztendlich ergeben, dass sie gerne eine Art Interview geben würde. Man solle ihr Fragen stellen und sie antwortet. Es geht hauptsächlich um Fragen, deren
Antworten Erzieher dazu bewegen könnten, ihre Erziehung zu überdenken und vielleicht Nichterziehung zu erwägen. Oder um Fragen, die an Nichterziehung interessierte Erzieher direkt an nichterzogene Kinder haben. Ich bin natürlich begeistert von ihrem Missionier-Drang :-D Und will das unterstützen.

Solche Gespräche und Ideen ergeben sich aus ihren Fragen, warum denn nicht alle so sind wie wir, warum sich nicht alle für Kinder einsetzen, was wir da machen könnten... Ich erkläre immer, dass andere Leute halt anders denken und andere Vorstellungen haben und
vor allem Angst, dass sie ihren Kindern schaden könnten etc. Sie will das irgendwie aufklären. Die Idee mit dem Interview war meine, sie war total begeistert und hält das für "eine gute Idee, Mama".

Hat jemand irgendwelche Fragen? Ich würde unser Gespräch aufnehmen und entweder abtippen oder aufgenommen online stellen. Wäre toll, wenn sich ganz viele Fragen ergeben – sie kann ja selber entscheiden
welche sie beantwortet, ne ;-)

Diese Fragen wurde schon in der unerzogen-Mailingliste gefragt:

NL1: Können Sie sagen, was jetzt anders ist als früher, bevor sich Ihre Mutter so verändert hat?

NL2: Gibt es etwas, was Sie aus der Zeit vermissen, bevor Ihre Mutter sich so verändert hat?

NL3: Was machen Sie am liebsten?

NL4: Können Sie sich vorstellen, warum Erwachsene oft denken, sie wüssten alles besser?

NL5: Was passiert, wenn Sie mal überhaupt nicht mit Mutter und Vater einverstanden sind?

NL6: Was raten Sie Eltern von Kindern?

NL7: Was raten Sie Kindern?


....
Wollt ihr noch was wissen? Ich dachte, euch fällt vielleicht noch was ein. Vielleicht praktische Dinge? Was tun wenn...?-Fragen?

Ich kann nicht garantieren, dass das Interview stattfinden wird. Wenn sie nicht mehr will – dann halt nicht. Aber ich denke schon, dass es irgendwann klappt. Wenn es fertig ist, werde ich es euch wissen lassen und einen Link hier veröffentlichen.

Gruß
Johanna
www.unerzogen.de

 
3 Antworten:

Ein Tipp

Antwort von margret am 10.01.2007, 9:55 Uhr

Hallo Johanna,

mit dem Einrichten einer Internetpräsenz und vor allem der eigenen Domain, seid Ihr nicht mehr anonym! Jeder kann bei Denic die privaten Kontaktdaten im Internet mit zwei Klicks einsehen. Weiß das Deine Tochter?

Das ist so ein Beispiel. Deine Tochter sagt, sie ist einverstanden it der anonymen Veröffentlichung. Sie kann gar nicht wissen, dass das nicht anonym ist, denn Du weißt es gar nicht. Und ich bezweifle, dass ihr bewusst ist, wer alles Zugriff darauf hat.

Übrigens habe ich Deine Geschichte über die Fliege im Ohr gelesen und kann gut nachfühlen, wie Du Dich gefühlt haben musst, als Du nicht ernst genommen wurdest. Deine Seiten sind witzig und interessant, aber sie sind mir viel zu schwarz-weiß. Es gibt nur Nicht-Erzieher oder Erzieher, erstere machen alles richtig, letztere alles falsch und letztere "demütigen" ihre Kinder. Strafen sind Demütigungen, ja - aber kein zwingendes Mittel in der Erziehung! bisher sind wir ohne gut gefahren und ganz sicher gehöre ich nicht zu den Nicht-Erziehern.

Ich war schon so oft in der KLinik mit den Kindern und bei Ärzten und ich lasse es nie zu, dass jemand sagt "stell Dich nicht so an" oder dergleichen. Das ist mir doch Instinkt, dass ich zum einen meinem Kind zeige "ich weiß, dass Du dich nicht anstellst, ich kann mich gut erinnern, wie ich mich gefühlt habe" und zum anderen meinem Kind zeige "man darf sich wehren, man kann Respekt einfordern und muss deswegen auch nicth pampig sein". Übrigens wirkt nichts so sehr bei den Kindern, wenn ich ihnen aus meiner Kindheit erzähle. Wie ich mich gefühlt habe, weil ich Wut hatte, wie ich Angst hatte vor Spritzen usw.

Manchmal haben wir Erfolg - so sind wir schon immer beim gleichen Kinderarzt, obwohl wir nicht mit allem einverstanden sind, aber weil er respektiert, dass wir es nicht sind und auch weiß, wie wir "ticken". Würde aber zu bestimmten Ärzten/Abteilungen in der Klinik nicht mehr gehen, weil Kinder wie ein Stück Holz mit einem Maserungsfehler behandelt werden. Und ich lasse mich schon lange nicht mehr unmündig behandeln.

Kurzum: Wenn Du der HNO-Ärztin und ihrer Helferin nicht die Chance gibst, Ihre Handlung mit Deiner Erfahrung zu reflektieren, dann kannst Du keine Besserung erwarten. Dass das in der konkreten Situation schwierig ist, ist klar, aber man kann auch noch eine Woche später ein Briefchen schreiben oder noch besser anrufen, sich bedanken, dass man gleich einen Termin bekommen hat und dann auch ruhig sagen, dass man sich nicht gleich ernst genommen fühlte und woran man es fest macht.

Euch alles Gute
Gruß Margret

PS: Passt jetzt nicht so zur Interviewfrage, aber ich wollte Dir die Rückmeldung noch geben.

Was mich tatsächlich interessieren würde ist, wie sich der Umgang Deiner Tochter mit Gleichaltrigen verändert. Aber nicht jetzt nach sechseinhalb Jahren Erziehung und einem halben Jahr "Nichterziehung" (habe ich das richtig im Kopf?), sondern in drei bis 4 Jahren und vielleicht mit 16-17, wenn die Ablösung von den Eltern vollzogen ist.

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Wann hast Du mit der "Nichterziehung" angefangen?

Antwort von Bine75 am 10.01.2007, 10:35 Uhr

o.t.

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Re: Ein Tipp

Antwort von solelo am 10.01.2007, 14:26 Uhr

Doch, sie weiß, dass man das wenn man recherchiert, man doch nicht so ganz anonym ist. Natürlich habe ich ihr auch das erklärt. Ich schreibe immer sooo lang, da war ich froh, dass ich Mal was kürzen kann ;-)

Wegen dem Arzt – ich wollte schon was schreiben, aber hab's dann immer vergessen und verschoben, hatte zu viel zu tun und dann ja, ist es einfach untergegangen, irgendwann einfach zu spät.

Eigentlich hat sie es selbst eingesehen, dass sie mich nicht ernst genommen hat, das sagt mir ihr letzter Satz.

Das Schwarz-Weiß-denken – ja... das ist so eine Sache. NATÜRLICH finde ich es besser, wenn man weniger erzieht. Die allermeisten hier sind für "sanfte Erziehung" und viele bestrafen nicht und so weiter. Es ist sicher gut für die Kinder, viel besser als harte Erziehung. Für mich ist "ein bisschen" Erziehung trotzdem noch so schlecht, dass ich mich für Nichterziehung entschieden habe – offensichtlich, denn sonst würde ich mich ja nicht umentscheiden.

Ich bin eindeutig auch gegen "ein bisschen" Erziehung. Ist dann nicht sooooo schlimm natürlich, aber ich finde es trotzdem freiheitseinschränkend, respektlos und vor allem total unnötig. Wenn jemand ein andere Person täglich schlägt mit einem Holzhammer, ist das furchtbar. Wenn jemand einen anderen nur wöchentlich ein mal 1 Sekunde lang mit einer Stecknadel piekst, ist das natürlich viel viel weniger Schlimm – trotzdem völlig unnötig und gemein.

Hier wird immer von "die Mitte" finden gesprochen. Ich kann das Argument durchaus nachvollziehen – und für mich auch anwenden, denn ich finde, ich habe bereits die "mitte" gefunden, nämlich die zwischen Erziehung und Vernachlässigung :-)

Für mich ist Erziehung vergleichbar mit Rauchen. Rauchen ist total unnötig und schädlig. Es ist sehr sehr schädlich und hat furchtbare Langzeit und manchmal auch Kurzeitfolgen, wenn extrem betrieben. Weniger ist "besser", aber immer noch nicht "gut" und noch weniger ist immer besser. Nur noch ein Zug am Tag ist noch besser, aber wenn man es wirklich ganz lässt ist es wirklich am allerbesten.

Ich finde es also durchaus toll, wenn ich Antworten bekomme mit "Beweisen", dass ihr es doch total sanft und so weiter macht. Ich freue mich wirklich für die Kinder und auch für euch. In den Medien geht der Trend teilweise in eine schlimmere Richtung. Das finde ich traurig.

Ich finde einfach wirklich, dass Erziehung, egal wie wenig; sich höher stellen als das Kind, egal weshalb; total unnötig und je nach Ausmaß auch mehr oder weniger schädlich. Unnötig, weil man 1. auch mit Erziehung NIE garantieren kann, dass das Kind glücklich ist und 2. weil das erwünschte "Ziel" auch anders erreichbar ist. Gemein weil 3. das Ziel vom Kind selbst gewählt werden sollte und Nichterziehung ist besser weil 4. EINES auf jeden Fall garantiert werden kann: Glück JETZT – die beste Voraussetzung für Glück SPÄTER.

Guckt man sich die Lebensläufe von erwachsenen (dauerhaft) unglücklichen Menschen an wird man zu 100% auf eine unglückliche ("schwere") Kindheit stoßen. Auf keinem wird man finden "Ich hatte die beste Kindheit meines Lebens, meine Eltern haben mich in allem Unterstützt und mich so akzeptiert, wie ich bin. Sie haben mir meine Freiheit erhalten und mir Orientierung gegeben, sie haben mich gleichberechtigt behandelt und mir alle Rechte eines Erwachsenen in einer Familie eingeräumt. Sie haben mich immer Ernst genommen und mich mitbestimmen lassen. Sie haben mich mit meinen Sorgen nie allein gelassen, sie haben mich nie angelogen, sie haben mich nie manipuliert. Wir waren Freunde, die bei üblicherweise unvermeidlichen Konflikten gemeinsam eine Lösung erarbeitet haben. Nicht nur Freunde, sie waren auch Eltern, auf die ich mich verlassen konnte und die mir weder in de Rücken gefallen sind, noch mich im Stich gelassen haben, wenn ich es doch Mal verbockt habe."

Gruß
Johanna

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