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Geschrieben von like am 04.03.2010, 12:28 Uhr

Hm... was stört mich dran, wenn erwachsene Leute an Osterhase und Nikolaus glauben.....?

Vielleicht, dass die Homöopathie-Firmen ein Heidengeld verdienen mit billigst herzustellenden Placebos? Vielleicht, dass andere, wirkungsvollere Methoden zu kurz kommen (Pflanzenmedizin, mehr persönliche Zuwendung im Arzt-Patientenverhältnis) durch die inflationäre Gabe von Homöopathika, vielleicht, dass ich nicht gern angelogen und betrogen werde? Vielleicht, dass man schwere Krankheiten aus einem Misstrauen gegenüber der wissenschaftlichen Medizin heraus damit behandelt und somit den Tod des Patienten riskiert, der nicht rechtzeitig in die Hände seriöser Mediziner kommt? Vielleicht eben diese - "ich werf was ein, dann geht's mir besser"-Mentalität.....

Ich glaube, am meisten ist es einfach die Unehrlichkeit.

Hier auch nohmal ein Auszug aus http://www.handrick-net.de/homoeopathie/homoeopathie.html


Wer heilt, hat Recht? Der Nocebo-Effekt

Was spricht eigentlich dagegen, medizinische Außenseiterverfahren in der Praxis einzusetzen, solange sich ihr Placebo-Effekt segensreich auswirkt? Wer hier nach dem Motto urteilt "wer heilt, hat recht", der irrt. Denn der Placebo-Effekt der paramedizinischen Behandlung ist untrennbar gekoppelt mit seinem negativen Gegenspieler, dem "Nocebo-Effekt", und der geht zu Lasten der konventionellen Wissenschaftsmedizin! Er bewirkt, daß objektiv anerkannte, bestens erprobte Arzneien weniger gut wirken, wenn der Patient Angst hat vor der "schädlichen Chemie", die darin enthalten sei, oder wenn er dem Arzt, bewußt oder unbewußt, mißtraut.

Der Nocebo-Effekt läßt sich leicht messen. Bei jeder Neuzulassung eines Medikaments müssen ja Placebo-kontrollierte Doppelblind-Test vorgewiesen werden. Natürlich werden dabei alle Patienten über evtl. zu erwartende Nebenwirkungen des echten Medikaments informiert, unabhängig davon, ob sie dieses erhalten oder das Placebo. Ahnen Sie, unter welchen Nebenwirkungen die Placebo-Empfänger litten? In einer Chemotherapie-Studie fielen einigen der Beteiligten, die Placebos erhalten hatten, die Haare aus, weil sie glaubten, daß Chemotherapie immer zu Haarausfall führt.

Der "Nocebo-Effekt" zeigt sich deutlich in einer krankmachenden Angst vor eingebildeten Gefahren. Welches Gefahrenpotential die Angst hat, könnte sich in der Tatsache zeigen, daß die Leukämierate bei Kindern etwas erhöht war, wenn sie in der Nähe von Kernkraftwerken wohnten - auch in der Nähe von Werken, die erst in Planung waren ! Nocebos können also unerwartet stark wirken . Durch sie leiden viele Patienten an rein psychosomatischen Beschwerden wie z.B. Hypoglykämie (niedriger Blutzuckerspiegel), Allergien, Dermatitis, Hefe-Infektionen und Amalgamvergiftung.

Ein anderes Beispiel ist der "Elektrosmog". Daß er die Gesundheit gefährdet, ist unter Fachleuten umstritten. Der ängstliche Laie aber glaubt rasch an Gefahren, hört er doch von Fällen, bei denen chronische Gesundheitsprobleme nach Beseitigung der angeblichen Störquelle verschwanden. Beweise erbringen aber nur echte Doppelblindstudien, bei denen weder die Betroffenen, noch ihre Therapeuten wissen, ob die Geräte, um deren mögliche Schadwirkung es geht, eingeschaltet waren, oder nicht.

Es geht hier nicht darum, mögliche Gefahren, die von Elektrosmog ausgehen könnten, zu verharmlosen. Natürlich kann man die elektromagnetischen Wechselfelder, die durch die Elektrotechnik entstehen, messen - im Gegensatz zu den angeblichen "Erdstrahlen", die Wünschelrutengänger vergeblich nachzuweisen suchten. Und es ist Vorsicht geboten, solange man mögliche Gefahren nicht ausschließen kann. Wir halten es aber für unverantwortlich, Angst zu machen vor etwas, dessen schädliche Wirkung nicht durch sorgfältige Untersuchungen belegt ist, denn das bedeutet eine echte Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung.

Merkmale von Nocebo-Effekten:

sie erscheinen auch in Abwesenheit der chemischen Botschaft
sie sind kaum dosisabhängig • sie sind "ansteckend"
sie sind Zielsymptome der Homöopathika, die bei der "Arzneimittelprüfung an Gesunden" auftreten
sie sprechen auf psychosoziale Maßnahmen (Placebos) an

Kritisches zur Homöopathie

Wie sieht die Erfolgsbilanz der Homöopathie aus, wenn wir den Placebo-Effekt berücksichtigen? Keine signifikant bessere Wirksamkeit im Vergleich mit Placebos beschreiben z.B. Hill & Doyon. Homöopathisch erfahrene Ärzte haben über 100 kontrollierte Studien durchgeführt. Sie hatten z.T. positive, z.T. - meist bei Wiederholung einer positiven Studie! - negative Ergebnisse. Fast alle sind methodisch fehlerhaft. Sie sind in der, allerdings umstrittenen, Arbeit von Kleijnen et al. zusammengefaßt. Brauchbare Doppelblindstudien sind selten:

Statistisch signifikante Ergebnisse von Doppelblindstudien bei homöopathischer Behandlung:

Rheumatoide Arthritis: positives Ergebnis, aber die Untersuchung wurde nicht reproduziert, und die Behandlung erfolgte nicht randomisiert
Migräne (6): positives Ergebnis, aber nicht reproduziert. Wiederholungsversuche schlugen fehl: Bei einer Studie am Charing Cross Hospital/London wirkte das Placebo signifikant besser als das Homöopathikum(!), eine Studie in einer erfahrenen deutschen homöopathischen Fachpraxis ergab keine signifikanten Unterschiede, aber Trends zugunsten des Placebos
Durchfallerkrankungen bei Kindern : positives Ergebnis, bisher nicht reproduziert
Wiederholte Infekte bei Kindern : kein signifikantes Ergebnis
Schwellung und Schmerzen nach Operationen: Kein Unterschied zwischen Placebo und homöopathischer Behandlung
Daß "potenzierte" Arzneimittel im Vergleich zu nur im selben Grad verdünnten Mitteln im Doppelblindversuch besser abschneiden, wurde bisher noch nie glaubhaft bewiesen. 1988 aber schien der Durchbruch gelungen. Jaques Benveniste behauptete in der internationalen Wissenschaftszeitschrift Nature, daß hochpotenzierte (anti-IgE-) Lösungen, die keine Wirkstoffmoleküle mehr enthielten, wirksam waren: der erste Beweis der homöopathischen Theorie! Die Publikation führte aber zu einem Wissenschaftsskandal. Eine neutrale Untersuchungskommission deckte auf, daß die Ergebnisse entgegen den Aussagen von Benveniste nicht doppelblind gewesen waren, und daß man gefälschte, nämlich selektierte Daten verwendet hatte. 1993 wiederholte ein britisches Forscherteam die Versuche, unterstützt von homöopathischen Arzneifirmen und Homöopathie-Forschungseinrichtungen. Ergebnis: negativ.

Woher aber kommt dann der gute Ruf, den die Homöopathie genießt? Viele chronische Krankheiten, beispielsweise Arthritis und multiple Sklerose, haben einen variablen Symptomverlauf. Alternativmedizinische Behandlung sucht man natürlich besonders in schlechten Phasen. Daher sind die Chancen gut, daß man sich in den Tagen danach besser fühlen wird, auch wenn das mit der Behandlung nichts zu tun hat. In solchen Fällen können Paramediziner jeglicher Couleur, aber auch Ärzte, leicht "Erfolge" vorweisen. Zudem können selbst schwere Erkrankungen spontan ausheilen: Es gibt 170 gut dokumentierte Fälle von Spontanheilungen bei Krebs.

Spontane Besserungsraten

bei Rückenschmerzen :
nach 1 Woche bei 48%
nach 1 Monat bei 75-80%
nach 2 Monaten bei 92%
Liest der Patient auf dem Beipackzettel seines Homöopathikums, Nebenwirkungen seien unbekannt, fühlt er sich sicher. Dabei hat meist keiner nach ihnen geforscht! Der Slogan "Heilen ohne Nebenwirkungen", der quasi eine Steigerung des Heilungsanspruchs verspricht, ist falsch. Entgegen der Volksmeinung enthalten Homöopathika nicht selten gefährliche Stoffe wie Arsen, Antimon, Anilin, Blei, Cyanid, Phosphor, Quecksilber, Eiter, Extrakte von Mutterkorn, Osterluzei und Knollenblätterpilzen sowie andere Gifte in pharmakologisch relevanter Menge! Da erscheint es paradox, dem Laien Unbedenklichkeit vorzugaukeln.

Daß diese negative Bilanz anders wird, weil uns ein "Paradigmenwechsel" ins Haus stünde, halten wir für unwahrscheinlich. Dieser Begriff wird hier nur als Worthülse verwendet, weil die Wissenschaftsmediziner wegen fehlender Daten es ablehnen, das zu glauben, was sie nach dem Wunsch der Außenseitermediziner glauben sollen. Begriffe wie "energetische Betrachtungsweise" oder "feinstoffliche Wirkungen" sind leere Worte, solange ihr Inhalt nicht durch experimentelle Daten belegt wird.

"Ich kann mir nicht vorstellen, daß das mächtigste Volk der Erde, dazu noch ein sehr intelligentes, ein Verfahren verwendet, das nur auf Placebo- und Psychowirkung beruhen soll", sagte Thiel von der Volksrepublik China. Aber war es nicht vielmehr so, daß die politische Führung die traditionelle chinesische Medizin nur deswegen favorisierte, weil wissenschaftsmedizinische Versorgung für die Bevölkerung unbezahlbar war, und man stattdessen wenigstens klassische Placebo-Effekte nutzen wollte? Auch das Argument, unkonventionelle Medizin sei kostengünstig, ist zweifelhaft. Eine wissenschaftlich höchst fragwürdige homöopathische Anamnese kann über 400.- Mark kosten. Ein Erprobungsversuch, seit 1994 mit 42 ganzheitlich behandelnden Ärzten im Ruhrgebiet durchgeführt, hat die ambulanten Arztkosten durchschnittlich um mehr als das Zehnfache steigen lassen (Spiegel 21:32, 1997).

Zur Skepsis mahnt nicht zuletzt auch die gleichartige Behandlung unterschiedlichster "Krankheiten". Ischias wird ebenso behandelt wie Eifersucht bei Mädchen: mit Pulsatilla D6. Bei Keuchhusten und Ehesorgen hilft Ambra D3. Brechnuß hilft gegen Verdauungsbeschwerden, Streitsucht, Hämorrhoiden, Kater, Migräne, verklebte Augenlider, Erkältungen, Darmverschluß, Prostatabeschwerden, Nierenkolik, Impotenz, Hexenschuß, Harnträufeln und Akne.

Kritik der Homöopathie:

Die Simile-Regel führt zur Gleichbehandlung unterschiedlicher Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik, und
zur Behandlung von Krankheitssymptomen ohne Ansehen ihrer Ursachen.
Bestehende Krankheitssymptome werden bei Anwendung wenig verdünnter Homöopathika oft verstärkt ("Erstverschlimmerung"), und
gibt es Fehldiagnosen bei Krankheiten, die im Frühstadium symptomfrei sind.
Eine "Bilanz der Mißerfolge" listet Wolter auf. Könnten homöopathische Mittel positive Effekte vorweisen, sie wären längst von der Wissenschaftsmedizin übernommen worden. In ihrer langen Geschichte hat die Homöopathie aber in keinem einzigen Fall durch ihr Verfahren der Arzneimittelprüfung an Gesunden eine Therapie entdeckt, die Eingang in die Wissenschaftsmedizin gefunden hätte.

Auch bei den Versuchen, ihre Theorie rational zu erklären, ist die Homöopathie bisher gescheitert. Ist es nicht merkwürdig, daß andere Verfahren wie Bach-Blüten-Therapie und selbst Geist-Heilung, die auf ganz unterschiedlichen Theorien beruhen, von ähnlichen Erfolgsraten berichten?

Was Homöopathen glauben müssen:

Das Massenwirkungsgesetz gilt in der gesamten Biochemie und Biologie, aber nicht in der Homöopathie
Wässrige Lösungen enthalten äußerst stabile Strukturen, die beim "Potenzie- ren" verstärkt werden oder sich vermehren
Die Loschmidt`sche Zahl ist irrelevant
Homöopathisches Verdünnen potenziert die gewünschten Heilwirkungen, nicht aber die unerwünschten Wirkungen desselben Mittels
Das Potenzieren betrifft nur die Arzneimittel, nicht aber die Begleitstoffe, die Verunreini- gungen des Verdünnungsmittels
"Das Symptom ist die Krankheit" (Hahnemann)
Doppelblindversuche sind kein geeignetes Kriterium für den Wirksamkeitsnachweis
negative Resultate dürfen ignoriert werden, positive nicht
Homöopathie ist aus der Sicht der heutigen Wissenschaft inhärent unplausibel. Ein Haupthindernis ist die Idee des "Potenzierens". Schon die Bezeichnung ist irreführend, denn dieser Prozeß hat weder etwas zu tun mit dem mathematischen Potenzieren, noch mit dem positiv belegten Begriff der sexuellen Potenz. Nicht nachvollziehbar ist vor allem, daß eine Lösung durch Schütteln wirksamer werde, ja daß das Lösungsmittel allein noch wirksam sei, selbst wenn kein einziges Wirkstoffmolekül mehr darin enthalten ist.

Verdünnt man einmolare Lösungen um den Faktor 1:6x10 hoch 22, so ist in einem Kubikzentimeter davon mit einer Wahrscheinlichkeit von 99% kein einziges Molekül des Wirkstoffes mehr enthalten. Homöopathen verwenden Verdünnungen bis zu 1:10 hoch 120, ja 1:10 hoch1500! Das ist daßelbe, wie wenn man ein Reiskorn zermahlt, das Pulver in einem Wasserball von der Größe unseres Sonnensystems gleichmäßig verteilt, einen Tropfen davon nimmt und nochmals in derselben Menge Wasser verdünnt, und daßelbe zwei Milliarden mal!

Die Frage ist: Welche Art von Beweis gilt als ausreichend, Unglaubliches zu glauben? Grundsätzlich ist derjenige beweispflichtig, der etwas behauptet. Und je ungewöhnlicher die Behauptung ist, desto strengere Maßstäbe sind an ihre Begründung anzulegen. Wenn jemand sagt, in seinem Garten stehe eine Ziege, kann man das glauben. Wenn er aber sagt, es sei ein Einhorn, dann könnte selbst ein Foto davon nicht überzeugen. Seine Echtheit muß mit objektiven Methoden geprüft werden, denn man darf selbst den eigenen Augen nicht trauen . Man muß prüfen, ob hier nicht einfach einem Pferd ein Plastikhorn an die Stirn geklebt oder ein echtes Horn transplantiert wurde. Überzeugender wäre es, wenn auch die Nachkommen Einhörner wären. Und selbst dann: Könnte es nicht ein genmanipuliertes Pferd sein, das nichts mit dem sagenumwobenen Einhorn zu tun hat?

Der Gesetzgeber hat Hochpotenzen generell erlaubt, nach dem Motto: "So starke Verdünnungen können nicht schaden". Sie müssen lediglich unter der Rubrik "besondere Therapierichtungen" registriert werden. Als Vorbedingung dafür genügt ein Bericht über "positive ärztlich-therapeutische Erfahrung". Das ist so ähnlich wie wenn es zwei Sorten von TÜVs gäbe: einen für fahrende und einen für nichtfahrende Autos. Der Vorteil der letzteren ist zweifellos, daß es weniger Unfälle gibt. Entsprechend selten kommt es bei der Verschreibung von Hochpotenzen zu negativen Nebenwirkungen. Eine große Gefahr ist aber, daß bei ernsten Erkrankungen die Therapie oft fahrlässig verzögert wird. Immer wieder mußten Patienten sterben, weil sie eine lebensrettende konventionelle Behandlung versäumten .

Hahnemann wußte nichts von der Existenz von Bakterien, Viren, Molekülen, Atomen, nichts von der Loschmidt`schen Zahl und von der Placebo-Forschung, obwohl auch er bewußt mit Placebos arbeitete ("Unarzneiliches" oder Milchzucker; Organon §96 in Hochstetters Ausgabe 6B). Und schon er mußte sich damit auseinandersetzen, daß eine homöopathische Heilung eher die Ausnahme ist als die Regel. Wer das nicht glaubt, weil er immer nur von Heilungen gehört hat, sollte sich klarmachen, daß fast immer nur die Erfolge weitererzählt werden. Tote Patienten reden nicht, und man spricht auch selten von ihnen.

Manchem Außenseitermediziner, der neben kritischem Denken über genügend schauspielerisches Talent verfügt, hat ein einfacher Selbsttest die Augen geöffnet. Egal, ob man als Homöopath "falsche" Potenzen verschreibt, als Irisdiagnostiker bewußt den "Iris-Schlüssel" verfälscht, indem man ihn bei der Analyse z.B. um 90° verdreht, ob man als Astrologe falsche Geburtsdaten verwendet, ob man als Hand- oder Tarotkarten-Leser das Gegenteil von dem sagt, was in den "Lehrbüchern" steht: Die Erfolgsrate bleibt erstaunlicherweise ungefähr gleich.

Der Begriff "psychische Behandlung" spiegelt übrigens eine Ungenauigkeit unserer Alltagssprache wider, die zu Mißverständnissen führt. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, daß ein Mensch psychisch, etwa durch Geisteskräfte, beeinflußt werden kann. Auch der Psychotherapeut kann einen Mensch nicht beeinflussen, ohne ihn dabei zugleich auch physisch zu verändern, sei es durch die Schallwellen seiner Worte oder durch Körpersprache. Die so vermittelte Information löst Veränderungen im Gehirn des Patienten aus, die letztlich zu meßbaren körperlichen Folgeerscheinungen der "psychischen" Beeinflussung führen. Sich dessen bewußt zu sein, trägt dazu bei, die Psychotherapie zu entmystifizieren, eine höchst wirksame Methode, die auch von Außenseitermedizinern erfolgreich genutzt wird: vom "Übertragung von Kraft und Energie" bis zum Auflegen der Hand.

Was haben Kritiker eigentlich gegen eine sanfte Medizin? Nichts! Allerdings sollen Wörter wie "sanft", "ganzheitlich" oder "natürlich" oftmals nur verschleiern, daß Wirkungen der angepriesenen Therapie über den Placebo-Effekt hinaus nicht nachgewiesen sind. Für "sanfte" Medizin reichen "sanfte" Beweise eben nicht aus. Hier gilt es also, genau hinzusehen. Im übrigen hat sich gezeigt, daß einiges, das sich als "sanfte Medizin" ausgibt, in Wirklichkeit aggressiv, ja lebensbedrohend ist.

Die "Theorien" der Parawissenschaften sind äußerst bildhaft und erscheinen deshalb dem Laien so glaubwürdig. Wie eingängig ist doch der Slogan der Außenseitermedizin, daß wir "der ganzheitlichen Natur mehr vertrauen sollten als der bruchstückhaften Wissenschaft"! Aber "Erfahrungsheilkunde" ist kein Merkmal der Außenseitermedizin; auf ihr beruht die gesamte wissenschaftliche Medizin. Und wie steht es mit "Ganzheitlichkeit"? Die wissenschaftliche Medizin ist mit ihrem Bemühen, den ganzen Menschen zu sehen, viel weiter. Wenn bei Ohr-Akupunktur, Akupunktur nach Voll, Handlinien-Lesen, Irisdiagnostik und Fuß-Reflexzonenmassage anhand eng begrenzter Körperteile diagnostiziert und therapiert wird, dann wird die Ganzheit zur leeren Phrase. Denn die Behauptung, man könne damit kranke Organe spezifisch beinflussen, ist wissenschaftlich schwer nachvollziehbar und nicht belegt. Die Vorstellung, durch Drücken eines speziellen Punktes am Fuß Darm oder Magen beeinflussen zu können, zeugt von mechanistischer Schalttafel-Mentalität, was grotesk ist angesichts der Kritik an der angeblich mechanistischen Wissenschaft .

Die Bilanz: Heilen selten, bessern oft, trösten immer

Wie andere alternativmedizinische Heilmethoden ist auch die Homöopathie keine Wissenschaft, sondern Weltanschauung, ja existentielle Glaubenssache: das zeigen die heftigen, oft unsachlichen Auseinandersetzungen darüber. Ihr Ähnlichkeitsprinzip ist dem in Naturvölkern verbreiteten Analogiezauber verwandt, ihre Vertreter sind die Medizinmänner und Schamanen der Jetzt-Zeit. Aber die Behauptung, Homöopathie sei eine wirksame Alternative zur Wissenschaftsmedizin und homöopathische Mittel seien über den Placebo-Effekt hinaus wirksam, läßt sich mit wissenschaftlichen Methoden objektiv überprüfen und widerlegen.

In einer Diskussion über den Placeboffekt sagte ein katholischer Würzburger Theologe: "Den hat doch schon Jesus bei seinen Heilungen eingesetzt. Das sehen Sie, als Skeptiker, doch hoffentlich nicht negativ?" In der Tat: Zu einer Zeit, in der von wissenschaftlicher Medizin noch keine Rede sein konnte, war jegliche Therapie gerechtfertigt, die, ob bewußt oder unbewußt eingesetzt, auf Hilfe durch den Placeboffekt hoffte. Und wenn man der Bibel glauben darf, so wußte Jesus das sehr wohl. Denn er erwiderte den Dank der Geheilten bescheiden mit den Worten: "Nicht ich habe dich geheilt. Dein Glaube hat dir geholfen"! Wir sagen heute: Es ist der Glaube an den Therapeuten, der hilft: der Placebo-Effekt.

Paul Tillich wies auf einen anderen psychosomatischen Aspekt hin: auf die Beziehung zwischen Schuld und Krankheit. Ungelöste Gewissenskonflikte können Menschen in eine Krankheit treiben. Jesus hat wohl auch diesen Zusammenhang gekannt, denn er verkündete dem Gelähmten zuerst Vergebung seiner Sünden, und dann erst die Gesundung. Mit sich selbst und der Welt versöhnt, wird man leichter und schneller gesund.

Kranke homöopathisch zu behandeln, scheint also in jeder Hinsicht der klugen wissenschaftsmedizinischen Strategie zu entsprechen, nichts zu tun, abzuwarten, bis sich der Organismus selbst hilft, und dabei den Placebo-Effekt optimal einzusetzen. "Die Kunst der Medizin besteht darin, den Patienten zu unterhalten, während die Natur seine Krankheit heilt", sagte Voltaire.

Einen richtigen Aspekt der Paramedizin kann man darin sehen, daß diese, wie die Erfolge zeigen, den Placebo-Effekt besser einzusetzen scheinen als der Wissenschaftsmediziner. Dieser Pluspunkt ist natürlich nicht Homöopathie-spezifisch. Hier muß die Wissenschaftsmedizin Konsequenzen ziehen und sich ihren Patienten ähnlich intensiv zuwenden wie das Homöopathen tun.

Es gäbe keine Magie, keinen Aberglauben in der Heilkunde, wenn beim Menschen nicht ein Bedürfnis danach vorhanden wäre. Es gründet in einem tiefen, antiautoritären Mißtrauen gegenüber der Gegenwartsmedizin, gepaart mit transzendentalen Heilserwartungen und der Sehnsucht nach Verinnerlichung auf der Suche nach sich selbst. Und leider treibt die systematische "Entzauberung" der Beziehung zwischen Arzt und Patient diesen in die Hände der Paramediziner wie auch der Scharlatane, der Parasiten unseres Gesundheitswesens.

"Entweder ist alles eitel Schwindel, oder ... das medizinisch-naturwissenschaftliche Weltbild bedarf einer Korrektur" sagte der Homöopathie-Befürworter Reuß . Diese Polarisierung ist falsch. Homöopathen und andere Außenseiter-Mediziner sind in aller Regel keine Scharlatane, auch wenn die Zukunft weiterhin bestätigen sollte, daß ihre Erfolge ausschließlich auf dem Placebo-Effekt beruhen. Denn die meisten von ihnen sind "shut-eyes": Menschen, die von der Wirksamkeit ihrer Behandlungsmethode fest überzeugt sind.

Es geht nicht darum, irgendwelche Phänomene zu ignorieren, die, wären sie real, von der heutigen Wissenschaft nicht erklärt werden könnten. Und auch nicht darum, Kranken, denen die Wissenschaftsmedizin nicht helfen kann, den Placebo-Effekt paramedizinischer Behandlungen vorzuenthalten. Er sollte genutzt werden, aber nicht von Scharlatanen und shut-eyes, sondern von Wissenschaftsmedizinern, die das Vertrauen ihrer Patienten genießen und denen es mit psychosomatischen Methoden gelingt, natürliche Selbstheilungsmechanismen optimal zu aktivieren. Praktiziert ein Wissenschaftsmediziner alternative Medizin, besteht allerdings die Gefahr, daß die Patienten manipuliert werden: Sie verwechseln beides miteinander und halten alles gleichermassen für seriös. Es gibt Ärzte, die, dem Wunsch ihrer Patienten folgend, homöopathische Mittel verschreiben, aber sozusagen zur Sicherheit und ohne Wissen der Patienten zusätzlich noch ein Antibiotikum notieren. Was Wunder, daß die Besserung dann auf Homöopathie zurückgeführt wird!


Glaubenssätze der Homöopathie:

Similia similibus curentur
entscheidend sind die Symptome
das Heilmittel wird durch Verdünnen "potenziert"
Magie: "geistige Kraft" der Arzneimittel, paßt zur
"geistigen Herkunft" der Krankheiten
das Symptom ist identisch mit der Krankheit
Gift gilt als Symbol der Heilkraft. Hinzu kommt das
Zeremoniell der Verschüttelung (Potenzierung).
universeller Anspruch: "hilft immer", "gottgewollt"
Etwas zu glauben, ist Privatsache. Aber die öffentliche Behauptung, parawissenschaftliche Theorien hätten sich als zutreffend erwiesen, ist es nicht. Die Erkenntnisse der Wissenschaft sind ein kostbarer, kollektiver Besitz der Menschheit, der in der Vergangenheit schwer erkauft worden ist. Märtyrertum und Scheiterhaufen stehen unübersehbar am Weg. Für diesen Besitz, dessen Gültigkeit immer wieder vorurteilsfrei überprüft worden ist, tragen wir alle eine große Verantwortung. Wenn es sich um Behauptungen handelt, die man testen kann - und nur solche gelten definitionsgemäß als (natur)wissenschaftlich - dürfen und müssen wir daher die Autorität der wissenschaftlichen Methodik in Anspruch nehmen, um die Richtigkeit der Behauptung zu klären. Ein Rückfall in abergläubisches Denken ist ein Prozeß, dem die Hüter kultureller Werte nicht gleichgültig zusehen sollten. Es liegt an uns, etwas dagegen zu tun, daß unsere Nachfahren das auslaufende Jahrhundert mit einem Rückfall in das Zeitalter magischen Denkens verbinden werden.

Leider tragen wir alle die Anlage dazu in uns. Wir nehmen vor allem das wahr, was wir bewußt oder unbewußt erwarten und was eine Art "Zensur-Prozeß" in unserem Gehirn für realistisch hält. Ganz ähnlich die "Denk-Zensur": Ungeachtet aller Gegenbeweise neigen wir dazu, an einer einmal gefaßten Überzeugung unbeirrbar festzuhalten. Unser Geist liebt fremde Ideen in der Regel ebensowenig wie unser Körper ein fremdes Protein: Beides wird mit großer Energie bekämpft. Diese "Credomanie" (Glaubsüchtigkeit, "true-believer-Syndrom") erweist sich als eine tierische Erblast und ist eine unerschöpfliche Quelle menschlichen Aberglaubens.

Wenn die Europäische Vereinigung der Ärzteverbände der besonderen Therapieeinrichtungen (ECPM) den "Pluralismus in der Medizin" einklagt, so bedeutet das, jegliche Kontrollmöglichkeit abzuschaffen. Damit kann jede Art von therapeutischem Unsinn unterschiedslos angeboten werden. Das ambivalente Argument "wer heilt, hat Recht" verwischt ganz bewußt den Unterschied zwischen geprüften und ungeprüften Methoden. Daß die spezifische Wirksamkeit homöopathischer Mittel mit wissenschaftlicher Logik auch nicht statistisch nachgeprüft werden könne , ist eine willkürliche Schutzbehauptung. Denn positive Ergebnisse der Homöopathie werden mit Emphase zitiert: Keine Rede ist mehr davon, daß die Wirkungen nicht nachprüfbar seien. In diesem inkonsequenten Verhalten offenbart sich eine zutiefst dogmatische Grundeinstellung.

Gute Gründe, sich homöopathisch behandeln zu lassen:

Erfahrungsgemäss können homöopathische Mittel helfen bei chronischen und bei akuten Gesundheitsstörungen, auch bei Kleinkindern und Tieren
Die Homöopathie sucht den ganzen Menschen zu heilen. Sie will nicht die Krankheit unterdrücken, sondern zielt auf Stärkung der Selbstheilungsmechanismen
Therapeuten lassen sich für ihre Patienten viel Zeit, und sie nehmen ihn ganz ernst, sowohl in der Anamnese, als auch während der Behandlung (psychosoziale Botschaft): Der Patient wird psychisch in die Heilung eingebunden
Homöopathische Behandlung dauert meist lang und läßt dem Organismus Zeit, die er zur Selbstheilung nutzen kann
Der Placeboeffekt bedeutet für viele Patienten effektive Hilfe
Homöopathische Medikamente sind kostengünstig
Die Medikamente haben, da oft hochverdünnt ("potenziert") in der Regel keine schädlichen Nebenwirkungen

Gute Gründe, sich NICHT homöopathisch behandeln zu lassen:

Homöopathie geht per definitionem von den Symptomen der Krankheit aus und lehnt kausales Ursachendenken ab
In reinstem Wasser und Alkohol, die man beim "Potenzieren" zum Verdünnen nimmt, kommen in Spuren fast alle wichtigen, natürlichen Elemente vor, die es gibt. Diese Verschmutzungen sind viel höherer konzentriert als der angestrebten Verdünnung entspricht. Woher "weiß" das zu verdünnende Heilmittel, daß allein nur es potenziert werden soll?
Die Theorie, daß Gleiches mit Gleichem kuriert werde und daß beim "Potenzieren" sich "feinstoffliche Information" vom Wesen der Ursubstanz auf den Verdünnungsstoff übertrage, wobei "Stoffliches sich schrittweise in Unstoffliches verwandle", ist wissenschaftlich unbelegt
Unterschiedlichste Homöopathieschulen melden ähnliche Heilerfolge wie andere paramedizinische Methoden, die vermutlich alle auf Placebo-Effekten beruhen
Homöopathie ist eine irrationale, dogmatische, autoritäre, in sich geschlossene Heilslehre, die keinen Widerspruch zuläßt
Wer an die Homöopathie glaubt, ist, bewußt oder unbewußt skeptisch gegenüber der Wissenschaftlichen Medizin: Mit der Angst vor der "schädlichen Chemie" ist ein "Nocebo-Effekt" verbunden, der die Wirkung von gut bewährten konventionellen Verfahren beeinträchtigt
Es entstehen Kosten ohne belegten Nutzen
Bei ernsten Erkrankungen wird die Therapie oft fahrlässig verzögert, was bei vielen Patienten zum Tod geführt hat

Die Schlussfolgerungen

Solange keine wissenschaftlich begründete Therapie bekannt ist, mögen Methoden mit günstigem unspezifischen Effekt bei geringem Risiko, wie etwa die Homöopathie, als Lückenbüsser für mangelndes Wissen akzeptabel sein. Denn Hahnemanns Bestreben, "sanft, schnell, gewiß und dauerhaft zu heilen" (Organon, Einleitung, Ausgabe 6B, 1978), wird jeder Wissenschaftsmediziner zustimmen.Verzichten sollte man auf Methoden, die weder nützlich noch gefährlich, aber finanziell aufwendig sind, und auf Methoden mit ungünstiger Nutzen/Risiko-Relation. Ist der Nutzen unbelegt oder gar widerlegt, sind auch geringe Risiken nicht zu tolerieren.

Die These, Außenseitermedizin sei nichts als Placebo-Therapie, ist eigentlich eher ein Lob als ein Vorwurf. Denn der Mensch heilt sich in einem hohem Maß selber, Hauptsache, er wird auf irgendeine Weise behandelt und glaubt daran . Also: Placebos einsetzen, sofern keine wissenschaftsmedizinisch bewährte Therapie bekannt ist: uneingeschränkt ja. Aber, damit verbunden, pseudowissenschaftlichen Unsinn verbreiten: nein. Was die Wissenschaftsmedizin den Außenseitermedizinern vorwirft, sind nicht die Placebos, die sie verordnen, sondern das missionarische Besserwissen und das gläubige Festhalten an wissenschaftlich unhaltbaren Vorstellungen. Nur deshalb sollte es Außenseitermedizinern verwehrt werden, an den Universitäten zu lehren. Natürlich macht die Wissenschaftsmedizin auch Fehler, aber sie hat einen unschätzbaren Vorteil: einen Fehlerbeseitigungsalgorithmus, der falsche Theorien im Lauf der Jahre ausmerzt.

Es ist zu fürchten, daß die Zahl an Wissenschafts-Analphabeten erschreckend zugenommen hat. Die mangelnde Bildung betrifft weniger das Tatsachenwissen, sondern etwas ganz Fundamentales: nämlich die Art und Weise, wie wissenschaftliche Erkenntnis zustandekommt. Ein verbreitetes Vorurteil lautet: "Ein Wissenschaftler glaubt dies, der andere jenes. Verschiedene Theorien, die einander widersprechen, stehen also gleichwertig nebeneinander, die Wahrheit ist relativ!" Nein, man kann zwar prinzipiell nicht beweisen, daß eine Theorie wahr ist, aber man kann falsche Theorien objektiv als falsch erkennen und ausmerzen. Wenn eine Heilmethode im Doppelblindexperiment keine signifikant besseren Resultate hervorbringt als eine adäquate Placebo-Behandlung, dann ist die Wirksamkeit dieser Methode damit objektiv widerlegt. Außerhalb dieser Logik gibt es keinen anderen Weg zu objektiver Erkenntnis. Antirationales Denken hat noch nie in der Geschichte der Menschheit bleibende Fortschritte gebracht.

Daß sich die oft verfemte Homöopathie überhaupt halten konnte, verdankt sie dem Multiplikationsfaktor Patient, der es honorierte, daß hier der Mensch, und nicht die Krankheit behandelt wird. Schließen wir mit einem Wort von Elliot Emanuel : "Hoffnung ist ein wesentliches Grundelement der Medizin. Sie hilft über alle möglichen therapeutischen Irrtümer hinweg, und vertreten wird sie am besten durch einen optimistischen Arzt. Hoffnung ist der Zauberstab des Scharlatans, aber auch zugleich unser eigener". Seien wir froh, daß es ihn gibt: den Placebo-Effekt.

 
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