Forum und Treffpunkt für Omas

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Geschrieben von Oma am 05.02.2007, 21:00 Uhr

Hallo Kathrin,

ich scheine wirklich ein seltenes Talent zu haben, alles verkehrt rüberzubringen ;0)

Ich bin es, die jetzt das Problem hat, die ST nicht mehr umarmen zu können wie früher. Ich kann einfach nicht heucheln. Sie ist nicht mehr in meinem Herzen. und ich kann nur umarmen, wer dort einen Platz hat. Verstehst du?

Allerdings habe ich mich schon mal gefragt, ob sie nicht eben doch mal einfach so gern von mir geknuddelt worden wäre. Sie hat nämlich mal gesagt, ihre Mama wäre der Meinung, man könne die Schwiegerkinder genauso lieben wie die eigenen Kinder. Ob ich das auch so sehen würde. Ich habe nachgedacht und ehrlich gesagt, dass ich das eigentlich nicht glaube. Weil ich denke, dass die Mutterliebe mit der Verantwortung wächst, die man für das kleine Wesen trägt. Das Wissen: Es stirbt, wenn ich es nicht versorge. Es verkümmert, wenn ich es nicht liebe.
Ich habe dich erst als Erwachsene kennen gelernt, nie an deinem Bett gesessen, wenn du krank warst, dich nicht getröstet, wenn du dir das Knie aufgeschlagen hast, dir nie deine Gutenachtgeschichte vorgelesen.
Ich kann dich liebhaben, aber nicht wie mein eigenes Kind.

Habe ich sie damit vielleicht gekränkt?

Sie sind übrigens schon vor fast einem Jahr ausgezogen! Am 16.2. genau, und vielleicht ist der nahende Jahrestag dieses schlimmsten Tages meines Lebens der Grund, warum ich im Moment wieder so sehr neben mir stehe.

Und meine ST hatte keine schlechte Kindheit, tut mir leid, wenn das so rübergekommen ist. Ihre Eltern haben sie und ihren Bruder mit absoluter Sicherheit geliebt, aber es gab keine Umarmungen, keine körperliche Nähe und auch kein "ich hab dich lieb".

Das kann eben halt nicht jeder. Ich denke auch, das kann man nicht verurteilen. Meine SM (1914-1987) war schon 58, als ich sie - ich war da 15 -kennenlernte. Ich wußte von meinem Mann, dass auch da über Gefühle nicht gesprochen geschweige denn das sie gezeigt wurden. Und ich hatte schreckliche Angst vor ihr, weil sie so streng katholisch war und es ihr so unendlich wichtig war, was die Leute sagten. Von den lieben Mitmenschen war sie schon vorgewarnt worden, dass ihr Sohn ja jetzt mit einem Mädchen aus einer asozialen Alkoholikerfamilie zusammen war. Ich dachte, ich hätte niemals eine Chance.

Und dann war es Liebe auf den ersten Blick *ggg*. Nein, wirklich, sie hat sich zwar nie daran gewöhnen können, dass ich sie einfach geknuddelt habe, aber sie hat es nach einiger Zeit heimlich, still und leise doch genossen. Ich habe das und ihre Liebe für mich in ihren Augen gelesen und war ihr so unendlich dankbar dafür, dass sie für mich nicht nur über ihren Schatten gesprungen ist, nein, sie hat einen regelrechten Salto darüber gemacht und mich mit Zähnen und Klauen gegen die Umwelt verteidigt nach dem Motto: Was kann die Kleine für Ihre Eltern?
Deshalb weiß ich, dass das ganz offensichtliche Knuddeln gar nicht das Wichtigste ist. Das Wesentliche sehe ich in den Augen der Menschen. Wir kennen doch alle den schönen Spruch aus "Der kleine Prinz": Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Hm, meine Hilfe habe ich der ST ganz am Anfang mal generell angeboten. Ich habe panische Angst, jemandem auf die Nerven zu gehen, und das kann man auch, wenn man sich ständig helfend aufdrängt. Das habe ich ihr so erklärt und ihr gesagt: Wann immer du Hilfe brauchst, bin ich gerne für dich da. Ganz egal, um was es dich handelt. Hab keine Scheu, ich werde auch sagen, wenn es nicht geht.

Ich habe dieses Angebot noch einmal wiederholt, als die Kinder im Abstand von nur 14 Monaten geboren wurden. Zu dem Zeitpunkt war ich seit ein paar Monaten arbeitslos und hab ihr gesagt: Ich weiß, was du mit 2 Mäusen jeden Tag leisten mußt. Du weißt, dass ich nur schwer Hilfe anbieten kann. Aber ich könnte doch z.B. deine Wäsche waschen und bügeln, du bräuchtest nur die Wäschekörbe in den Keller stellen und ich stell sie mit der gebügelten Wäsche wieder hin. Ohne das wir nur ein Wort darüber verlieren. Ich hab ja genug Zeit und würde es so gerne etwas leichter für dich machen.

Sie hat sich bedankt, wollte aber lieber alles allein machen. Damit war das Thema erledigt. Sie hat lediglich regelmäßig darum gebeten, dass ich vom Einkaufen mal was mitbringe.

Also war auch das Helfen und Helfenlassen zwischen uns nie ein Streitpunkt. (Aber ich gebe es zu, ich hätte ihr sooo gern etwas Luft verschafft!)
Eben drum hänge ich ja so in der Luft. Es hat zu keinem Zeitpunkt eines der üblichen SM-ST-Probleme gegeben.

Was ihre Therapie angeht: Sie hatte ja damals nur weniger als 10 Einzelstunden, dann eine Stunde mit meinem Sohn zusammen, eine mit mir und am Ende noch mal eine allein.
Danach sagte sie, es hätte ihr geholfen, und wenn sie noch mal Probleme bekommt, würde sie nicht mehr so lange warten, bis sie Hilfe sucht.

Genau das hat sie aber leider nicht getan, als sie ca. 18 Monate später ohne erkennbaren Anlaß wieder psychisch total abbaute.

Als sie auszog, hatte sie sich einen Therapieplatz zum 1.8.06 besorgt. Ich habe nie danach gefragt, aber ich bin absolut sicher, dass sie diesen Termin nie wahrgenommen hat. Und deshalb habe ich auch permanent Angst vor dem nächsten Knall. Was auch immer ihr wirkliches Problem ist, sie wird professionelle Hilfe brauchen, das zu lösen.

Und was das Problem mit zu viel Nähe angeht, was du angesprochen hast: Na ja, wie viel Nähe kommt auf, wenn man sich über die Woche verteilt zusammen genommen 60-90 Min. sieht?

Ich habe bei der Therapeutin zu ihr gesagt: Ich spüre, dass ich keine wirkliche Chance bei dir habe. Es ist völlig gleich, was ich mache, es ist auf jeden Fall das Falsche. Ich gehe dir doch aus dem Weg, wo ich kann, ich schleiche auf Socken durch die Wohnung, damit du bloß nicht an mich erinnert wirst, ich lausche an der Wohnungstür, bevor ich mich in das Treppenhaus traue, damit wir uns nicht unnötig über den Weg laufen. Aber verdammt nochmal, ich wohn doch auch dort, ich kann mich nicht in Luft auflösen!!!

Eben darum hat ja die Therapeutin auch gesagt, ich dürfe mir von ihr nicht alles gefallen lassen. So wie du sagst, ich solle nicht zu nett sein.

Ich habe auch darüber nachgedacht damals. Aber ich kann das einfach nicht. Ich kann nicht streiten, und ich will auch nicht. Ein wenig aus meinem Leben hab ich ja schon preisgegeben. Es kamen noch schwere Krankheiten dazu, bei meinem Sohn und auch bei mir. Ich habe so verdammt harte Zeiten hinter mir. Und jeder, der Schweres ertragen hat, erlebt an sich, dass sich danach die Wertigkeiten verschieben. Wenn du mal Todesangst um dein Kind ausgestanden hast, setzt zu andere Prioritäten. Du kannst dich einfach nicht mehr darüber aufregen, dass dein Nachbar das Treppenhaus nicht geputzt hat oder das Sonderangebot im Supermarkt schon ausverkauft war. Ich denke zumindest, dass es nicht nur mir so geht. Egal, wie sehr mich meine Schwiegertochter auch verletzt hatte, ich hatte vielleicht eine schlaflose Nacht und war sicher auch oft sauer, aber jeden Morgen beginnt ein neuer Tag!

Über einen sehr langen Zeitraum - bis ich erfuhr, dass sie Lügen erzählt - hatte ich sogar noch Mitleid mit ihr, weil sie sich selbst das Leben so furchtbar schwer macht.

Nun hab ich schon wieder einen Roman getippselt - ich hab früher schon meine Lehrer zur Verzweiflung gebracht mit meinen Aufsätzen. Erstaunlicherweise bin ich aber trotzdem ein ruhiger Mensch, der recht wenig redet (ich weiß genau, dass das jetzt kein Mensch glaubt, ist aber so ;0)) Ich schicke meinen Mann allein in den Urlaub und freue mich, wenn ich dann tagelang mit niemandem reden brauch. Ich bin furchtbar gern allein und habe in meiner Wohnung noch nicht einen einzigen Moment der Langeweile erlebt. Das halte ich übrigens für ein großes Geschenk, und ich bin dankbar dafür.

Was ich mit dem ganzen Sermon eigentlich sagen wollte: Danke, dass du dir Gedanken gemacht hast. Zumindest hilft mir das, einen Grund nach dem anderen auszusortieren, der nicht Schuld an unserem Super-Gau war.

Wenn das so weitergeht, hab ich das Forum bald für mich, weil sich keiner mehr traut, mir zu antworten *ggg*
Ich bin Querleser und habe schon mit Omis Romanen keine Probleme gehabt. Na ja, ich toppe sie wohl um Längen.

Alles Liebe auch für dich und deine Familie.
Marion

 
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