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von Leena  am 04.09.2013, 15:48 Uhr

Arzt als Leichenbestatter?

Wenn ich mir das u.g. BAG- Urteil vom 28. 2. 2002 (6 AZR 357/01) anschaue, finde ich die Argumentation der Richter schon nachvollziehbar:

"Die Nebentätigkeit als Leichenbestatter ist mit der vom Kläger arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit als Krankenpfleger nicht vereinbar. Als Krankenpfleger hat der Kläger für die Erhaltung von Leben und Gesundheit der ihm anvertrauten Patienten Sorge zu tragen. Er hat ... alles zu tun, um die Genesung der Patienten zu fördern und alles zu unterlassen, was diesem Ziel abträglich sein könnte. Demgegenüber setzt die Tätigkeit als Leichenbestatter den Tod der Menschen voraus. Deshalb ist der Umstand, von einem Krankenpfleger versorgt zu werden, der sich nebenberuflich als Leichenbestatter betätigt, dazu geeignet, bei Patienten Irritationen hervorzurufen. Diese könnten den Eindruck gewinnen, von einem solchen Krankenpfleger nicht in der gebotenen Weise, das heißt, ohne eindeutige Lösung des durch Haupt- und Nebentätigkeit entstandenen Zielkonflikts im Sinne der Erhaltung von Leben und Gesundheit, behandelt zu werden. Entsprechende Befürchtungen könnten in der Öffentlichkeit entstehen. Daß eine solche Besorgnis im Falle des Klägers nach dem unstreitigen Vortrag beider Parteien tatsächlich nicht begründet ist, spielt dabei keine Rolle. Entscheidend ist allein die mögliche negative Wirkung der Nebentätigkeit des Klägers auf die Patienten und die Öffentlichkeit. Die dadurch eintretende Verunsicherung könnte nicht nur zu Störungen im Genesungsverlauf bei Patienten führen, sondern uU auch dazu, daß diese das Krankenhaus der Beklagten von vornherein meiden und sich anderswo behandeln lassen. Die Beklagte hat daher sowohl in ihrer Verantwortung für die Genesung der Patienten als auch aus wirtschaftlichen Gründen ein erhebliches Interesse daran, daß der Kläger die Nebentätigkeit als Bestatter unterläßt. ... Außerdem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht darauf verwiesen, daß die Beklagte als Trägerin eines Krankenhauses daran interessiert sein muß, jeden Anschein zu vermeiden, Mitarbeiter des Pflegedienstes verschafften sich durch ihre dienstliche Tätigkeit Vorteile gegenüber Mitbewerbern bei ihrer außerdienstlichen Nebentätigkeit...."

Es geht also gar nicht darum, dass es überhaupt möglich wäre, bei Haupt- und Nebenerwerb in einen Interessenskonflikt zu geraten oder den Haupterwerb zur Förderung des Nebenerwerbs zu missbrauchen, sondern es ist entscheidend, dass es eine mögliche negative Wirkung in der Öffentlichkeit haben könnte (!). Und, ganz im Ernst - irgendein altes Mütterchen (oder wer auch immer), das seelisch nicht damit klar kommt, dass ihr Arzt mit denselben Fingern, mit denen er sie jetzt behandelt, am Abend vorher noch einen Toten für eine Bestattung hergerichtet hat, WIRD es immer geben, dazu spuken viel zu krumme Vorstellungen in den Köpfen der Menschen herum.

So gesehen - Entscheidung der Klinik ist für mich nachvollziehbar und verständlich.

 
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