Grundschule

Grundschule

Fotogalerie

Redaktion

 

Geschrieben von Tachpost am 11.11.2009, 11:31 Uhr

@makira

extra für Dich.

Sehr lang,aber lesenswert !!!! Denn der Bericht des Sterns ist eine Frechheit !!!


Zwar lang, aber gut:
von Tokol eV mit Unterzeichnung anderer
Vereine:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Gemeinsame Stellungnahme zur Titelstory des
„STERN“ vom 29.10.2009 zum Thema:

„Ritalin statt Zuwendung.“

Sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst möchten wir uns kurz vorstellen. Wir
sind ein bundesweiter, gemeinnütziger Verein
mit dem Namen TOKOL e.V.. Die Abkürzung TOKOL
steht für "The Other Kind Of Life",
was übersetzt „Die andere Art des Lebens”
bedeutet. Zweck des Vereins ist die Förderung
von Wissenschaft und Forschung, Bildung und
Erziehung und der Jugendhilfe, im Themenkreis
des AD(H)S-Spektrums, Asperger-Autismus und
Hochbegabung. Die Mitglieder unseres Vereins
sind direkt oder indirekt betroffene Menschen
und anerkannte Fachleute.

Der TOKOL e.V. setzt sich für mehr Akzeptanz
und die bessere Integration Betroffener in
unserer Gesellschaft ein. Das wichtigste
Anliegen des Vereins ist die Vernetzung von
Menschen mit ähnlichen Problemen und
Interessen zum Erfahrungsaustausch. Durch
gezielte Informations- und Aufklärungsarbeit
schaffen wir mehr Verständnis für die
Situation und Bedürfnisse der Betroffenen,
sowie Raum für sinnvolle Förderungs- und
Hilfsangebote. Die Projekte des TOKOL e.V.
werden ehrenamtlich von direkt oder indirekt
betroffenen Menschen realisiert.

Wir sind mittlerweile mehr als bestürzt, in
welcher Form die Medienlandschaft in
Deutschland Falschinformationen publiziert
und damit sowohl die breite Öffentlichkeit,
als auch Menschen aus dem AD(H)S-Spektrum
verunsichert. Insbesondere von den
Journalisten eines renommierten Magazins wie
dem STERN, welcher auf Grund der breiten
Leserschaft eine besonders hohe Verantwortung
trägt, erwarten wir eine neutral und objektiv
recherchierte Berichterstattung.

Leider wird Ihr Artikel vom 29.10.2009 über
das Alm-Projekt der Sinn-Stiftung diesem
Anspruch bei weitem nicht gerecht. Deshalb
sehen wir uns in der Pflicht, im Folgenden zu
einigen unhaltbaren Aussagen Stellung zu
nehmen.

Die Titel-Überschrift des STERN vom
29.10.2009:

„Janis ist eines von Hunderttausenden
Kindern, die mit Ritalin ruhiggestellt
werden. Der Stern zeigt: Es geht auch
anders.“

Der Titel des Artikels ist aus unserer Sicht
nicht nur reißerisch, sondern faktisch
falsch. Das Medikament Ritalin, welches
stellvertretend für eine Reihe von Präparaten
mit dem Wirkstoff Methylphenidat steht, ist
kein Beruhigungsmittel. Vielmehr ist es das
genaue Gegenteil. Methylphenidat ist eine
Stimulans (Wachmacher), das bei Menschen mit
AD(H)S, bei richtiger Anwendung, aktivierend
und konzentrationsfördernd wirkt. Außerdem
hilft es, die Reizfilterschwäche so zu
regulieren, dass die Aufnahme von
Informationen, sowie die Kontrolle der
Reaktionen, adäquater möglich werden.

Grundsätzlich sei hier erwähnt, dass eine
Medikation ausschließlich auf Grund einer
fundierten Diagnose eines Spezialisten
verordnet werden darf und in der Regel nicht
als alleinige Hilfestellung angewandt wird.
Vielmehr ist sie ein Baustein im Rahmen einer
„multimodalen Therapie“, welche zum Ziel hat,
Menschen aus dem AD(H)S-Spektrum ein
qualitativ verbessertes und in die
Gesellschaft integriertes Leben zu
ermöglichen.

Wir können nicht nachvollziehen, warum ein
Mensch mit AD(H)S für die Einnahme eines vom
Arzt verschriebenen Medikaments in der
Öffentlichkeit durch fragwürdige und falsche
Berichterstattung stigmatisiert wird.

Uns kommt es mittlerweile wie eine
„Aufforderung zum Unterlassen einer
Hilfeleistung“ vor - und wir stellen uns die
Frage, welche Motivation Sie zu solch einer
Berichterstattung treibt.

Zitat Thomas Osterkorn im Editorial:

„Dürfen zappelige Kinder mit Medikamenten
ruhiggestellt werden, damit sie dem
Unterricht besser folgen können? [...]“

Für uns ist es immer wieder befremdend zu
lesen, dass vor allem von „zappeligen“
Kindern die Rede ist. AD(H)S ist eine
Spektrum-Störung die keinesfalls nur durch
Zappeligkeit auffällt! Vielmehr ist sie
geprägt durch Störungen der Konzentration,
der Daueraufmerksamkeit, der Impulskontrolle
und der emotionalen Regulation. Die Symptome
bestehen seit der Geburt. Sowohl das
Nichterkennen, als auch die Fehlbehandlung
bergen immense Risiken für Unfälle,
Suchterkrankungen und vor allem schulische
und berufliche Fehlentwicklung oder sonstigen
Begleiterkrankungen.

Gerade ADS-Kinder ohne Hyperaktivität
(„Träumerchen“) werden oftmals nicht erkannt.
Dadurch entwickeln sich häufig
Folgestörungen, welche zu merklichen
Beeinträchtigungen der Lebensqualität führen
können.

Zitat Thomas Osterkorn im Editorial:

„[...] Oder sollten wir nicht eher unser
Schulsystem reformieren das jeden sofort
aussortiert, der unter- oder überfordert ist
und deshalb stört?[...]“

Sehr richtig! In Deutschland gilt das aus der
Zeit des 2. Weltkriegs stammende Gesetz, in
dem ausschließlich die „Schulpflicht“
geregelt ist, welche ab und an sogar mit
Polizeigewalt durchgesetzt wird. In fast
allen Ländern dieser Welt gibt es dieses
Gesetz nicht. Dort besteht die
„Bildungspflicht“. Trotz „Schulpflicht“
werden leider, wie wir wissen, immer mehr
(hoch)begabte Kinder mit AD(H)S völlig aus
den Regelschulen und zum Teil sogar aus
Förderschulen und Schulen für Erziehungshilfe
ausgegrenzt.

Die Änderung dieses Gesetzes würde Türen
öffnen für Projekte, von denen keineswegs nur
die Kinder aus dem AD(H)S-Spektrum
profitieren würden. Ein tatsächliches und
rasches Umdenken in der Politik ist dringend
notwendig, um wirklich engagierten Menschen,
Vereinen und Institutionen die Möglichkeit
zur effektiven Hilfe zu bieten.

Deshalb kämpfen auch wir, zusammen mit vielen
anderen, für ein Schulsystem, welches sich an
den entwicklungspsychologischen Bedürfnissen
der Kinder orientiert. Davon profitieren
Kinder mit und ohne Verhaltensauffälligkeiten
und Lernschwächen.

Dazu verweisen wir auf ein Projekt aus dem
Jahr 2006 von Prof. Dr. Matthias Grünke,
welches umfassend und wissenschaftlich
fundiert nachweist, dass die größte
Effektstärke bei Lernfördermethoden vorliegt,
wenn direktiv, lehrpersonbezogen,
kleinschrittig, systematisch, übend und
wiederholend in der Methodik/Dialektik
vorgegangen wird.

Zitat Thomas Osterkorn im Editorial:

„[...] Müssen Eltern gleich zum Arzt rennen,
wenn sich ihr Kind nicht konzentrieren kann?
[...]“

Wahr ist, dass die allerwenigsten Eltern
„gleich zum Arzt rennen“, wenn sich ihr Kind
nicht konzentrieren kann. Eine seriöse
Umfrage der DAK zusammen mit der Zeitschrift
„Eltern“ ergab vor kurzem, dass die größte
Angst von Eltern darin besteht, dass ihr Kind
ADHS haben könnte. Aus den Erfahrungen in der
Selbsthilfe wissen wir, dass lieber erst
abgewartet wird, in der Hoffnung, die
Probleme würden von selbst wieder
verschwinden.

Warum hat AD(H)S ein solches Schreckensimage?
Bereits der Name
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Syndr
om führt häufig zum falschen Schluss, dass
das Verhalten der Kinder auf ein Defizit an
elterlicher Aufmerksamkeit zurückzuführen sei
(„Rabeneltern“). Vermeintlich bestätigt wird
diese falsche Annahme dadurch, dass die nach
außen hin sichtbaren Symptome eines Kindes
mit AD(H)S kaum von dem Verhalten eines
„schlecht erzogenen“ Kindes zu unterscheiden
sind.

Leider müssen wir immer wieder erleben, dass
in den Medien in unverantwortlicher und
rücksichtsloser Weise, diese haltlosen
Sichtweisen auf reißerische Art verbreitet
werden. Entsprechend muss man vermuten, dass
an dieser Stelle die Gewinnmaximierung
wichtiger ist, als ein seriöser Journalismus
und die Würde und das Wohl der betroffenen
Menschen.

Zitat Thomas Osterkorn im Editorial:

„[...] Oder sollten sie sich nicht vorher
fragen, warum es sich nicht mehr austoben
kann und stattdessen seine Zeit am Bildschirm
totschlägt?“

Die allgemeine Ansicht, man könne die zum
Teil vorhandene motorische Unruhe bei Kindern
mit AD(H)S durch „Austoben“ regulieren, ist
falsch. Sportliche Betätigung in gelenkter
Form ist nur ein Baustein der multimodalen
Therapie, welche vorwiegend Psychoedukation,
Vereinbarung klarer Regeln und Strukturen,
sowie gezielte Lern- und Erziehungshilfen
beinhaltet.

Zitat: Adrian, Seite 60 im STERN:

„Die Pille macht, dass ich traurig bin“ sagt
Adrian. Sie macht auch, dass ich keinen
Hunger habe“.

Es ist unumstritten, dass Medikamente mit dem
Wirkstoff Methylphenidat, wie zum Beispiel
Ritalin, tatsächlich Nebenwirkungen haben
können, wie beispielsweise leichte
Appetitminderung und leichter Kopfschmerz.
Darin unterscheidet sich Ritalin keineswegs
von anderen Medikamenten. Wie bei vielen
anderen Krankheits- und Störungsbildern muss
auch bei AD(H)S das passende Medikament
gefunden und der Patient entsprechend darauf
eingestellt werden. Anschließend müssen
regelmäßig Kontrolluntersuchungen
durchgeführt und gegebenenfalls die
Medikation angepasst werden. Ein seriöser
Arzt muss sich dementsprechend ausreichend
informieren und laufend fortbilden.

Depressive Zustände, die angeblich durch die
Einnahme des Medikaments hervorgerufen
werden, können vorwiegend zu Beginn der
Medikation entstehen, da der Patient durch
das Medikament sein Umfeld plötzlich
erheblich klarer wahrnimmt und ihm sein
„Anderssein“, sowie seine eigenen
Misserfolge, erst richtig bewusst werden.
Eine anhaltende Depression kann zum Beispiel
an einer Unverträglichkeit eines Trägerstoffs
oder einer Fehldiagnose liegen. Auch das ist
kein für AD(H)S-Medikamente spezifisches
Problem.

Langjährige Erfahrungen aus der Selbsthilfe
zeigen, dass der Wechsel des Präparats oft
Abhilfe schaffen kann. Wir erwarten als
Betroffene, dass gerade solche Umstände von
den Medien seriöser recherchiert und
berichtet werden, damit nicht noch mehr
Unsicherheit und Halbwissen verbreitet wird.
Betroffene leiden bedauerlicherweise seit
Jahren unter den unzähligen Vorurteilen und
falschen „Meinungen“ über AD(H)S und die
Behandlungs-Möglichkeiten.

Auch die Behauptung, dass Medikamente mit dem
Wirkstoff Methylphenidat abhängig machen, ist
falsch. Dies zeigt sich allein schon dadurch,
dass Betroffene oft genug vergessen, das
Medikament einzunehmen, woraufhin keinerlei
Entzugserscheinungen auftreten. Lediglich der
bewusste Missbrauch des Medikaments kann zur
Sucht führen, dies gilt jedoch für alle
Medikamente.

Aussagen wie zum Beispiel:

Zitat Adrian, Seite 60 im STERN

„Adrian will endlich wegkommen von dieser
verdammten Pille. Deshalb ist er hier.“

unterstützen diese Vorurteile und führen
natürlich auch zu einer Verunsicherung von
Betroffenen. Wahr ist, dass Betroffene durch
den Wirkstoff Methylphenidat überhaupt erst
in die Lage versetzt werden, eine angemessene
Aufnahmefähigkeit zu erlangen. Dadurch wird
eine erfolgreiche Therapie zur Verbesserung
der Symptomatik und der typischen Lern- und
Verhaltensauffälligkeiten überhaupt erst
möglich. Eine Zielsetzung kann sein, später
auf den Wirkstoff Methylphenidat ganz zu
verzichten. Dies ist allerdings abhängig von
dem Schweregrad der AD(H)S und der
Begleiterkrankungen.

Ein weiterer Punkt, der bei uns Betroffenen
immer wieder zum Verdruss führt, ist das
negieren von AD(H)S im Erwachsenenalter. In
Ihrem Bericht wird ausschließlich von Kindern
gesprochen. Seit Anfang der 90er Jahre ist
das Störungsbild bei Erwachsenen durch
internationale Mediziner und Wissenschaftler
anerkannt. 2007 in Würzburg und 2009 in Wien
wurde auf mehrtägigen, internationalen
Kongressen ausschließlich darüber berichtet.
Kennt man die „andere“ Netzwerknutzung des
Gehirns bei AD(H)S, ist es logisch, dass sich
AD(H)S nicht auswächst und mit dem 18.
Lebensjahr in Luft auflöst.

Es ist der unermüdlichen Aufklärungsarbeit
vieler gemeinnütziger Organisationen,
Therapeuten, Ärzte und Wissenschaftler zu
verdanken, dass mittlerweile so viel Wissen
über AD(H)S zur Verfügung steht. Gerade
erwachsene Betroffene können dadurch endlich
Hilfe erfahren, so dass die Odysseen durch
falsche Diagnosen und ineffektive, häufig
sogar verschlechternde Behandlungen, ein Ende
finden.

Aufgrund der guten und fundierten
Aufklärungsarbeit während der letzten Jahre,
ist die Bereitschaft, Methylphenidat als Teil
einer Therapie einzusetzen, gestiegen. Unter
anderem liegt hierin eine Erklärung für den
150-fachen Anstieg des Tagesverbrauchs in
Deutschland. In der STERN Berichterstattung
wird irreführenderweise nur pauschal über
einen 150-fachen Anstieg berichtet, aber
weder was konkret angestiegen ist, noch
warum. In dieser Statistik sind allerdings
nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene
vermerkt.

Der Bericht im STERN gibt ausschließlich
denjenigen Gruppierungen einen großen Raum,
die allgemein als „AD(H)S-Kritiker“ und
„Ritalin-Gegner“ bekannt sind. Es ist
unumstritten, dass im Bereich AD(H)S
Fehldiagnosen und falsche Behandlungen
vorkommen. Es ist uns aber völlig unklar,
wieso ein anerkanntes Störungsbild negiert
und ein Medikament verteufelt wird, welches
nachweislich hunderttausenden betroffenen
Menschen hilft. Wir erwarten von einer
seriösen Presse eine objektive
Berichterstattung, die dem
„Schwarz-Weiß-Denken“ Paroli bietet.

Wir wundern uns darüber, dass eine bisher
einmalige Freizeit mit elf Kindern so viel
Raum im STERN erhält und wir fragen uns, wie
es sein kann, dass diese stellvertretend für
sämtliche Erfahrungswerte im AD(H)S-Bereich
stehen soll. Wir können uns beim besten
Willen nicht vorstellen, dass diese bisher
einmalige Freizeit für eine Evaluierung des
angemessenen Umgangs mit AD(H)S ausreichend
sein soll. Dies ist schlicht unmöglich, und
widerspricht jedem allgemein gültigen und
ethischen Grundsatz der Forschung.

In Deutschland gibt es mindestens zwei
weitere Anbieter für Kinder- und
Jugendfreizeiten, die sich das Thema AD(H)S
zum Mittelpunkt gemacht haben. Wir sind davon
überzeugt, dass beide Anbieter garantiert
über mehr Erfahrungswerte verfügen, da deren
Freizeiten mittlerweile über mehrere Jahre
hinweg durchgeführt werden. Dadurch haben
sie, sowohl aus der Praxis, als auch in
Zusammenarbeit mit Fachleuten, fundiertes
Wissen und einen großen Erfahrungsschatz
erlangt, welchen sie Betroffenen, Fachleuten
und selbstverständlich auch Journalisten
gerne zur Verfügung stellen.

Es wundert uns keineswegs, dass elf Kinder
auf einer Alm ohne Dusche, ohne TV, ohne
Mobbing, ohne schulischen Leistungsdruck,
ohne Lehrer, die mit AD(H)S gar nicht umgehen
können, ohne störende Umwelteinflüsse und
ohne soziale Schwierigkeiten, sicher kein
großes Problem haben werden, diese Zeit zu
überstehen. Insbesondere dann, wenn die
Motivation eines Jungen einfach nur
„durchhalten“ ist, weil er das seinem Vater
versprochen hat. Auch können wir uns sehr
wohl vorstellen, dass die teilnehmenden
Kinder aus dieser Freizeit einen Nutzen
ziehen konnten, und wenn es nur der Aufbau
des Selbstwertgefühls ist.

Wir fragen uns dennoch, welchen Gesamtnutzen
dieses Projekt hat. Die beiden bereits
erwähnten Anbieter von Freizeiten für Kinder
und Jugendliche aus dem AD(H)S-Spektrum
verfolgen das Ziel, die Kinder für den Alltag
zu stärken. Sie werden insbesondere beim
Austragen von Konflikten unterstützt, so dass
sie aus diesen Situationen gestärkt
hervorgehen. Dies alles steigert erheblich
ihr Selbstwertgefühl und hilft ihnen dann im
normalen Alltag, welcher in der Regel nicht
auf einer Alm stattfindet, besser zu
bestehen, um letztlich weniger opponieren und
vor Problemen weglaufen zu müssen.

Dazu stellt sich für uns die Frage, wie es
den elf Kindern denn jetzt geht. Wie erfolgte
ihre Integration in die Schule, in die
Familie, in das soziale Umfeld? Schaffen sie
es, in unserer schnelllebigen,
leistungsorientierten Zeit tatsächlich ohne
Medikamente? Entsprechen ihre Leistungen
ihrem tatsächlichen Potential? Wer mit
seinem AD(H)S Kind einmal Urlaub in den
Bergen auf einer Hütte gemacht hat, wird
vermutlich Ähnliches erlebt haben. Da läuft
vieles besser, aber wie bereits
"gefragt", was passiert, wenn es
wieder nach Hause in die alten, zum Teil
massiv negativ belasteten Umfelder geht?

Eine Isolation von Kindern mit AD(H)S wirkt
in jeder Form kontraproduktiv, da das
„isoliert sein“ das Grundgefühl eines
Menschen mit AD(H)S ist. Seine Wahrnehmung
ist es, nie dazu zu gehören, für seine
Verhaltensweisen ausgegrenzt zu werden und
als Außenseiter immer das Gefühl zu haben,
nicht richtig zu funktionieren.

AD(H)S ist eine Anpassungsstörung, die zur
Anpassungsbehinderung werden kann, im
schlimmsten Fall sogar zum
Anpassungsversagen. Gezielte Hilfestellung
muss deshalb unter Normalbedingungen
erfolgen, wenn man zielführend helfen will.

Als einer der Hauptgründe für das Leid dieser
Kinder wird im Bericht die fehlende
Aufmerksamkeit der Eltern für ihre Kinder
genannt, was wir als eine Unterstellung und
unhaltbare Verallgemeinerung sehen. Auch die
Aussage, dass Kinder mit AD(H)S in der Regel
aus Trennungsfamilien stammen, ist weder
statistisch belegt, noch spiegelt es unsere
Erfahrung wieder. Richtig ist vielmehr, dass
AD(H)S „KEIN“ Gesellschaftsschichtproblem
ist, sondern seine Ursache in einer
genetischen Disposition hat, welche im
schlimmsten Fall zu weiteren psychischen
Beeinträchtigungen mit Krankheitswert führen
kann.

Sicher kann man sagen, dass AD(H)S zu einem
Erziehungsproblem führen kann, jedoch nur,
wenn die Eltern nicht ausreichend informiert
und angeleitet sind, wie sie richtig mit
ihren betroffenen Kindern umgehen müssen. Für
diese Eltern ist es sehr wichtig, Angebote
wie Informationsveranstaltungen,
Elterntrainings und spezielle
Freizeitangebote wahrnehmen zu können. Wir
kennen unzählige Eltern, welche ihren
AD(H)S-Kindern mit extrem viel Energie, bis
hin zum totalen Zusammenbruch, alle
erdenkliche Unterstützung geben. Andererseits
werden wohl tatsächlich „schlecht erzogene“
Kinder von unerfahrenen Ärzten mit
Medikamenten behandelt, obwohl gar kein
AD(H)S vorliegt. Eine solche Behandlung
erfolgt jedoch meist nur über einen ganz
kurzen Zeitraum, da sie nicht die gewünschte
oder gar konträre Wirkung erzielt.

Was bleibt, sind AD(H)S-Kinder und deren
Eltern, die sich sehr bemühen und trotzdem
vorverurteilt werden, sowie „schlecht
erzogene“ Kinder, die ab und an
fälschlicherweise mit Medikamenten behandelt
werden. Weder den Einen noch den Anderen ist
am Ende geholfen. Berichte wie dieser tragen
in keiner Weise dazu bei, eine seriöse und
Hilfe bringende Aufklärung über das Thema
AD(H)S zu erreichen. Im Gegenteil! Es sind
gravierende Falschaussagen und fragwürdige
Empfehlungen, die Sie Ihren Lesern
präsentieren.

Menschen mit AD(H)S haben eine tief sitzende
Unsicherheit, welche diese Disposition mit
sich bringt. Auch die Eltern von
AD(H)S-Kindern und das gesamte Umfeld leiden
in der Regel unter den Auswirkungen dieser
Störung. Es muss also gerade in diesem Fall
die Aufgabe der Presse sein, zur Aufklärung
in der Gesellschaft beizutragen. Stattdessen
werden unhaltbare und zum Teil verleumdende
Thesen zu diesem Thema verbreitet. Diese sind
nicht nur in keiner Weise belegbar, sondern
wissenschaftlich widerlegbar.

Resümee

Von AD(H)S direkt oder indirekt betroffene
Menschen führen in der Regel ein sehr
anstrengendes und oft leidvolles Leben. Dies
ist sicherlich nicht ganz vermeidbar, weil es
die Störung mit sich bringt. Was aber
vermieden werden kann und muss, sind
zusätzliche Lasten, welche, wie bereits
ausführlich erklärt, durch die Verunsicherung
und Vorverurteilung bezüglich des
Medikamentengebrauchs, sowie der
Stigmatisierung der gesamten Familie,
entstehen.

Gerade der STERN, als renommiertes Magazin,
kann und muss durch eine faire, objektive und
präzise Berichterstattung aktiv dazu
beitragen, dass endlich die Wahrheit über
AD(H)S mit all ihren Facetten in die breite
Öffentlichkeit kommt und mit den herrschenden
Vorurteilen und dem gefährlichen Halbwissen
aufgeräumt wird.

Deshalb erwarten wir von Ihnen eine
realistische und objektive Darstellung der
Störung, und der damit verbundenen Probleme,
die sich für Menschen mit AD(H)S und deren
Familien oftmals ergeben. Des Weiteren
erwarten wir eine hinreichende Darstellung
des multimodalen Therapieansatzes, in welchem
der kontrollierte Einsatz von Medikamenten
ein notwendiger und hilfreicher Baustein der
Behandlung sein kann.

Selbstverständlich sind wir gerne dazu bereit
Sie bei einer entsprechenden Recherche zu
unterstützen.

Im Namen der Mitglieder des TOKOL e.V. und
vielen anderen betroffenen Menschen

Jochen Bantz
1. Vorsitzender des TOKOL e.V.


Diese Stellungnahme wird gemeinsam von
folgenden Vereinen, Verbänden und
Institutionen unterzeichnet:

TOKOL e.V.
Neue Strasse 43
21073 Hamburg
www.tokol.de

TOKOLive gUG (Haftungsbeschränkt)
Schilfgrund 21
22848 Hamburg
www.tokolive.de

AdS e.V.
Elterninitiative zur Förderung von Kindern,
Jugendlichen und
Erwachsenen mit
Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom
mit und ohne Hyperaktivität
Postfach 1165
73055 Ebersbach
www.ohotest.de/ads-ev

ADHS-Therapie- und Beratungs-Netzwerk
Nürnberg-Fürth-Erlangen
Dr. Bernhard Heeren, Kinder- und Jugendarzt,
Nürnberger Str. 49,
90579 Langenzenn.
www.adhs-netzwerk-nuernberg-fuerth-erlangen.d
e

Juvemus e.V.
Vereinigung zur Förderung von Kindern und
Erwachsenen mit Teilleistungsschwächen
Obergraben 25
56567 Neuwied
Tel. 02631-54641
02631-54641
www.juvemus.de

BV SeHT. e.V.; SelbständigkeitsHilfe bei
Teilleistungsschwächen
Annette Mund
Zeisigweg 4,
53639 Königswinter
www.seht.de

BVAD e.V. Bundesvereinigung
Aufmerksamkeitsstörung Deutschland
Vorstand: Annette Mund
Zeisigweg 4
53639 Königswinter
www.bv-ad.de

ADS-Hilfe Oldenburg e.V.
Feldstr.17
26127 Oldenburg
www.adhs-oldenburg.de

ADHS-Göttingen – SHG Wellenreiter
Claudia Ebbers-Fiegl
Im Garthof 19
37120 Bovenden
Tel. 05594 / 94 34 59
www.adhs-goettingen.de

EIFER e.V.
Annegret König & Holger Hennings
Email: info @ eifer-ev.de
Tel. 0551 / 42 777
Fax 0551/ 54 14 68

adhs-forum.ch
Christiane Grossmann
Ch. des Frênes 2
CH - 1805 Jongny
www.adhs-forum.ch

ADHS Anderswelt
www.adhs-anderswelt.de

ADS bei Erwachsenen
Katja Mundt
Die Seite für Betroffene und Angehörige
www.ads-bei-erwachsenen.de

ADHS Mittelsachsen e.V.
Parkstraße 1
09669 Frankenberg
Tel.: 037206/881726
037206/881726
www.adhs-mittelsachsen.de

ADS-Portal
Thomas Germscheid und Angelika Ortner
www.ads-portal.de

ADHS-Zentrum
Maximilianstr.10
82140 Olching
www.adhs-zentrum.de

Selbsthilfegruppe Köln linksrheinisch
SHG Sonnenblumen
Birgit und Karl Handy
51429 Bergisch Gladbach


Um eine Weiterreichnung dieser Stellungnahme
wird ausdrücklich gebeten.

Quelle:
www.tokol.de/forum/index.php/topic,16618.msg2
19771.html#msg219771

 
Unten die bisherigen Antworten. Sie befinden sich in dem Beitrag mit dem grünen Pfeil.
Die letzten 10 Beiträge im Forum Grundschule
Mobile Ansicht

Impressum Über uns Neutralitätsversprechen Mediadaten Nutzungsbedingungen Datenschutz Forenarchiv

© Copyright 1998-2024 by USMedia.   Alle Rechte vorbehalten.